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Nathanael

Titel: Nathanael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Landers
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so dumm vor, weil ich die ganze Zeit über nicht gemerkt habe, dass mir alle etwas vorgemacht haben. Und ich fühle mich mitschuldig an Hazels Tod und auch an denen der anderen.»
    Sie stöhnte auf und verbarg ihr Gesicht an seiner Schulter. Für einen Augenblick schien es, als wäre alle Kraft aus ihr gewichen. Für wen bräche nicht eine Welt zusammen, wenn alles, woran er bislang geglaubt hatte, sich als Lüge entpuppte? Doch Gewissheit zu haben war besser, als ein Leben lang mit einer Lüge zu leben. Auch wenn die Wahrheit schmerzte.
    Nach einer Weile merkte er, wie sich ihr Körper anspannte. Sie richtete sich auf.
    Als sie ihn ansah, erkannte er die Entschlossenheit in ihrem Blick.
    «Lass uns die Sache beenden. Alle Schuldigen sollen für ihre Taten büßen.»
    Sie sprang vom Stuhl auf. «Niemand soll mehr zu Tode kommen. Und wenn ich alle Welt warnen müsste. Doch zuerst werde ich mit Ernest reden. Ich will aus seinem Mund hören, weshalb er das alles getan hat. Am besten ist es, wenn wir sofort aufbrechen.»
    Sie lief zur Tür, an der ihre Jacke hing.
    Nathanael setzte ihr nach und hielt sie am Arm zurück. «Tessa, halt! Jetzt nur nichts überstürzen. Du kannst auf gar keinen Fall das Ghetto verlassen. Luzifer wird nach dem Misslingen im U-Bahn-Tunnel alles daran setzen, dich zu töten.»
    «Verstehst du denn nicht, dass ich mit Ernest reden muss? Ich kann doch nicht einfach hier rumsitzen und abwarten. Nein, mein Bruder muss mir Rede und Antwort stehen.»
    Sie kniff die Lippen zusammen und blinzelte gegen die aufsteigenden Tränen an.
    «Nimm mein Handy und ruf ihn an», schlug er vor.
    «Nein, ich will ihm ins Gesicht sehen, wenn er mir seine Taten gesteht.»
    «Tessa, ich kann nicht zulassen, dass du das Ghetto verlässt. Es ist zu gefährlich.» Er stützte sich mit der Hand gegen die Tür.
    «Du willst mich daran hindern? Das kannst du nicht. Nathanael, geh bitte von der Tür weg und lass mich raus.»
    Als er sich nicht bewegte, versuchte sie energisch seinen Arm fortzuschieben. Aber sie hatte keine Chance gegen seine Stärke.
    Sie würde es in ihrer Wut und Enttäuschung mit jedem aufnehmen wollen und dadurch ihr Leben verlieren. Er würde sich nie verzeihen, wenn er nachgab. So wie er es auch damals hätte verhindern müssen, dass Gina das Ghetto verließ. Tessa, so aufgebracht, wie sie war, wäre leicht von Luzifers Schergen aufzuspüren. Sie strahlte die Emotionen wie Schallwellen aus, die jeden Dämon, den der Höllenfürst schickte, kilometerweit anlocken würden.
    «Nein», sagte er entschieden.
    Sie trat einen Schritt zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn zornig an.
    «Ach, ja? Willst du mich vielleicht hier einsperren?» Sie reckte das Kinn in die Höhe.
    «Wenn es sein muss … Aber noch hoffe ich, dass du wieder zu Verstand kommst und dich nicht nur von deinem Zorn und Schmerz leiten lässt.»
    «Das würdest du nicht wirklich tun, oder?», fragte sie.
    «Ich werde an deiner Stelle zu deinem Bruder gehen.»
    Tessa lief vor Wut rot an. «Das könnte dir so passen. Niemals! Du kannst mich gern begleiten, aber ich werde mit Ernest reden.»
    Sie war fest entschlossen und Nathanael spürte, dass sie nichts davon abbringen könnte. Er seufzte innerlich auf. Er bediente sich seiner Engelsgaben nur ungern und wenn, dann nur in einem Notfall. Und bei Tessa verspürte er ein schlechtes Gewissen, aber in diesem Fall musste er sie einsetzen, zu ihrem eigenen Wohl. Sie würde versuchen, ihm zu folgen und dabei in Lebensgefahr geraten. Das könnte er sich nie verzeihen. Luzifers Gefolge wartete nur auf eine solche Gelegenheit. Das konnte er nicht riskieren.
    «Tessa, bitte», sagte er und verlieh seiner Stimme ein Timbre, das auf Menschen einschläfernd wirkte. Und er fühlte sich schlecht dabei. Sie war dieser Gabe hilflos ausgeliefert.
    «Ja?», sagte sie leise und sah zu ihm auf.
    «Du bist erschöpft, Tessa. Es ist besser, wenn du dich ein wenig ausruhst.» Seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Sie rollte mit den Augen und blinzelte schläfrig.
    Er konnte ihr ansehen, wie schwer es ihr fiel, die Lider zu heben.
    «Ich muss … zu … Ernest», stammelte sie. «Ich … muss die ganze … Wahrheit … erfahren.»
    «Morgen ist auch noch ein Tag, Liebes.» Er legte den Arm um sie, als er spürte, wie ihre Muskeln erschlafften.
    «Morgen … ist zu … spät», murmelte sie und sank an seine Brust. Nathanael hob sie auf die Arme. Er trug sie zum Bett hinüber und beugte sich

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