Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
etwas tust, dass …« Ich verstummte. Dass dich in eins dieser Wesen verwandelt. Die Bilder der gefallenen Engel, die aus den Körpern meiner Angreifer hingen, blitzten in meinem Kopf auf.
Nathaniel starrte mich an. Die Flammen auf seinem Körper wurden schwächer. Wortlos zog er mich in seine Arme und drückte mich an sich. Ich fühlte, wie sein goldenes Feuer kühl auf meiner Haut prickelte.
»Du wolltest mich beschützen?«, flüsterte er ungläubig. Seine Lippen berührten meine Stirn, während er sprach. »Dabei bin ich es, der dich beschützen sollte.«
»Nicht, wenn der Preis so hoch ist«, flüsterte ich zurück.
»Ich werde nicht danebenstehen und zusehen, wie du angegriffen wirst«, knurrte Nathaniel.
»Verstehst du nicht, dass es genau das ist, was Lazarus bezweckt?«, flüsterte ich. »Wir dürfen uns nicht auf sein Spiel einlassen. Ich kann mich selbst verteidigen.«
»Ich werde dich nicht wehrlos seinen Dämonen überlassen!«
»Und ich werde nicht zulassen, dass du meinetwegen fällst!«
Er schlang seine Finger in mein Haar und drückte meinen Kopf sanft an seine Brust.
»Das werde ich nicht. Ich verspreche es«, flüsterte er und ich spürte wieder seine Lippen an meiner Stirn.
Ich schmiegte mich an ihn und fragte mich unwillkürlich, ob er das Salz auf meiner Haut schmecken konnte.
Im nächsten Augenblick bereute ich diesen Gedanken. Nathaniels Hand verkrampfte sich in meinem Nacken und im Bruchteil einer Sekunde riss er sich von mir los und stand mit dem Rücken zur Wand auf der anderen Seite des Wagons. Statt seiner Nähe spürte ich jetzt nur noch seinen gequälten Blick. Es war, als hätte man mir die Luft zum Atmen geraubt.
Tut mir leid , stammelte ich in Gedanken und starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
Und während Nathaniel und ich uns ansahen, wusste ich, dass uns beiden gerade dasselbe klarwurde.
Wir beide begannen, Lazarus' gerissene Taktik zu begreifen.
DER UNVERZEIHLICHE AUSFLUG
»Das wird furchtbar«, brummte ich schlecht gelaunt, während ich am nächsten Morgen eine Regenjacke in meinen Rucksack stopfte. Ich saß in meinem Zimmer auf dem Fußboden und vor mir ausgebreitet lag meine bescheidene Wanderausrüstung.
Nathaniel hatte die Nacht wieder in meinem alten Sessel verbracht. Er saß noch immer dort, hatte seine Arme verschränkt und betrachtete mich mit einem Schmunzeln. »Schon mal was von einer selbsterfüllenden Prophezeiung gehört?«
Ich wollte ihn ärgerlich anstarren, doch er sah so atemberaubend aus, dass mein Ärger dahinschmolz. Obwohl er meinen Gedanken gehört haben musste, ließ er sich nichts anmerken.
»Du wirst einen tollen Tag haben«, sagte er und sein ironischer Tonfall war verschwunden.
Ich stopfte lustlos das restliche Zeug in meinen Rucksack und stand auf.
»Das Letzte, was ich jetzt brauche, ist ein Wanderausflug.«
»Vielleicht ist es genau das , was du jetzt brauchst.« Nathaniel schlenderte zu mir. »Ich möchte, dass du einen ganz normalen Tag mit deinen Freunden verbringst und Spaß hast.«
Ich verzog zweifelnd das Gesicht.
»Ich hatte gehofft, dass Seraphelas Anker stärker wirken würde«, seufzte Nathaniel.
»Ich bin nicht unausgeglichen«, maulte ich und griff nach meinem Rucksack. »Ich mache mir Sorgen wegen Lazarus.«
»Was soll er schon tun, zwischen all deinen Mitschülern?« Nathaniels Stimme klang ein wenig zu unbeschwert. Ich wusste, dass er ebenso wie ich ständig befürchtete, dass Lazarus jederzeit zuschlagen könnte.
»Außerdem werde ich immer in deiner Nähe sein«, fügte er leise hinzu. »Immer.«
Ich schenkte ihm ein schwaches Lächeln.
»Also, würdest du bitte einen unbeschwerten Tag mit deinen Freunden genießen?«, fragte er. »Für mich?«
Als ob ich ihm jemals widerstehen könnte. Ich gab mich geschlagen. Er fühlte es und grinste.
»Ich traue dieser angeblichen Schutzengelbindung an meine Wünsche nicht«, murmelte ich, während ich ins Vorzimmer stapfte. »Wie es aussieht, bin nämlich ich diejenige, die deine Wünsche nicht ausschlagen kann.«
Wir fuhren in die Berge und es war kalt. Anne, die von ihrer Großmutter sehr oft zum Wandern mitgenommen wurde, marschierte fröhlich plaudernd voraus, während ich mein Bestes tat, nicht über Wurzeln zu stolpern oder auf glatten Felsen auszurutschen. Nathaniel bewahrte mich mehrmals davor, unelegant auf meinem Hosenboden zu landen.
Danke , murmelte ich in Gedanken, als er mich wieder einmal im letzten Moment auf den Beinen gehalten hatte.
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