Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
bin ich schuldig.«
»Nein!« Ich richtete mich auf. »Es ist alles nur Lazarus' Schuld! Wir werden es ihnen erklären, wir werden …«
Er unterbrach mich mit ruhiger Stimme. »Es gibt nichts mehr zu erklären. Ich bin zu weit gegangen. Ich habe unsere Gesetze gebrochen, indem ich dein Leben gerettet habe. Als du in die Schlucht gestürzt bist, habe ich alles getan, um dich zu retten, viel mehr, als mir erlaubt war. Doch du bist trotzdem gestorben. Ich habe dich geküsst und dich dem Tod wieder entrissen.«
Er schüttelte den Kopf. »Es ist uns verboten, den Tod zu betrügen, Victoria. Dieses Gesetz ist unumstößlich.«
Meine Augen füllten sich mit Tränen.
»Und das ist nicht alles.« Seine Stimme wurde plötzlich sanfter. Er führte meine Hand an seine Lippen. Mir stockte der Atem, als er einen Kuss auf meine Fingerspitzen hauchte.
»Meine Gefühle für dich brechen all unsere Regeln«, sagte er mit rauer Stimme. »Die Erzengel werden mir vorwerfen, dich aus Liebe gerettet zu haben.« Er lächelte. »Und damit hätten sie vollkommen Recht.«
Seine Worte schnürten mir die Kehle zu. Ich konnte kaum noch atmen. Tränen liefen über meine Wangen.
»Nicht, Victoria«, flüsterte er und strich mir die Tränen vom Gesicht. »Ich bereue nichts. Und ich möchte jeden Augenblick, der mir noch bleibt, mit dir verbringen.«
Ich war unfähig, zu sprechen.
»Ich hatte gehofft, dass uns noch etwas mehr Zeit bleibt«, sagte Nathaniel leise. »Doch die Erzengel beraten sich bereits.«
Ich stürzte immer weiter ins Bodenlose. Ich fiel und fiel, und die ganze Welt brach über mir zusammen und begrub mich unter sich.
»Wie lange?«, brachte ich mühsam hervor und konnte ihn dabei nicht einmal ansehen.
»Ein paar Minuten … höchstens«, antwortete Ramiel leise.
»Das kann doch alles nicht wahr sein«, flüsterte ich verzweifelt. »Bitte sag, dass es nicht wahr ist! Dass es nur ein schrecklicher Traum ist!«
Nathaniel drückte zärtlich meine Hand.
»Wir müssen doch irgendetwas tun!« Meine Stimme zitterte. »Wir müssen mit ihnen sprechen, sie überzeugen …«
Nathaniel schüttelte langsam den Kopf. Ich konnte nicht fassen, wie ruhig er war.
»Warum versuchst du nicht …«, stotterte ich verzweifelt. »Wie kannst du nur so … ich verstehe dich nicht, wir müssen versuchen …«
»Du bist wunderschön«, sagte er plötzlich leise.
Völlig fassungslos starrte ich ihn an. War er denn verrückt geworden?
»Wir können das Urteil der Erzengel nicht mehr verhindern«, sagte er mit samtener Stimme. »Es wird geschehen. Ich werde die letzten Augenblicke mit dir nicht damit verschwenden, mir den Kopf zu zerbrechen, um das Unabwendbare aufzuhalten.«
Es war unerträglich zu sehen, wie er sein Schicksal so ergeben annahm.
»Ich weigere mich, dich kampflos aufzugeben!«, stieß ich hervor.
»Gegen wen willst du kämpfen, Victoria?«, fragte er leise. »Gegen die Erzengel?«
»Wenn es sein muss!«, sagte ich verzweifelt.
»Du kannst nicht gegen sie gewinnen«, flüsterte er. »Ich habe mein Schicksal besiegelt in dem Augenblick, als ich dich geküsst und zurück ins Leben geholt habe.«
Er berührte meine Wange. »Ich würde es jederzeit wieder tun. Ich bereue gar nichts, Victoria.«
»Ich begreife nicht, dass du verdammt werden sollst, weil du mein Leben gerettet hast«, murmelte ich mit tränenerstickter Stimme. »Das ist ungerecht! Hättest du mich doch sterben lassen …«
Er schüttelte den Kopf. »Das konnte ich nicht. Ich bin dein Schutzengel. Das werde ich immer sein.«
Ich blickte in sein wunderschönes, golden schimmerndes Gesicht. Tränen liefen über meine Wangen.
»Das wirst du nicht«, flüsterte ich kaum hörbar. »Sie werden einen Dämon aus dir machen.«
Ich hob meine zitternde Hand und legte sie an seine Wange. Er schloss bei meiner Berührung die Augen. »Ich ertrage den Gedanken nicht, dich in der Hölle zu wissen«, hauchte ich tonlos. »Es bringt mich um, Nathaniel.«
»Nein«, flüsterte er eindringlich und ergriff meine Hand. »Ich werde nicht zulassen, dass du unglücklich wirst. Hab keine Angst um mich.«
Wie kannst du das von mir verlangen?
»Vertrau mir«, bat er leise.
Sprachlos schüttelte ich den Kopf.
»Nathaniel.« Ramiels ernste Stimme erklang plötzlich neben uns. »Sie kommen.«
Nathaniel erhob sich und zog mich auf die Beine. Meine beiden Engel schimmerten in der Dunkelheit und ihr Licht ließ die feuchten Steine am Flussbett glänzen.
Alles schien mir so
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