Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
nicht genug danken! Und abgesehen davon«, fügte ich verlegen hinzu und schlug die Augen nieder, »war es … na ja … wundervoll.«
Als ich meinen Blick hob und seinem begegnete, lag noch immer etwas Furcht in seinen Augen, aber auch Freude.
Ich war so sehr darin gefangen, dass ich das Räuspern kaum hörte. Erst als Ramiel meinen Arm berührte erinnerte ich mich daran, dass er da war.
»Du hast mir einen riesigen Schrecken eingejagt«, sagte er und ergriff meine Hand. Auf seinem Gesicht lag ein dunkler Schatten.
Für einen Moment trafen sich die ernsten Blicke der beiden Engel.
»Nein«, sagte Nathaniel plötzlich und unterbrach ihre stumme Unterhaltung.
»Ich rate dir dringend, zu ihnen zu gehen«, drängte Ramiel. Ich hatte seine Stimme selten so voller Sorge gehört.
Nathaniel hielt meine Hand fest. »Ich weiche nicht von Victorias Seite.«
»Die Suchmannschaft ist bereits unterwegs hierher«, sagte Ramiel leise. »Du musst gehen, Nathaniel.«
»Ich weiß«, erwiderte Nathaniel düster.
»Nathaniel …«, begann Ramiel, doch mein goldener Engel unterbrach ihn.
»Noch nicht . «
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte ich unruhig. Ich richtete mich mühevoll auf und Nathaniel stützte mich sofort.
»Leg dich besser …«
»Nein.« Ich fixierte ihn mit dem strengsten Blick, den ich für ihn aufbringen konnte. »Eine Erklärung, bitte.«
Die Traurigkeit in Nathaniels wunderschönen Augen schnürte mir die Kehle zu.
»Es tut mir leid, Victoria«, sagte er leise mit einer Endgültigkeit in seiner Stimme, die mich erschreckte.
»Was tut dir leid?«, flüsterte ich.
»Es tut mir leid, dass ich dir nicht mehr bieten kann«, sagte er.
Mein Herz schlug heftig und ich fühlte mich, als hätte ich auf einmal ein scheußliches schwarzes Loch im Magen.
»Warum sagst du so etwas?«, fragte ich.
Er atmete tief durch und schwieg.
»Ich dachte, wir hätten noch etwas mehr Zeit«, murmelte er schließlich. »Ich wünschte …«
»Wovon sprichst du?«, fragte ich heiser.
»Ich werde mein Versprechen dir gegenüber nicht halten können«, flüsterte er und senkte den Blick auf unsere ineinander verschlungenen Hände. »Ich werde dich verlassen müssen, Victoria.«.
»Was?«, hauchte ich. Der Boden unter mir brach weg und ich hatte das Gefühl, wieder in die Tiefe zu stürzen … doch diesmal bremste niemand meinen freien Fall.
»Was soll das bedeuten?«, stieß ich mühsam hervor. »Warum sagst du so etwas?«
Ein trauriges Lächeln lag auf Nathaniels Gesicht.
»Weil ich es wieder getan habe«, sagte er leise. »Dein Leben gerettet. Diesmal werden sie nicht so gnädig zu mir sein.«
Die Bedeutung seiner Worte sank langsam in mein Bewusstsein.
Die Erzengel?
Er nickte.
»Nein!«, hauchte ich. Mein Verstand weigerte sich schlicht, Nathaniels Worte zu akzeptieren. Er strich sanft über meinen Handrücken, ein schmerzerfüllter Ausdruck auf seinem atemberaubenden Gesicht. Die Worte blieben mir im Hals stecken.
Sie wollen … dich … verurteilen? Mein Blick flackerte wild zwischen den beiden Engeln hin und her. Ihre Mienen waren versteinert.
»Es tut mir so leid«, wiederholte Nathaniel leise.
Plötzlich schossen Erinnerungen durch meinen Kopf. Es war ein Wirbel aus Bildern und Emotionen … die Nacht des Tribunals in der Kapelle, die Erzengel, die ihr Urteil über Nathaniel sprachen, die Ängste, die ich damals ausgestanden hatte, ihn zu verlieren … würde sich dieser Albtraum wiederholen? Nathaniel musterte mich aufmerksam, hörte meinen Gedanken zu und drückte dann sanft meine Hand. Ein Gefühl der Geborgenheit breitete sich in mir aus und verdrängte die grausamen Angstgefühle.
»Danke«, murmelte ich heiser. »Doch das ändert nichts an den Tatsachen.«
»Es ist meine Schuld«, flüsterte Nathaniel, »dass du das alles schon wieder durchmachen musst. Ich wünschte, ich könnte es dir ersparen.«
»So weit wird es nicht kommen.« Meine Stimme bebte. Die Erinnerung an Nathaniels Freispruch war der Strohhalm, an den ich mich verzweifelt klammerte.
»Wir haben es einmal geschafft und wir werden es wieder schaffen. Wir werden alles tun, was nötig ist, damit sie auch diesmal deine Unschuld erkennen. Wir werden …«
Nathaniel schüttelte den Kopf. »Diesmal liegen die Dinge anders.«
Er atmete tief durch. Es fiel ihm offenbar schwer, weiterzusprechen.
»Diesmal werden mich die Erzengel nicht freisprechen«, sagte er langsam. »Das letzte Mal war ein Grenzfall. Der Unterschied ist … diesmal
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