Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
hinauszögern? Selbst er konnte mein Sterben nicht unbegrenzt aufhalten.
Ich fühlte, dass ich ihm immer mehr entglitt, dass die undurchdringbare Schwärze mich langsam einhüllte. Ich konnte seine Stimme nicht mehr hören, konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Alles, was blieb, war eine vage, ungreifbare Ahnung der Endgültigkeit, der ich entgegenglitt, und ein zartes, verwehendes Gefühl von Dankbarkeit, dass mich das Schicksal in Nathaniels Armen sterben ließ. Dass seine Umarmung die letzte Berührung war, die ich jemals spüren würde … sie würde vergehen und alles würde vorbei sein.
Doch Nathaniels Arme waren nicht das Letzte, das ich spürte. Es war eine Empfindung, so unvergleichlich, dass ich zunächst nicht begriff, was geschah …
Es waren seine Lippen, die meine berührten.
Er küsste mich.
Ich wurde mit unvorstellbarer Kraft aus der Dunkelheit zurück ins Licht gerissen. Ich fühlte mich von golden glitzernder Vollkommenheit umfangen und ich schwebte für einen zeitlosen Augenblick in diesem Gefühl des Glücks. Alles fiel von mir ab … die Kälte, die Schwärze, die Schmerzen und das dumpfe Gefühl, meinen Körper verloren zu haben. Ich war umgeben von einer Helligkeit und Klarheit, die ich nie zuvor empfunden hatte.
Als seine Lippen sich von meinen lösten, war es, als fiele ich zurück auf die Erde. Das goldene Licht um mich herum erlosch schlagartig. Ich erwachte mit einem keuchenden Atemzug, meine Lungen füllten sich mit kalter Luft und ich riss die Augen auf. Mein Herz hämmerte wie verrückt gegen meinen Brustkorb und Nathaniels Arme drückten mich an ihn.
Im Dunkel der Nacht, das uns jetzt umgab, konnte ich kaum etwas sehen. Das einzige Licht war Nathaniels Schimmern. Nach Luft schnappend klammerte ich mich an seine Brust und wurde mir meines frierenden Körpers bewusst. Ich war unfähig zu sprechen, ich fühlte nichts als die harten Felsen unter mir und die kalte, feuchte Luft auf meiner Haut und in meinen Lungen. Mein rechtes Bein schmerzte nicht mehr und ich sah, dass es unversehrt war. Ich spürte Nathaniels Körper und seine Umarmung, und alle Empfindungen waren plötzlich wieder ganz klar, das Rauschen des Flusses und die Dunkelheit der Nacht, die Gerüche und Geräusche und alle Wahrnehmungen meines Körpers prasselten auf einmal auf mich ein … überwältigt und bebend drückte ich mich fester an Nathaniel.
Seine Arme schlossen sich enger um mich. Sein Schutz glühte in meinem Innern auf und diesmal fühlte ich ihn deutlich. Plötzlich war Ramiel wieder an meiner Seite, er sagte etwas, doch ich konnte ihn nicht verstehen, ich spürte nichts als Nathaniels Wärme, die durch meinen Körper strömte und die eisige Kälte vertrieb. Ich war so erschöpft, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.
Ich liebe dich auch , dachte ich mit letzter Kraft … dann verlor ich das Bewusstsein.
Als ich die Augen aufschlug, hielt Nathaniel mich noch immer in seinen Armen. Er hatte ein sanftes Lächeln auf seinen Lippen.
»Wie fühlst du dich?«, fragte er.
»Wie neugeboren«, murmelte ich. »Was ist geschehen?«
Er strich mir zärtlich über die Wange, doch seine Gesichtszüge waren angespannt.
»Was glaubst du, was geschehen ist?«, fragte er mit rauer Stimme.
Ich biss mir auf die Lippen. »Ich glaube, ich war … fast … tot «, sagte ich langsam. »Doch du hast es nicht zugelassen. Du hast mich am Leben erhalten.«
Nathaniel nickte. Ich erinnerte mich an das Gefühl, von ihm aus der Dunkelheit gerissen worden zu sein, an das Gefühl seiner Lippen auf meinen und an die unbeschreiblichen Empfindungen, die seinem Kuss gefolgt waren. Verlegen senkte ich meinen Blick.
»Du hast … mich geküsst?«, fragte ich leise.
»Es war der einzige Weg«, erwiderte er. »Ich musste es tun, um dich zu retten.
Bitte verzeih mir«, fügte er leise hinzu. »Es war die einzige Möglichkeit.«
Ich schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich soll dir verzeihen ?«
Seine schönen Augen flackerten unruhig, flehend. Plötzlich glaubte ich zu begreifen. Bat er mich etwa um Vergebung, weil er dachte, er hätte mir seinen Kuss aufgezwungen?
Nathaniel verzog gequält das Gesicht, als er meine Gedanken hörte. »Ich hätte niemals … wenn es nicht unumgänglich gewesen wäre …«
Er erwartete angespannt meine Antwort, doch ich konnte ihn nur mit offenem Mund anstarren.
»Victoria …?«, fragte er zögernd.
»Du hast mein Leben gerettet«, brachte ich schließlich hervor. »Ich kann dir
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