Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
dunklen Haare waren wie immer gestylt und sein Augenbrauenpiercing bewegte sich mit seiner aufgeregten Mimik. Er hatte den Mantel zurückgeschlagen und unter seinem Shirt sah man einen Teil des Tattoos, das sich über seinen rechten Arm schlängelte.
»Ich glaube, das ist so eine Generationen-Sache«, flüsterte Anne traurig. »Weißt du, es hat mir nie etwas ausgemacht, bei meiner Oma aufzuwachsen, aber jetzt frage ich mich, ob …«
»Nein«, sagte ich kategorisch. »Ludwig wäre auch nicht begeistert. Weder vom Piercing, noch vom Tattoo.« Ich schüttelte den Kopf. »Das ist keine Generationen-Sache, das ist eine Frage von Vorurteilen.«
Anne ließ entmutigt den Kopf hängen. »Was soll ich jetzt nur tun? Ich habe ihn doch so gern.«
Chrissy ließ sich mit einer Minipizza in der Hand zwischen uns aufs Sofa fallen.
»Dann musst du deine Oma einfach überzeugen«, sagte ich leise, damit die beiden Jungs unser Gespräch nicht hörten. »Sie soll Tom kennenlernen. Wirklich mit ihm reden. Dann muss ihr doch klar werden, dass sie ein falsches Bild von ihm hat.«
»Das wird nicht einfach werden«, brummte Anne. »Meine Oma kann ganz schön stur sein.«
Chrissy biss in ihre knusprig heiße Pizza. »Die Frage lautet, Anne«, nuschelte sie mit vollem Mund, »wie weit bist du bereit, zu gehen?«
Ich erstarrte bei Chrissys Worten.
Anne sah Tom sehnsüchtig an. »Ich will unbedingt mit ihm zusammen sein. Ich würde diesem gut aussehenden Teufel dort sofort meine Seele verkaufen.«
Chrissy prustete los. » Das würde ich deiner Oma nicht gerade sagen …«
Den Rest der Unterhaltung bekam ich nicht mehr mit. Ich war wie eingefroren, während Annes Worte in meinen Verstand sickerten.
Die Jungs kamen rüber und setzten sich zu uns.
»Was ist das eigentlich für ein Kostüm, Vic?«, fragte Tom und leerte sein Glas.
»Das ist Schneewittchen, du Depp, das sieht man doch!«, erwiderte Chrissy an meiner Stelle.
»Und was soll daran gruselig sein?«
Chrissy hielt den angebissenen Apfel hoch, den ich mitgebracht hatte. »Sie wurde gerade vergiftet, hallo? Deshalb auch die weiße Schminke!«
»Das ist keine weiße Schminke«, murmelte ich zu Anne. »Ich bin wirklich so bleich.«
»Du könntest ja auch als du selbst gehen, bei all den gruseligen Sachen die du gerade durchmachst«, flüsterte Anne zurück.
»Habt ihr noch was zu trinken?«, fragte Mark und wollte sich gerade erheben.
»Lass mal, ich gehe.« Ich drückte ihn zurück auf die Couch und ging in die Küche.
»Das kann nicht dein Ernst sein!« Ramiel lief entsetzt neben mir her. Seit er meinen Plan in meinen Gedanken gehört hatte, flackerte er wie eine bronzene Wunderkerze. »Bitte sag mir, dass das nicht dein Ernst ist!«
Was soll ich denn sonst tun? Ich starrte ihn an, wobei ich schon die kalten Flaschen in meinen Armen hielt.
»Das ist Wahnsinn, Victoria! Reiner Wahnsinn! «
Ich habe doch schon alles andere versucht. Vielleicht ist das die letzte Möglichkeit!
»Das ist keine Möglichkeit, das ist Selbstmord! Schlimmer, es ist …«
Hast du eine bessere Idee?
»Jede Idee ist besser als diese! Wir finden einen anderen Weg, gib mir etwas Zeit …«
Uriel war der andere Weg.
Bittersüß stieg die Erinnerung an Nathaniels Worte in mir auf.
Nathaniel hat einmal zu mir gesagt: ›Licht und Finsternis. Es gibt immer zwei Seiten.‹ Wenn mir die eine Seite nicht helfen will, dann muss ich mich eben an die andere Seite wenden.
»Aber … Luzifer?! Weißt du überhaupt, was du da in Erwägung ziehst?« Flammen schlugen von Ramiels Körper hoch, so hell, dass die Küche erstrahlte wie ein Stadion im Flutlicht.
Nein. Ich fixierte ihn mit festem Blick. Aber ich weiß, dass es eine Möglichkeit für Nathaniel gibt, der Hölle zu entkommen. Er könnte sich wie Lazarus frei zwischen den Welten bewegen. Und dieser Weg führt über Luzifer.
»Ist dir klar, was du aufs Spiel setzt? Bei einem solchen Handel gibt es kein Zurück mehr! Er gilt für die Ewigkeit, Victoria, verstehst du überhaupt, was das bedeutet?«
Es bedeutet ein besseres Schicksal für Nathaniel , dachte ich bitter. Mehr zählt für mich nicht.
Ramiel breitete die Arme aus und starrte mich an, als ob er mich für völlig verrückt hielt.
»Wie, glaubst du, wird Nathaniel sich fühlen, wenn er erfährt, womit du seine sogenannte Freiheit erkauft hast?«
Dann darf er es nicht erfahren. Niemals.
In Ramiels Augen stand jetzt helle Panik.
»Victoria, so etwas darfst du nicht tun! Bitte … ich
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