Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
erwachsene Männer und eine Frau, die auf dem Foto hinter Melinda standen und ihre Arme um – so nahm ich an – ihre jeweiligen Ehepartner gelegt hatten.
Ich sah mir das Familienfoto genauer an. Der grauhaarige Mann, der neben Melinda in die Kamera lachte, hatte seinen Arm in einer ähnlichen Geste um sie gelegt. Ich deutete auf ihn.
»Ist das … Ihr Ehemann?«, fragte ich verblüfft.
Melinda nickte lächelnd. »Ja. Das ist Georg.«
Er hatte ein warmherziges, offenes Lächeln. Entweder hatte Melinda einen sehr viel älteren Mann geheiratet, oder … Mein Blick wanderte zurück zu ihren drei Kindern. Sie sahen nicht jünger aus als Melinda selbst.
Wie alt war Adalbert Kaster noch mal gewesen? Ich blinzelte ungläubig. »Die Kleinen auf ihrem Schoß und auf dem Boden … sind das …?«
»Meine Enkel«, nickte sie.
Ich starrte Melinda an. Sie sah aus wie Mitte vVierzig, allerhöchstens.
»Wie erklären Sie das den Leuten?«, platzte ich heraus. Erst dann fiel mir auf, wie unhöflich das klingen musste.
Doch Melinda lächelte. Sie erhob sich und reichte mir die Hand. »Ich habe noch einiges zu tun. Wir sehen uns nach Halloween.«
Noch immer perplex trottete ich Richtung Tür. Bevor ich das Büro verließ, drehte ich mich noch einmal um. »Weiß Ihre Familie, dass Sie …?«
»Auf Wiedersehen, Victoria.«
»Was für ein Glück, dass wir Melinda haben«, sagte Ramiel als wir auf dem Heimweg waren. »Ohne sie wären wir …« Er verstummte. Wir hatten die Parkanlage vor meinem Wohnhaus erreicht und etwas raschelte plötzlich in den Bäumen über uns.
Ich schrie erschrocken auf, als sich ein Schwarm Krähen auf uns herunterstürzte. Sie flatterten um uns herum, ihre roten Augen glühten und sie hackten mit ihren Schnäbeln auf uns ein. Ich riss schützend meine Arme über meinen Kopf, doch ihre Schnäbel pickten meine Hände blutig.
»Ramiel!«, rief ich verzweifelt. Der Engel kämpfte mit lodernden Flammen gegen die besessenen Vögel. Sie stürzten sich rasend auf ihn und es gelang ihm, sie von mir fortzulocken. Ramiel verschwand mit den aggressiven Krähen im Dunkel des Parks, und ich blinzelte für einen Moment erleichtert zwischen meinen Armen hervor. Doch Ramiel hatte nicht alle Vögel mit sich genommen. Ein zweiter Schwarm stürzte plötzlich wie aus dem Nichts auf mich herunter und hieb auf mich ein. Ich versuchte verzweifelt, mich zu wehren und zu fliehen, doch die schrecklichen Vögel waren überall. Plötzlich verdüsterte sich die ganze Atmosphäre um mich herum. Glitzernd schwarz erschien eine große Gestalt und fixierte mich mit glühend roten Augen. Im nächsten Moment peitschten schwarz explodierende Flammen auf und die Krähen flatterten erschreckt davon. Ich blieb unversehrt. Stille kehrte ein und der große Dämon kam langsam auf mich zu.
Ich rührte mich nicht, bis Lazarus direkt vor mir stand. »Warum hetzt du mir deine besessenen Tiere auf den Hals, nur um sie dann selbst zu verjagen?« Ich bemühte mich, direkt in seine roten Augen zu sehen. »Was ist das für ein krankes Spiel?«
»Das waren nicht meine«, antwortete Lazarus ruhig.
Ich runzelte fragend die Stirn.
»Es hat sich wohl herumgesprochen, dass es hier eine Sterbliche gibt, die schutzlos ist«, sagte Lazarus und betrachtete mich aufmerksam. »Das ist eine Einladung, der Dämonen nur schwer widerstehen können.«
Lazarus war so groß, dass ich meinen Kopf heben musste, um ihn ansehen zu können. »Wie es scheint, bin ich nicht schutzlos«, sagte ich.
Er stand direkt vor mir, seine mächtigen schwarzen Schwingen ragten über die ganze Breite des Weges. Die dunklen Flammen auf seiner Haut knisterten und beruhigten sich langsam.
»Warum hast du das getan?«, fragte ich.
Lazarus schwieg. Sein Blick ruhte auf den frischen Wunden und Dämonennarben in meinem Gesicht, die er mir selbst zugefügt hatte.
»Dein Schutzengel verbrennt in der Hölle«, flüsterte er schließlich. »Sie reißen ihn in Fetzen, vernichten ihn, bis nichts mehr von ihm übrig ist. Bis er zu dem wird, was du jetzt vor dir siehst.«
Ich zwang mich, ruhig in sein Gesicht zu blicken. Seine Kämpfe hatten ihre Spuren hinterlassen, trotzdem war er auf beängstigende Art schön. Einen Augenblick lang fragte ich mich, wie er in längst vergangener Zeit ausgesehen haben musste, als sein Schwingen noch weiß gewesen waren.
»Warum gibst du ihn nicht auf?«, fragte Lazarus leise. Er hielt seine roten Augen durchdringend auf mich gerichtet.
»Ich liebe ihn zu
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