Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
könnte dir nicht mehr helfen, niemand könnte dir dann noch helfen!«
»He, Vic, wird das heute noch was?«, tönte Toms Stimme aus dem Wohnzimmer. »Wir verdursten hier!«
Ich schob Ramiel zur Seite, ging ins Wohnzimmer und stellte die Flaschen vor meine Freunde auf den Tisch.
»Ich muss gehen«, sagte ich abrupt.
Chrissy und Anne blickten mich verwundert an. Mark und Tom verstummten mitten im Gespräch.
»Jetzt?«, fragte Chrissy verständnislos.
»Dringender Anruf«, murmelte ich und wich ihrem Blick aus. »Tut mir leid.«
»Bleib doch wenigstens noch ein bisschen …«
Ich schüttelte den Kopf. »Tut mir leid.« Ich griff nach meiner Tasche und marschierte zur Haustür.
Anne und Chrissy folgten mir verwirrt.
»Alles okay?«, fragte Anne besorgt.
Ich presste meine Lippen zusammen. »Ja. Klar.«
»Erzähl das jemand anderem«, murmelte Chrissy stirnrunzelnd.
Ich zog die beiden in eine feste Umarmung und hielt sie länger an mich gedrückt, als ich es normalerweise getan hätte. Dann lächelte ich Anne aufmunternd an. »Schnapp ihn dir, okay?«
»Was ist los, Vic?«, fragte Anne alarmiert.
Meine Kehle war wie zugeschnürt und ich brachte keine Antwort hervor. Stattdessen griff ich nach meiner Jacke und verließ Chrissys Haus, ohne mich noch einmal umzudrehen. Die Wahrheit war, dass ich Angst hatte, dass mich der Mut verlassen würde, wenn ich auch nur einen Moment zögerte.
Den ganzen Weg hinauf zur Ruine redete Ramiel wie besessen auf mich ein. Sein aufgeregter Lichtschein war so hell, dass ich mühelos den Weg fand.
»Was du vorhast, ist absoluter Wahnsinn! Rede noch einmal mit Melinda, oder mit Adalbert, oder … Vorsicht!« Ramiel griff nach meinem Arm, als ich mit meinem Kleid an einem Wurzelgeflecht hängen blieb und stolperte. Ich fand mein Gleichgewicht wieder und stapfte unbeirrt weiter.
»Nathaniel würde das nicht wollen, Victoria! Er wird sich ewig Vorwürfe machen, du verdammst ihn damit zur schlimmsten Hölle, die es für ihn gibt! Kannst du dir überhaupt vorstellen, was das für ihn …?«
Ich blieb stehen und unterbrach Ramiel. »Ich verbiete dir, ihm jemals etwas davon zu erzählen.«
Ramiel erstarrte. Seine dunklen Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen.
» Niemals , Ramiel«, wiederholte ich. »Verstehst du?«
»Wie kannst du das von mir verlangen?«, krächzte er kaum hörbar.
»Ich werde ihn nicht befreien, nur damit er sich für immer Vorwürfe macht«, sagte ich entschieden. »Das ist mein voller Ernst, Ramiel. Du wirst ihm niemals etwas davon erzählen, klar?«
Ramiel stand vor mir wie vom Blitz getroffen. Ich ließ ihn stehen und ging weiter.
Grimmig stapfte ich den Waldweg entlang, kletterte über Felsen und Steinbrocken, bis ich bei der Ruine ankam. Ich trat zwischen die verfallenen Mauern in den Raum, der früher einmal die Kapelle der Burg gewesen war.
»Bitte!«, flehte Ramiel weiter. »Bitte, tu es nicht!« In seinen schönen Augen tobte ein Sturm aus Panik und Angst.
»Ich kann nicht anders.« Meine Stimme gehorchte mir kaum noch. Der schmerzvolle Ausdruck in seinem Gesicht brachte mich um. »Ich wünsche, dass du jetzt gehst«, flüsterte ich.
»Den Teufel werde ich tun und dich hier in dein Unglück laufen lassen!«
»Das war keine Bitte, Ramiel.«
»Victoria …!«
»Ich befehle dir, zu gehen«, wiederholte ich. »Jetzt sofort.«
Ramiels Blick ruhte einen letzten, intensiven Moment lang voller Fassungslosigkeit auf mir. Dann flackerte sein bronzener Schimmer und ich stand allein in der Dunkelheit. Ich atmete tief durch und straffte die Schultern. Dann rief ich seinen Namen.
Einen Augenblick lang geschah überhaupt nichts. Ich zweifelte, ob er auftauchen würde … doch dann legte sich plötzlich eine bedrohliche Stille über den Wald. Noch bevor ich ihn sah, fühlte ich seine Anwesenheit, spürte die Kälte in meinem Innern. Ich fuhr herum und blickte in Lazarus' tiefrote Augen.
Der Dämon schlenderte zwischen den Mauerresten hindurch und blieb am Eingang zur ehemaligen Kapelle der Burg stehen. Sein dunkles Licht erhellte die Ruine gespenstisch.
Alter geweihter Boden. Würde der Schutz standhalten?
»Du bist allein«, sagte Lazarus sanft.
Ich schluckte. »Für das, was ich vorhabe, brauche ich kein Publikum.«
Lazarus legte den Kopf ein wenig schief. Seine stechend roten Augen durchbohrten mich.
Ich biss die Zähne zusammen und versuchte, mit fester Stimme zu sprechen. »Ich habe eine Antwort auf deine Frage.«
Ein schleichendes
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