Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Natürliche Selektion (German Edition)

Natürliche Selektion (German Edition)

Titel: Natürliche Selektion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
Vom Netzwerk:
verschlang ihre honigsüßen Baklawa mit reichlich Pfefferminztee und unterhielt sich blendend mit ihm bis seine Mittagspause vorbei war.
    Wieder allein, fiel ihr ein, dass sie sich noch gar nicht bedankt hatte.
Place Jussieu, Paris
    Ein Orgasmus in Gegenwart ihrer Tochter. Der hätte ihr noch gefehlt. Wie konnte sie so dumm sein und ihren O-Punkt über dem Kreuzbein vergessen? Beinahe hätte die Kessa-Massage in einer peinlichen Katastrophe geendet. Dagegen war die überstürzte Flucht aus dem Hammam eine Bagatelle.
    Im Grunde war Leo Edmond dankbar. Durch seine kreative Idee und Initiative hatte sie zum ersten Mal seit Michels Tod wieder etwas gefühlt. Es war, als kehrte sie zurück aus der Schattenwelt, in der sie nur unbeteiligte Beobachterin gewesen war. Zurück in die Welt der Lebenden, als Lebende mit ihren eigenen Bedürfnissen und Empfindungen, ihrer eigenen Bestimmung und Zukunft.
    Der Schritt durch das Tor der Universität bedeutete nichts anderes, als dass sie sich von nun an nicht mehr teilnahmslos treiben ließ. Sie hatte beschlossen, ihr Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen, sich nicht einfach damit abzufinden, was geschehen war und noch geschehen würde. Sie hatte den Liebsten verloren. Die schönsten Worte änderten nichts an dieser Tatsache, aber sie würde nicht ruhen, bis die Frage beantwortet wäre, die sie ohnehin nicht mehr losließ: warum? Weshalb mussten die vier Freunde so kurz hintereinander sterben, als lastete ein Fluch auf ihnen? Sie glaubte nicht an übersinnliche Mächte, und vor allem glaubte sie nicht an solche Zufälle. Darüber wollte sie mit dem Menschen sprechen, der Michel am nächsten gestanden hatte – außer ihr.
    »Es tut mir leid, Madame, Professor Fabre ist heute außer Haus«, sagte der Unbekannte, als er die Tür zu Fabres Büro öffnete. »Ich bin Dr. Haegler, sein Assistent. Kommen Sie herein, vielleicht kann ich Ihnen helfen?«
    Sie hatte sich schon enttäuscht abwenden wollen, folgte seiner freundlichen Einladung dennoch und betrat zögernd das Büro. Die unerwartete Einrichtung, die einem englischen Gentlemen’s Club wohl angestanden hätte, irritierte sie nur kurz. Sie überlegte, wie sie diesem gutmütig wirkenden, älteren Herrn mit dem Schmerbäuchlein ihr Anliegen erklären sollte.
    Seine nächste Bemerkung erleichterte den Einstieg: »Damien hat mir von Ihnen und Michel erzählt. Mein herzliches Beileid, Madame. Nicht zu fassen, was mit Ihrem Freund geschehen ist.«
    »Danke, deshalb wollte ich mit dem Professor sprechen. Ich weiß nicht, wie weit sie über die Zusammenhänge informiert sind ...«
    »Seine Freunde, die Suizide, meinen Sie? Damien und ich haben die traurigen Geschichten genau verfolgt.«
    »Dann wissen Sie, dass es beunruhigende Zusammenhänge gibt. Deswegen bin ich hier. Ich dachte, der Professor könnte mir mehr über die gemeinsame Vergangenheit der Freunde erzählen.«
    Haegler musterte sie nachdenklich, als hätte er sich die gleichen Fragen auch schon gestellt. »Sie glauben, die Suizide haben alle die gleiche Ursache?«, fragte er schließlich leise.
    »Ich glaube nicht, ich will wissen, ob, wann, wo und warum sich die Vier mit diesem unbekannten Parasiten angesteckt haben.«
    Haegler schien überrascht. »Vier? Ich dachte, Michels Tod war ein Unfall.«
    »Richtig, aber auch sein Hippocampus war von der Plaque befallen.«
    Wieder dachte er eine Weile nach, bevor er antwortete: »Damien hat sich wohl geirrt. Schleimpilze können die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden. Wissen Sie inzwischen mehr über die Natur des Befalls?«
    Sie schüttelte den Kopf. Unsicher, wie weit sie Damiens Assistenten vertrauen konnte, zog sie es vor, nicht alle Karten auf den Tisch zu legen. »Es muss irgend ein Ereignis, einen Ort geben, dem die vier Freunde ausgesetzt waren, der fünfte im Bund aber nicht«, murmelte sie wie zu sich selbst. »Chevalier, dieser Reporter des ›Parisien‹, der die Geschichte veröffentlicht hat, gehörte auch zum Freundeskreis, ist aber nicht infiziert – und lebt noch.«
    Haegler sprang plötzlich auf, eilte zum Schreibtisch. »Vielleicht bringt uns das hier weiter«, sagte er und drehte einen Schlüssel. Wie durch Geisterhand schob sich ein Teil der Mahagoni-Tischplatte nach hinten und gab einen silbern glänzenden Laptop Computer frei. Er klappte den Bildschirm hoch, loggte sich ein und begann eifrig zu tippen. »Michel Simon, Patrick Fournier, die kenne ich. Wie hießen noch mal die andern drei?«
    Sie nannte

Weitere Kostenlose Bücher