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Natur

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Titel: Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Flade
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Gedanken nicht abzuschweifen, in anregungsreichen Umwelten ist das nicht nötig, denn die Umwelt zieht einen in Bann. Eine länger dauernde Reizarmut gleicht einer sensorische Deprivation, die krank, aber keinesfalls gesund macht. Vollkommene Stille und eine visuelle Reizarmut sind bar all dessen, was anregt und fasziniert. Unter diesen Bedingungen ist eine mentale Erholung kaum möglich.
    Nicht erst die Kaplans haben zwischen willkürlicher bzw. gerichteter und unwillkürlicher Aufmerksamkeit unterschieden. In seinem Werk über Psychologie im Jahre 1892 hatte schon William James zwischen den beiden Arten von Aufmerksamkeit differenziert und dabei darauf hingewiesen, dass willkürliche Aufmerksamkeit im Sinne der Fähigkeit, Ablenkungen zu kontrollieren, besonders dann erforderlich ist, wenn die Aufgabe oder Situation ohne jede Anziehungskraft ist.
    Mentale Ermüdung lässt auf einen Mangel an faszinierenden Eindrücken schließen. Der Zustand der mentalen Ermüdung wird als subjektiver Eindruck, dass man nicht bei der Sache ist, erlebt und ist meistens mitgen verbunden. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass mit Stress, Irritation und eine negativen Gestimmtheit reagiert wird, wenn man spürt, dass man den Anforderungen nicht mehr nachkommen kann. Doch nicht nur die Leistungsfähigkeit sinkt, insbesondere auch die Fähigkeit, Wichtiges auszuwählen und weniger Wichtiges auszublenden, sondern es nimmt auch noch die Affektkontrolle ab, was soziale Beziehungen und das Zusammenleben erschwert (Berto, 2005; Kaplan, 1995).

    Abbildung 2-14: Aufmerksamkeitserholungstheorie (Bell et al., 2001, S. 49)
    Die Aufmerksamkeitserholungstheorie wurde in vielen Untersuchungen empirisch bestätigt. Hier seien als Beispiele die Untersuchungen von Tennessen & Cimprich (1995) und von Berto (2005) angeführt. Die Versuchspersonen von Tennessen & Cimprich waren Bewohner eines Studentenwohnheims. Je nach der Art des Ausblicks aus dem Fenster des Zimmers wurde zwischen vier Gruppen unterschieden. Eine Gruppe, die «all natural view», blickte auf ausschließlich grüne Natur, etwas weniger Natur war vom Fenster der «mostly natural view» Gruppe zu sehen. Die «mostly built view»- sowie die «all built view» Gruppe sahen auf eine Umwelt mit wenig oder keiner grünen Natur wie z. B. eine Hauswand. Mehrere Tests, die ein hohes Ausmaß an willkürlicher Aufmerksamkeit erforderten, wurden durchgeführt. Eine Aufgabe bestand darin, in sehr kurzer Zeit geometrischen Symbolen Zahlen zuzuordnen. Registriert wurde dabei die Anzahl richtiger Zuordnungen. Ein weiterer Test erfasste die Fähigkeit, konkurrierende Reizmuster auszublenden. Grundlage war die als Neckerscher Würfel bekannte Kippfigur, die man unterschiedlich sehen kann. Alle Kanten des Würfels sind gleich stark ausgezogen (Abbildung 2-15). Je nachdem, wohin der Betrachter seine Aufmerksamkeit lenkt, erscheinen bald die einen, bald die anderen Kanten als die vorderen. In diesem Test wurde die Fähigkeit erfasst, sich auf eine Perspektive zu konzentrieren und das unwillkürliche Kippen zu unterdrücken.
    Die «all natural view» Gruppe schnitt in beiden Tests signifikant besser ab als die drei anderen Gruppen. Ein Unterschied ergab sich auch, wenn zwei Gruppen gebildet wurden, eine Natur- und eine gebaute Umwelt-Gruppe. Wenn man bedenkt, dass effektives Studieren ein hohes Ausmaß an gerichteter Aufmerksamkeit erfordert, dann ist unmittelbar ersichtlich, dass Studentenwohnheime von möglichst viel grüner Natur umgeben sein sollten. Das Studieren ist effektiver, wenn sich ohne Mühe mentale Ermüdung verringern lässt.
    Berto (2005) hat die Aufmerksamkeitserholungstheorie mit einer experimentellen Versuchsanordnung überprüft. In der Vorher-Phase wurde mentale Ermüdung induziert, indem die Versuchspersonen mit einemTest konfrontiert wurden, der eine fortgesetzte hohe Konzentration verlangte. Der Test bestand aus 240 Zahlen von 1 bis 9, die nur jeweils 250 Millisekunden auf dem Bildschirm eines Computers zu sehen waren. Die Zahlen folgten sehr rasch aufeinander. Zielobjekt war die Zahl 3. Auf alle Zahlen mit Ausnahme der 3 sollte mit dem Drücken der Leertaste reagiert werden. Im Anschluss an diese ermüdende Tätigkeit wurden nach dem Zufallsprinzip zwei Gruppen gebildet. Dass es zufällige Gruppierungen waren, zeigte sich daran, dass sich die beiden Gruppen in der Vorher-Phase in ihren Reaktionszeiten und der Zahl richtiger und falscher Reaktionen nicht unterschieden. Die eine Gruppe

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