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Naturgeschichte(n)

Naturgeschichte(n)

Titel: Naturgeschichte(n) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H Reichholf
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(Allein aus diesem Grund ginge eine einheitliche Energiepauschale pro Kopf, die jeder Mensch ausgeben dürfte, von völlig falschen Gegebenheiten aus.)
    All das erklärt aber noch nicht, weshalb die Menschheit zum Rassismus neigt. Die dargelegten Unterschiede entwickelten sich ja geographisch und graduell, nicht sprunghaft. Kann es allein an der Zeitdauer der Trennung liegen, dass sich die Angehörigen der verschiedenen Rassen so vorurteilsbelastet beargwöhnen? Das ist nun der spekulative Teil.
    Zahlreiche Anzeichen deuten darauf hin, dass der Mensch auf seinem Werdegang viele Leichen von Seinesgleichen hinterließ. Es hat nur eine Art Mensch überlebt, nicht zwei oder mehr. Solche hatte es aber gegeben. Der Neandertaler war der letzte in einer Serie ausgestorbener Menschen. Dass er schlecht angepasst gewesen sein könnte, dafür gibt es keine Befunde. Er war der körperlich Stärkere. Doch wie im Kampf zwischen David und Goliath siegte der Cleverere, nicht der Stärkere. Sieger können sich umfassender Bewunderung sicher sein. Wir alle sind Nachkommen von Siegern, und es sind wieder die Sieger, die längerfristig die meisten Nachkommen hinterlassen werden.
    Zugrunde liegt dem die Tatsache, dass sich Menschen am besten gegen andere Menschen aufbringen lassen, wenn diese vermeintlich oder tatsächlich die eigene Gruppe, den eigenen Stamm oder das eigene Volk bedrohen. Dabei werden diese entmenschlicht. Sie sind » die anderen«, die dem » Wir« entgegenstehen. Dieses Grundmuster des » Wir gegen die anderen« ist in allen Epochen und Entwicklungsstufen der Menschheit zu finden. Es wurzelt so tief, dass Kleinkinder in einer Phase, in der sie sich auf ihre Mitmenschen einstellen (soziale Prägung), bekanntlich plötzlich fremdeln. Dieses Fremdeln wird innerhalb der Gruppe (Familie, Großfamilie, Clan) überwunden, aber nach außen verlagert auf » die anderen«, die nicht zu uns gehören. Je mehr sich diese von den eigenen Leuten unterscheiden, desto argwöhnischer werden sie betrachtet.
    Als bedeutendster Vermittler des » Wir« wirkt dabei die Sprache. Nur wer sie beherrscht und wer versteht, was die anderen im Gesprochenen wirklich ausdrücken wollen, bestätigt seine Gruppenzugehörigkeit. Sprache trennt viel mehr, als sie durch Austausch von Informationen verbindet. An der Sprache wird das Ausmaß der Fremdheit ermittelt. Je weniger verständlich, je geringer die Gemeinsamkeiten, desto ferner stehend muss der Sprecher dieser Sprache sein. Das sprachliche Identifikationssystem verbindet sich nun mit dem Äußeren, mit dem von den Augen Erfassten. Es verdichtet sich zu dem, was gemeinhin Kultur genannt wird, aber zumeist die eigene meint, denn sonst müsste von den Kulturen gesprochen werden.
    Hieraus schöpft die Ablehnung des Rassismus seine Emotionen; das Äußerliche dient lediglich der schnellen Identifikation. Rassismus ist daher ein kulturelles Phänomen, das sich auf die Sprache stützt und somit der Propaganda ausgeliefert ist. Er gehört zu den Schattenseiten der Kulturen, und seine tiefsten Wurzeln reichen vermutlich weit zurück, als das » Wir gegen die anderen« noch ein Überlebensprogramm war. Es hatte Erfolg – und wirkt daher weiter. Deshalb bedarf es einer umfassenden Zähmung durch eine Über-Kultur, die ihren Bezug vom allgemein Menschlichen herleitet, dem Humanismus.
    Erst wenn sich die Menschheit eines Tages als Einheit begriffen haben wird, wird der Rassismus am Ende sein. Wenn das » Wir gegen die anderen« zu einem » Wir und die anderen« mutierte. Ein Wunschtraum ohne Alternative.

Die schwarze Seele
und die Lichtgestalt
    Warum haben wir Angst
vorm schwarzen Mann?

    Die Hautfarben der Menschen versteht man also besser, wenn ihre Entstehungsgeschichte bekannt ist. Dass sie nichts über die Qualität der Träger aussagen, wird zwar gebetsmühlenartig wiederholt und betont, aber offensichtlich doch nicht so angenommen, wie es die Achtung der Menschenwürde erfordert. Gibt es noch mehr, was im Hintergrund wirkt?
    Die Erklärungen im letzten Kapitel befriedigen nicht, weil die Wirklichkeit viel krasser von der Theorie abweicht, als das der Fall sein sollte. Warum tun sich ausgerechnet sehr dunkelhäutige Menschen so schwer, von den anderen als vollwertig akzeptiert zu werden? Wer den Schlüssel zu diesem Phänomen findet, könnte gewiss sehr viel Leid und Unheil abwenden. Denn erst wenn wir verstehen, wo sich die Wurzeln des rassistischen Empfindens verbergen, können diese bloßgelegt und

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