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Naturgeschichte(n)

Naturgeschichte(n)

Titel: Naturgeschichte(n) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H Reichholf
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erwirtschaftet wurden. Auch die Hühner und die Hausenten entsprechen diesem Prinzip. Sie gedeihen dort am besten, wo sie mit gehaltvollem Futter versorgt werden können; also auch mit Überschüssen aus der menschlichen Ernährung. Das ist bei den Reiskulturen Asiens der Fall, ebenso wie bei den Truthühnern der Maiskulturen Mittelamerikas. Für das Geflügel stellen wir gegenwärtig mehr Proteine zur Verfügung als für andere Nutztiere.
    Bleibt das Schwein. Als Wildschwein lebt es in Großfamilien mit einer erfahrenen Muttersau, einer alten Bache, an der Spitze. Die Eber leben einzelgängerisch und stoßen nur in der Fortpflanzungszeit, die von den Jägern recht bezeichnend Rauschzeit genannt wird, zur Rotte. Der Schweinehirte übernimmt die Anführerrolle.
    Schwein und Mensch konkurrierten schon sehr früh miteinander um Nahrung. In einigen Regionen ist daher nach Ansicht mancher Forscher Schweinefleisch » tabu« bzw. unrein, während die nicht von menschlicher Nahrung lebenden Ziegen, Schafe und Rinder sehr wohl auch geschlachtet und gegessen werden dürfen. Schweine allerdings setzen bei guter Ernährung besonders rasch Fleisch und Fett an. Weit mehr als die Wiederkäuer Rind, Schaf und Ziege sind sie Fleischtiere. Auch wir essen bei Weitem am meisten Schweinefleisch. Verglichen mit den tropisch afrikanischen Warzenschweinen sind unsere Wild- und Hausschweine zudem geradezu friedliche Tiere. Sie müssen sich auch nicht gegen Löwen und Hyänen verteidigen. Dass sie bald geschlachtet werden, wissen sie nicht. Lernen können sie auch nicht daraus, weil sie ihr Ende nicht überleben. Beim Löwen hat das Warzenschwein eine faire Chance, das Hausschwein beim Metzger und im Schlachthof nicht. Es kann nie lernen, den Menschen als seinen größten Feind zu betrachten.

Die sechs Wölfinnen
    Wie kam der Mensch auf den Hund?

    » So kam der Mensch auf den Hund«, lautet der Titel eines der meistgelesenen und charmantesten Hundebücher. Verfasst hat es 1949 der Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz. Die darin vorgestellte Theorie von der Entstehung des Haushundes gilt aber inzwischen als überholt und in Teilen sogar als falsch. Konrad Lorenz hatte angenommen, dass auch der Goldschakal, ein kleiner Verwandter des Wolfs, aber eine eigenständige Art, zu den Vorfahren des Haushundes gehört. Die Befunde der Molekulargenetik schließen den Goldschakal sicher aus. Alle Haushundrassen stammen danach vom Wolf ab. Und aus Asien.
    Den neuesten molekulargenetischen Forschungen zufolge könnten sechs Wölfinnen die Stammmütter aller Haushunde sein. Andere Befunde gehen von gut 50 Wölfinnen aus. Sie lebten gegen Ende der letzten Eiszeit, vor etwa 15 000 Jahren, in Ostasien, wahrscheinlich in Zentralchina. Die Datierungen halten allerdings ein ziemlich breites Zeitfenster offen: frühestens vor 40 000 Jahren, wahrscheinlich vor 15 400 Jahren muss es zur Zucht der ersten Wölfe mit gezielter Auswahl des Nachwuchses gekommen sein. Dieser Zeitraum stimmt mit den fossilen Funden von Wolfsknochen überein, die schon Anzeichen von Domestikation tragen. Dennoch ist sehr wahrscheinlich die Annahme richtig, dass Wölfe und Menschen schon vor etwa 100 000 Jahren miteinander in mehr oder weniger lockerer Gemeinschaft lebten. Das wäre die Zeit, in der die ersten Angehörigen unserer Art Mensch, also des Homo sapiens, aus Afrika nach Eurasien kamen.
    Das Zusammenleben dürfte ähnlich gewesen sein wie in vielen Regionen des Vorderen Orients, wo es streunende Hunde in großer Zahl gibt, die sich von Abfällen der Menschen ernähren. Bei den Menschen der Steinzeit, die als Großwildjäger herumzogen, gab es viel mehr davon und für Wölfe auch in sehr viel besserer Form als bei den liegen gebliebenen Kadavern von Großtieren, die die Menschen nicht vollständig verwerteten. Dass bei einem Mammut viel abfällt, ist offensichtlich. Die Wölfe aber hätten solche Riesen allein nicht zur Strecke bringen können. Und keine als Jäger und Sammler bis in unsere Zeit umherschweifende Menschengruppe verzehrt einen Elefanten zur Gänze, bevor das Fleisch verdirbt.
    Die Eiszeitmenschen jagten aber hauptsächlich große Beutetiere. Es lohnte sich für die Wölfe, sich den Menschengruppen anzuschließen und sie gegen andere Wolfsrudel zu verteidigen. So kann man sich vorstellen, dass die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Wolf zustande kam. Sie musste sich über die Jahrtausende nicht weiterentwickeln, da sich auch der Lebensstil der

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