Naturgeschichte(n)
Gebilden wohl vertraut ist. Wahrhaben will man es trotzdem nicht. Wir glauben an die Dauerhaftigkeit, vor allem an unsere eigene.
Nun ist die Frage, was mit der Natur passieren würde, wenn der Mensch plötzlich verschwände, gar nicht so theoretisch. Es gibt eine ganze Reihe von Ereignissen, bei denen es so gekommen ist. So überwucherte nach dem Untergang der Maya-Kultur auf der überwiegend mexikanischen Halbinsel Yukatan der Urwald die gewaltigen Tempelbauten so rasch und so gründlich, dass es sehr schwierig war, sie nach nur ein paar Jahrhunderten wieder zu entdecken.
Ähnlich erging es im südostasiatischen Dschungel Angkor Wat oder der Kultur der Nasca an der Westküste von Südamerika im heutigen Peru. Siedlungen der Kelten verschwanden bei uns im Erdboden, und erst eine technisch hochgerüstete Luftbildarchäologie vermochte sie wieder zu entdecken.
Auf allen Kontinenten gibt es Beispiele für sogenannte untergegangene Kulturen, die treffender » zugrunde« gegangene genannt werden sollten. Großartige Kulturen früherer Zeiten wurden unter dem Ansturm von » Barbaren« vernichtet. Als das Römische Weltreich im vierten nachchristlichen Jahrhundert zusammenbrach, hielten das die Überlebenden vermutlich für das Ende aller Kultur. Wie ihre damals große mediterrane Welt zwei Jahrtausende später aussehen würde, hätten sie sich nicht vorstellen können. Der Zerfall gehört offenbar auch zu den Kulturen, wie das Aussterben von Arten zur Evolution.
Wir brauchen also gar nicht versuchen, besondere Zukunftsvisionen zu entwickeln, sondern können uns an Geschehnissen der Vergangenheit orientieren. Sie besagen, dass Menschenwerk erstaunlich schnell verschwindet. Nur unter besonderen Verhältnissen wie bei den ägyptischen Pyramiden im konservierenden Wüstenklima mahlen die Mühlen der Zeit langsam. Wo es feucht und warm ist, geht der Zerfall so schnell vonstatten, dass Ähnlichkeiten zur Bildung von Humus aus den Resten der Produktion des vergangenen Sommers entstehen.
So würde sich der Wald bei uns in Mitteleuropa schon in wenigen Jahrzehnten auszubreiten beginnen und über die nächsten Jahrhunderte fast alles bedecken. Wie schnell unbewohnte Häuser verfallen, ist bekannt. Für Städte gilt das genauso. Die Felder würden sich nicht halten. Die Flüsse würden anfangen, wieder aus ihrem künstlich geschaffenen Bett auszutreten. Pflanzenwurzeln und Keimlinge würden die Teerdecken sprengen – auch das können wir schon heute in vielen Einzelfällen sehen. Die Frostaufbrüche würden die Ansiedlungsmöglichkeiten für Bäume sehr begünstigen. Am längsten halten könnten sich wahrscheinlich die Stromleitungen mit ihren Masten, weil sie aus sehr widerstandsfähigem Material bestehen. Auch wenn sie sehr schnell keinen Strom mehr führen könnten, blieben sie wie Zeugen der Vergangenheit im Strom der Zeit stehen. Als Rätsel für geschichtlich interessierte andere Lebewesen.
Zu Verlierern würden all die Lebewesen, Tiere, Pflanzen und Mikroben, die mit dem Menschen und seiner Zivilisation verbunden waren. Gewinner wären die von uns zurückgedrängten, denen eine neue Freiheit beschert würde. Auf jeden Fall würde das Leben auf der Erde sehr schnell ziemlich anders aussehen als gegenwärtig. Aber nicht schlechter. Denn die Natur wertet nicht.
Der sonnenhungrige Feldhase
und der arme Eisbär
Wird es der Natur zu heiß?
Die Klimaerwärmung ist das große Thema unserer Zeit. Sowohl für den Menschen als auch für Pflanzen und Tiere soll es ein böses Ende nehmen. Nicht nur der Eisbär, bis zu 40 Prozent aller Arten werden aussterben, so eine verbreitete Prognose. Welche Arten werden wir in Deutschland abschreiben müssen? Lohnt Naturschutz überhaupt noch?
Solche Prognosen als übertrieben zu bezeichnen, wäre noch untertrieben. Tatsache ist ganz im Gegenteil, dass seit Jahrzehnten die wärmebedürftigen Arten bei uns immer seltener werden oder ganz verschwinden. Wer die offiziellen » Roten Listen der gefährdeten Arten« von Tieren und Pflanzen in Deutschland genauer studiert und sich über die Lebensansprüche der vom Aussterben bedrohten Lebewesen präziser informiert, kann das selbst nachvollziehen.
In den Grundzügen zeigt sich Folgendes: Die Bestände von Pflanzen, die auf sonnigen, trockenen und unfruchtbaren Orten wachsen, nehmen ab, weil solche Lebensräume verschwinden. Dort lebten auch weit mehr verschiedene Arten von Insekten und anderen Kleintieren als in den fetten, überdüngten
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