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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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von unten herauf strömte es noch heller, spielte mit den Wellen und schaukelte sanft. Licht . In dieser absoluten Tiefe. Eri musste zuerst die Nickhaut schließen und dann mehrmals blinzeln, bis seine empfindlichen Augen sich wieder daran gewöhnt hatten. 
    Und dann sah er den Grund unter sich. Eris Kiemen blähten sich weit vor Aufregung, und er sog das kalte, jetzt würzige Wasser tief ein.
    Ein leuchtender Algenteppich erstreckte sich, so weit Eri blicken konnte. Die Grundfarbe mochte Purpur sein, mit vielen gelben, blauen und roten Flecken dazwischen, und aus dem Teppich heraus wuchsen grüne, sich vielfach verzweigende Tangschlingen. Polypen erstreckten sich wie Bäume aus dem Sandboden, mit feinen Ästen und Zweigen, die sich sacht in der Strömung wiegten. An vielen Stellen stiegen Luftblasen wie Vorhänge auf, die sich hoch oben in der Finsternis verloren. Zwischen den Polypen schwammen leuchtend bunte Fische durch den Algenteppich. Riesige Scherenstelzer, mehr als doppelt so groß wie Eri, stolzierten über den Teppich, stocherten darin herum. Die Vielfalt an Leben war kaum zu überschauen, und der junge Nauraka konnte nur so staunen. In einiger Entfernung erkannte er eine schwarze Felswand – der Vater-Vulkan! Also hatte es ihn nicht einmal weit abgetrieben, stellte Eri glücklich und aufgeregt fest. Er hatte einen Anhaltspunkt, der ihm die Richtung nach Hause wies.
    Aus dem Algenteppich ragten brodelnde Kamine des Vulkans, und Schlünde, aus denen glühendes Licht strömte, das sich wallend mit dem kalten Wasser mischte. Kein Wunder, dass es hier unten wärmer und vor allem hell war – es gab nichts, das kein Licht abgab. Bis auf die schwarzen Schlote vielleicht, doch auch sie spien ab und zu Funken.
    Und das also war tabu? Der Tod der Nauraka? Eri verstand es nicht. Sicher, die Reise hierher war alles andere als ungefährlich, lange und ermüdend, und lohnte sich vermutlich auch nicht. Aber warum durfte niemand sehen, dass es ganz unten in der Tiefe so viel Leben gab?
    Eri war froh, dass er nicht aufgegeben hatte. Glücklich streifte er durch den Algenteppich, entdeckte viele Lebewesen, von denen er nicht wusste, ob sie Tier oder Pflanze waren, auch uralte Korallen, knorrig und verschlungen, die scheue Geschöpfe beherbergten. Manche von ihnen waren nicht mehr als handspannenlang, ähnelten im Körperbau ihm selbst und musterten ihn aus großen dunklen Augen, aus sicherer Entfernung und im Schutz der Korallen. Andere waren größer, fast so groß wie er, besaßen aber statt Beinen einen Fischschwanz. Sie waren vielleicht die Vorfahren der Nices, die Eri vom Markt her kannte. All diese Geschöpfe waren ähnlich gesellschaftlich organisiert wie die Nauraka, denn sie schmückten sich, trugen Waffen und bauten sich künstliche Behausungen. Eri versuchte, mit ihnen zu sprechen, aber sie wichen ihm aus. Wenn sie antworteten, so konnte er es nicht hören. Er war hier unten genauso taub wie ein Landgänger in den oberen Wasserschichten. Kein Wesen hier wollte etwas mit ihm zu tun haben, niemand war neugierig. Also ließ er sie nach einer Weile in Ruhe. Und obwohl sein Magen erbärmlich knurrte, ließ er auch davon ab, sich einen Fisch zu fangen und zu verzehren.
    Eri lernte rasch, sich auf die Gefahren hier unten einzustellen – sobald die Polypen ihre fein gefiederten Arme einfuhren, duckte er sich schnell in den Teppich, der ihn weich streichelnd umgab, und spähte vorsichtig nach draußen. Doch bisher kam kein Räuber nahe genug; Eri sah einmal in weiter Ferne irgendetwas Riesiges vorbeiziehen, das von der Körperform her an einen Hecht erinnerte, aber viel bizarrer aussah.
    Das ganze Gebiet könnte ein eigenständiges Königreich sein. Vielleicht hatten einst die Vorfahren so residiert, weite Flächen des Grundes in Besitz genommen, und dann langsam in die Höhe gebaut. Onkel Turéor hatte behauptet, dass damals manche Städte von mehr als hunderttausend Nauraka bewohnt wurden. Auch die Stadt des Hochfürsten sollte auf den Ruinen einer älteren, einst viel größeren Siedlung errichtet worden sein.
    Eri strich dicht über dem Teppich dahin, auf den Vulkan zu. Es wurde Zeit, dass er nach Hause zurückkehrte. Hoffentlich hielt Luri ihn nicht schon für tot. Wahrscheinlich war sie ziemlich wütend auf ihn, wenn er zurückkam, weil er ihr so einen Schrecken eingejagt hatte. Aber er konnte sie sicher schnell versöhnen mit dem, was er ihr zu erzählen hatte …
    Nach einer Weile stellte er fest, dass die

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