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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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dann habe ich sie wieder in meiner Hand. Bis dahin mögen sie in trügerischer Freiheit ziehen, denn durch das Drachenauge bin ich über jeden ihrer Schritte informiert. Erenwin war lange genug in meiner Nähe, dass ich ohne sein Wissen eine Verbindung zur Perle aufbauen konnte, und sie …«, er lauschte kurz, »ja, sie funktioniert gut.«
    »Das könnte sogar von Vorteil für uns sein, Herr, denn sie führen uns zu möglichen Verbündeten.«
    Er nickte dem Hauptmann zu. »Wir machen weiter wie geplant, nur ein wenig früher. Ich werde bereits morgen in die Tiefe reisen.«
    »Sehr wohl, Herr«, sagte der Mann ehrerbietig und verbeugte sich.
    Berenvil schüttelte leicht den Kopf, er hatte immer noch Lurdèas Duft in der Nase und verspürte ein letztes trauriges Zucken in seinem Unterleib.
    Das amüsierte ihn plötzlich. Leise lachend verließ er den Saal.

    »Wenn du mich noch mal betatschst, junger Mann, wirst du es ziemlich bereuen!«, fauchte Lurdèa, während der Daranil sie zu dem Schiff trug, und sie kämpfte wütend mit der Verschnürung ihres Mieders.
    »A-aber das war doch keine Absicht«, beteuerte der Geflügelte und stierte immer noch fasziniert auf ihren Ausschnitt, den sie soeben verhüllte.
    »Pass lieber auf, wo du hinfliegst!«, schnappte sie und musste sich an ihm festhalten, als er tatsächlich die Plattform beim ersten Anflug verfehlte und noch einmal Schwung nehmen musste.
    Vom Schiff erklang Gelächter, und Lurdèa dachte bei sich, dass sie nicht noch tiefer sinken konnte.
    »Yahi, du Tölpel, wenn du meine Schwester nicht sofort sicher ablieferst, beiße ich dir die Flügel ab!«, brüllte Erenwin mit seiner neuen Drachenstimme.
    »Ist ja schon gut!« Yahi landete an der richtigen Stelle und setzte Lurdèa behutsam ab. »Du hast nie erzählt, wie schön sie ist!«
    »Helur weiß es«, knurrte Erenwin.
    »Na ja, und sie hatte … au!«
    Lurdèa verpasste dem jungen Daranil eine schallende Ohrfeige. »Eine Dame stellt man nicht derart bloß, du Rüpel!«
    »Alle Nauraka scheinen Temperament zu besitzen, nicht nur diejenigen, die sich in das verzerrte Abbild eines Drachen verwandeln.« Ein schwergewichtiger Daranil trat hinzu, der sich als Kapitän Fwyll vorstellte. »Zu Euren Diensten, edle Frau. Wie soll ich Euch anreden?«
    »Lurdèa«, sagte sie. »Ich habe inzwischen schon so viele Titel, das wird sonst zu unübersichtlich und dauert zu lange in der Anrede.«
    »Sie ist das pure Gegenteil zu dir, also muss sie wohl deine Schwester sein«, bemerkte Fwyll zu Erenwin.
    »Hab nie was anderes behauptet«, knurrte der. Seine Nüstern blähten sich weit, und er zuckte zusammen, griff sich an die Brust und taumelte zur Reling.
    Lurdèa hastete zu ihm. »Alles in Ordnung?«
    Er schüttelte den schweren Schädel. »Nein, Lurdèa«, keuchte er. »Es schreitet voran, und ich werde mich bald vergessen haben.« Er richtete die glasschwarzen, unheilvoll glühenden Augen auf den Kapitän. »Wir müssen uns beeilen, denn bald habe ich keine Kontrolle mehr über mich, und ich fürchte um eure Sicherheit.«
    »Die Meaglea ist das schnellste aller Schiffe«, versprach Fwyll. »Wir müssen keine Ruhepause einlegen und werden schnell wie der Wind das Meer erreichen.«
    »Aber wissen wir denn, wohin?«, fragte Lurdèa.
    »Nach Süden«, sagte Erenwin. »Ich weiß noch, wo ich an Land gegangen bin. Ich kenne die Farbe des Meeres.«
    »Ich dachte, du kannst keine Farben mehr sehen ...«
    »Nein. Aber ich kenne die entsprechenden Abstufungen in Grau. Ich weiß es!« Er fletschte die Zähne. » Sie weiß es. Sie führt mich, wie sie es all die Jahre über getan hat. Sie kennt den Weg nach Hause, und dorthin will sie nun gehen.«
    »Und was wird Berenvil unternehmen?«, wollte Fwyll wissen.
    »Er wird noch vor uns in Darystis sein«, antwortete Erenwin zähneknirschend. Speichel rann ihm aus dem Maul, tropfte auf die Planken und verdampfte zischend. Seine Schuppen glänzten feucht. »Wir werden in eine halb zerstörte Welt kommen, und er wird uns zwingen, uns ihm zu unterwerfen, bevor er auch noch den Rest vernichtet.«
    Yahi machte ein betroffenes Gesicht. »Was können wir für euch tun?«
    »Nichts«, antwortete Lurdèa anstelle ihres Bruders. »Diesen Kampf müssen wir allein durchstehen. Er bringt uns das Ende oder einen neuen Anfang.«
    »Das, was bleibt«, flüsterte Erenwin mit heiserer, zischelnder Stimme, und stampfte zum Bug des Schiffes. Von seiner Anmut war ihm nichts mehr geblieben, sein Schritt war

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