Nauraka - Volk der Tiefe
ich persönlich drastische Strafen verhängen!«
In Eris Ohren rauschte es immer noch, als Turéor ihn zu seinem Platz brachte.
»Dein Arm ist schwarz geworden«, bemerkte er, während das Mahl und die Unterhaltung eröffnet wurde. »Willst du immer noch behaupten, du hättest nichts aus der Stillen Tiefe mitgebracht?«
»Durchsuch mich doch«, knurrte Eri. »Ich habe dir damals nichts zu sagen gehabt, und jetzt habe ich dir auch nichts zu sagen.«
Doch als er am Abend die Schwarze Perle hervorzog, war sie nur noch halb so groß wie seine Handfläche, und die Schwärze hatte sich bis zu seiner Schulter ausgebreitet.
Es blieb nicht der einzige Vorfall dieser Art. Eri war aufbrausend und angriffslustig geworden. Der kleinste Anlass genügte, um ihn gewalttätig werden zu lassen. Jemuma vermutete, dass es das Wasser war, das Eri krank machte. »Karund ist Gift für ihn«, sagte sie kummervoll. »Ich erkenne meinen sanften, verträumten Prinzen nicht mehr wieder!«
»Ja, es liegt an diesem Ort und an dem, was er ausstrahlt«, stimmte Turéor zu. »Aber nicht allein.«
»Ich bin jedenfalls keiner dieser Kiemenflatterer da draußen«, brummte Eri. »Ich habe keine Angst vor Janwe, und ich trachte nur danach, wie ich ihn ausschalten und mich damit von dem Eid lösen kann, der mich an ihn bindet.«
»Wahrscheinlich hat dieser Eid zwischen euch ein Band geschaffen, das verflucht ist, von Janwe selbst herbeigeführt«, befürchtete Jemuma. »Du wirst ihm immer ähnlicher.«
Eri winkte ab. »Ich muss Luri befreien! Jeder Dämmerungszyklus, der vergeht, wird sie dem Untergang näherbringen. So lange schon ist sie gefangen, das kann sie irgendwann nicht mehr ertragen! Sie wird zerbrechen und zugrunde gehen, und das ist allein meine Schuld.«
»Dem ist nicht so, und das weißt du«, mahnte Jemuma.
Eri blickte zu Turéor auf. »Warum sind diese Leute hier nur so, Onkel? Warum gestatten sie Janwe, sie zu unterdrücken?«
»Sie haben mit der Zeit dem ständigen Druck nachgegeben und damit sich selbst aufgegeben. Sie haben das Letzte verloren«, antwortete der. »Das, was bleibt.«
»Keine Liebe«, stieß Eri hervor. »Das ist es, ich sage es dir. Sie ist allen verwehrt, und mir nicht weniger. Kann ich sie irgendwo finden, Onkel? Damit ich Heilung finde für mein Herz, das nur noch Hass und Wut empfindet?«
»Nun redest du genauso verworren wie dein Onkel.« Jemuma legte die Hand an seine Stirn. »Du hast Fieber«, sagte sie besorgt. »Eri, du bist sehr krank, und ich fürchte um deinen Verstand.« Entschlossen raffte sie ihr Gewand. »Jetzt werde ich das Ganze in die Hand nehmen!«
10.
Nur noch ein Korn
Luri fand keinen Weg hinaus. Sie hatte keine Möglichkeit, sich mit Eri in Verbindung zu setzen, auch Jemuma war nicht mehr erreichbar. Janwes Dienerinnen, die für sie sorgten, waren scheu und stumm, viele hatten Verstümmelungen. Sie lebten in einem nicht minder abgeschotteten Bereich wie dem ihrigen, angrenzend an Luris Gemächer tiefer im Fels, aus dem sie nie herauskamen. Die übrige Dienerschaft draußen wusste wahrscheinlich nicht einmal, dass sie hier existierten. Für sie gab es überhaupt keine Hoffnung, jemals ihrem Gefängnis zu entkommen. Sie würden ihren Herrn aus Angst niemals verraten und waren daher nicht bestechlich. Lediglich Rahi, ihre Leibdienerin, unterhielt sich mit ihr, doch nur über Belangloses. Luri merkte deutlich, dass diese Frau ihrem Herrn freiwillig treu ergeben war und alles für ihn tun würde – aus welchem Grund auch immer. Egal, was Luri tat, sie würde Rahi niemals für sich gewinnen können.
Dass sie alle Annehmlichkeiten hatte, in luxuriösen Gemächern lebte, von den Frauen verwöhnt wurde und nur feinste und exquisite Genüsse erhielt, konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie eine Gefangene war. Sie hatte keinen Ausblick nach draußen, nur in einen Innenhof, in dem sie ein wenig herumschwimmen und mit kleinen Phylotherae spielen konnte. Niemand sonst hielt sich hier auf, alles war streng abgeriegelt, ohne Schlupfloch oder selbst die kleinste Ritze zum Durchspähen.
Luri hatte überhaupt nichts zu tun, war gequält von Langeweile und entsetzlich einsam. Doch was sie noch mehr fürchtete als die Einsamkeit, waren Janwes Besuche, vor allem, wenn er mehrmals während eines Dämmerungszyklus zu ihr kam. Er schien ihrer nicht so schnell überdrüssig zu werden, wie sie erhofft hatte.
Die junge Fürstin war den unberechenbaren Launen ihres Gemahls völlig
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