Navy Seals Team 6
älter, zwischen 40 und 50. Anstatt seine Rettungsweste aufzublasen und zum Floß zu schwimmen, klammerte er sich an eine Kühlbox und trieb aufs offene Meer hinaus. Also musste ich ihm hinterherschwimmen und ihn ins Floß bringen. Auf einmal beschlich mich ein beunruhigender Gedanke: Was mache ich, wenn das russische U-Boot unter uns auftaucht?
Eine Lockheed S-3 Viking, ein Düsenjet zur Unterseebootbekämpfung, flog über uns. Mit ihrem tiefen Brummen klang sie wie ein Staubsauger. Das Flugzeug kehrte in einem 90-Grad-Winkel zu uns zurück und hielt vermutlich unsere Position fest. 30 Minuten später tauchte ein Hubschrauber auf. Ich schnappte mir den grünen Seewasserfärber, der wie ein Stück Seife aussah, und zog ihn um das Floß herum durchs Wasser. Nun waren wir ein großes, leuchtend grünes Ziel und für den Hubschrauber gut zu erkennen.
Der Hubschrauber kam ganz nahe an uns heran und ich signalisierte, dass ihr Schwimmer nicht abspringen sollte. Ich schloss das Visier an den Helmen der Piloten, damit das Meerwasser, das die Rotorblätter des Hubschraubers aufwirbelten, nicht in ihre Augen geriet. Dann brachte ich alle zur Rettungswinde und ließ mich selbst mit dem letzten Mann nach oben ziehen.
Nach dem Adrenalinstoß, den mir der Absturz, das Verfolgen des anderen Schwimmers und die Arbeit an der Rettungswinde versetzt hatten, war ich erst einmal erschöpft. Im Hubschrauber gab mir mein Kumpel Dan Rucker, ebenfalls ein Schwimmer des Such- und Rettungsdienstes, zu verstehen, dass ich alles richtig gemacht hatte.
Unser Rettungshubschrauber landete auf dem Flugzeugträger. Als wir ausstiegen, jubelten alle, klopften mir auf den Rücken und gratulierten mir zur erfolgreichen Rettung. Als ich über das Deck ging, trug ich meine Flossen und sah wie ein richtiger Held aus – bis auf meine Unterhosen. Sie waren nämlich nicht mehr weiß, sondern leuchteten neongrün. Mein ganzer Körper war durch den Seewasserfärber grün gefärbt. Es war unglaublich peinlich. Ich hätte eine Million Dollar gegeben, um in meinem kompletten Taucheranzug dazustehen. Zu meinem großen Entsetzen musste ich mir später auch noch ein Video von meiner Ankunft ansehen.
Einige Wochen, bevor mein aktiver Dienstvertrag mit der Marine auslief, fielen mir fünf Mitglieder einer Einheit auf, von der ich noch nie gehört hatte: die SEALs. Heute kann ich sagen, dass es sich dabei noch nicht einmal um ein normales SEAL-Team mit sieben oder acht Mitgliedern gehandelt hatte. Vermutlich war es ein Lasereinsatzteam: zwei Laserzielzuweiser, zwei Aufklärer und der befehlshabende Leutnant, der sich wahrscheinlich auch um die Kommunikation kümmerte. Da sie sich am Liegeplatz des Such- und Rettungsdienstes aufhielten, stellte ich ihnen einige Fragen über die SEALs.
Im Zweiten Weltkrieg bildete die Marine die ersten Froschmänner aus, um auszukundschaften, welche Strände sich für amphibische Landungen eigneten. Bald lernten sie, wie man Konstruktionen unter Wasser abreißt und so Hindernisse aus dem Weg räumt, und wurden Underwater Demolition Team (UDT) genannt. Im Koreakrieg erweiterte das UDT seine Kenntnisse, wagte sich ins Landesinnere vor und jagte Brücken und Tunnel in die Luft.
Nach den kommunistischen Aufständen in Südostasien erkannte Präsident John F. Kennedy – der im Zweiten Weltkrieg selbst bei der Marine gewesen war –, dass die USA unkonventionelle Kämpfer brauchten. Die Marine stellte eine Einheit zusammen, die vom Meer aus, aus der Luft und vom Land aus operieren konnte, und stützte sich dabei stark auf die UDTs. Die Einheit sollte SEAL heißen, ein Akronym aus SEa, Air und Land. Am 1. Januar 1962 wurden die SEAL Teams One (Coronado/Kalifornien) und Two (Little Creek/Virginia) geboren.
Einer der ersten SEALs war Rudy Boesch, ein New Yorker, der schon das UDT-21 geleitet hatte. Mit seinem perfekten Bürstenschnitt übernahm er das physische Training (PT) des neuen SEAL Team Two. Auf seiner Erkennungsmarke stand sogar »PT« unter Religionszugehörigkeit. Um in Form zu bleiben, spielte Rudy mit seinen Teamkollegen stundenlang Fußball – und zwar mit 32 Spielern in jeder Mannschaft. Beinbrüche waren keine Seltenheit. Mit den unterschiedlichsten Taktiken versuchten die SEALs, sich vor Rudys Trainingsläufen zu drücken – sie erfanden Ausreden, kehrten von der Toilette nicht zurück oder versteckten sich während der Läufe im Gebüsch.
Rudy war auch der Leiter des 10. Platoons, der am 8. April 1968 den 7.
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