Navy Seals Team 6
diesem Bewerbungsgespräch.
Die Gespräche wurden hauptsächlich von älteren SEALs geführt – echten Einsatzkräften des Team Six. Sie benahmen sich sehr professionell und stellten mir viele Fragen über meine Sicht der Dinge. Und über den Kampf, in den ich verwickelt gewesen war. »Was sind Ihre Schwächen? Woran müssen Sie arbeiten?« Für einen jungen SEAL ist es schwer, diese Dinge offen anzusprechen. Doch wenn man seine Schwächen nicht erkennt und nicht an ihnen arbeiten will, wie soll man dann vorankommen?
Einer versuchte, mich aus der Reserve zu locken: »Trinken Sie gerne?«
»Nein.«
»Aber sie gehen mit den anderen ab und zu mal einen trinken.«
»Ja.«
»Sie reden Blödsinn.«
»Nein.«
»Trinken Sie viel?«
»Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Ich kann nur sagen, dass ich mich nicht betrinke.« Ich trank nicht, um gut drauf oder betrunken zu werden. »Wenn meine Kumpels in die Stadt fahren und einen trinken, dann bin ich in 99 Prozent der Fälle dabei. Aber wenn wir einen Job haben, trinken wir nicht. Ich weiß also nicht, wie ich diese Frage beantworten soll. Ich trinke nicht, um betrunken zu werden. Ich trinke, wenn ich mit meinen Kumpels zusammen bin.«
Er lächelte schief. »Okay.«
Ich verließ den Raum und fragte mich, wie ich wohl abgeschnitten hatte. Der Auswahlprozess und die Gespräche waren eine unglaubliche Erfahrung. Später sagte ein Stabschef zu mir: »Das war das beste Bewerbungsgespräch, das ich je gesehen habe.«
»Aber ich bin erst seit zweieinhalb Jahren in den Teams.«
»Sie haben genug Einsatzerfahrung. Ich bin mir sicher, dass das auch eine Rolle spielt.«
Wenn ich nicht an Desert Storm teilgenommen hätte, hätte ich wahrscheinlich noch zweieinhalb Jahre warten müssen.
Zwei Wochen später rief Skipper Norm Carley Smudge, DJ und mich in sein Büro. Er sagte uns, wann wir uns beim Green Team einfinden sollten, in dem die Kandidaten für das SEAL Team Six ausgewählt und ausgebildet wurden. »Herzlichen Glückwunsch. Ich lasse euch nur ungern gehen, aber beim SEAL Team Six werdet ihr einen Mordsspaß haben!«
Teil zwei
Es ist viel besser,
den Fluss mit sieben tollen Typen
als mit 100 Idioten hinaufzufahren.
– Colonel Charlie A. Beckwith, Gründer der Delta Force
8.
SEAL Team Six
Das Green Team diente der Auslese – einige von uns würden den Kurs also nicht bestehen. Die meisten von uns waren zwischen 30 und 40 Jahre alt. Ich war genau 30. Die Ausbilder stoppten unsere Zeiten beim Laufen und Schwimmen. Wir übten Landkriegsführung, Fallschirmspringen und Tauchen – aber auf noch höherem Niveau. Zum Beispiel machten wir in vier Wochen ungefähr 150 Fallschirmsprünge: im freien Fall, HAHO, Kappenformationen usw. Auf unserem Stundenplan standen auch Freiklettern, unbewaffneter Kampf, defensives und offensives Fahren und Überlebens-, Ausweich-, Widerstands- und Fluchttraining, nach den englischen Begriffen » Survival « , » Evasion « , » Resistance « und » Escape « SERE-Training genannt. Wir lernten zwar auch, wie man ein Auto aufbricht und den Motor mit einem Schraubenzieher zum Laufen bringt, doch meistens beschäftigten wir uns damit, wie man ein Fahrzeug lenkt und daraus schießt. Die Ausbilder bewerteten unsere Leistungen und gaben uns für alles Punkte. Am Ende bekamen wir die Gesamtwertung und unseren Platz mitgeteilt.
Am leichtesten fand ich den Hindernislauf, am schwersten den Nahkampf auf John Shaws Schießanlage. Wir lernten nicht, wie man ein Schloss öffnet, sondern wie man die Tür aus den Angeln bläst. Wir gaben jeden Tag Tausende von Schüssen ab. Ich erfuhr, dass das SEAL Team Six in einem Jahr mehr Geld für 9-mm-Patronen ausgab als die gesamte Marineinfanterie für ihre Munition.
Ich lernte den Nahkampf auf einem ganz neuen Niveau. Obwohl ich bereits ein SEAL war, hatte ich noch nie gekämpft wie das SEAL Team Six. Bei einer Übung mussten wir ein Zimmer betreten, die Ziele angreifen, durcheinanderschießen, laufen und auf ein unbewegliches Ziel schießen. Die Ausbilder bauten die Zimmer ständig um: groß, klein, quadratisch, rechteckig, Feind oder Freund. Auch die Möbel in den Zimmern stellten sie immer wieder neu zusammen. Wir wurden die ganze Zeit überwacht. Zudem filmten uns die Ausbilder und zeigten uns später die Aufnahmen.
Bobby Z., ein großer, blonder Typ, und ich waren fast immer gleich schnell. Manchmal waren wir so nah beieinander, dass ich spürte, wie der Druck aus seiner Mündung
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