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Nayidenmond (German Edition)

Nayidenmond (German Edition)

Titel: Nayidenmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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schwankender Stimme. Er zog ihn ganz dicht an sich heran, nahm sein Gesicht zwischen die Hände und streichelte ihm zärtlich über die Wangen. Rouven schloss die Augen, streckte sich, bis sich ihre Lippen berührten. Ganz leicht nur, und doch war es wie ein Blitzschlag, der sie spürbar beide traf. Iyen wollte zurückweichen; rasch schlang ihm Rouven die Arme um den Nacken und zwang ihn zu sich herab. Sie kosteten einander, erforschten gemeinsam das neue Gefühl. Rouven hatte vor seiner Entführung häufig Mädchen geküsst, erst aus Neugier, später dann, um keinen Verdacht aufkommen zu lassen, er könnte irgendwie anders sein … Denn schon immer hatte er sich heimlich nach Männern umgedreht. Ihnen auf diese Weise nahe gekommen war er nie. Auch, wenn man Männer, die das eigene Geschlecht liebten, nicht mehr den Todesgeistern opferte, akzeptiert wurde es nicht.
    Das hier, es war so gut, so richtig! Aber ob es für Iyen ebenso galt?
    Zaghaft schob er seine Zunge vor, berührte Iyen ganz sacht an den Lippen, erwartete fast, weggeschubst zu werden. Doch Iyen nahm die Einladung an und drang leidenschaftlich in Rouvens Mund ein. Seine Hände strichen über Rouvens Rücken, liebkosten ihm die erhitzte Haut. Rouven schmolz dahin, verlor sich in dem Kuss, der allein genügte, um ihm die Sinne zu rauben.
    Als sie sich voneinander lösten, atmeten sie beide schwer. Überwältigt lehnte sich Rouven an Iyens Schultern, der nicht weniger aufgewühlt zu sein schien als er selbst. Sein ganzer Körper kribbelte vor Erregung, in seinen Lenden pochte Lust, die nach Erfüllung verlangte.
    „Ich darf das nicht!“, flüsterte Iyen verzweifelt, ließ ihn aber nicht los.
    „Warum?“ Rouven streichelte ihm über die Brust, fühlte die zahllosen Narben, die die Legende dieses Kriegers erzählten.
    „Ich bin unrein. Ich bin ein Oshanta. Meine Hände bringen nichts als den Tod“, wiederholte er das Mantra, das wohl sein ganzes Leben bestimmt hatte.
    „Das ist nicht wahr! Deine Hände haben Heilung gebracht, Trost, Hilfe, Wärme … und Lust. Du hast so viel für mich getan!“
    „Trotzdem bin ich unrein. Ich dürfte dich nicht einmal berühren, wenn ich wirklich so etwas wie Ehre besitzen würde, ich beschmutze dich.“
    Rouven klammerte sich an ihn, zwischen Angst und Wut schwankend. Er wusste, er wurde abgewiesen, wollte es nur nicht wahrhaben. „Ich bin keine Frau. Du darfst mich haben!“, sagte er herausfordernd. Iyen zuckte zusammen, als er diese Worte hörte, die Bero damals gesprochen hatte.
    „Du bist ein Prinz, du hast etwas Besseres verdient.“
    „Du bist der beste Mann, der mir jemals begegnet ist. Ich wollte schon vor sechs Jahren von dir berührt werden, aber da war ich noch zu tief verwundet.“
    „Ich – Rouven, sei vernünftig. Ich habe dir das Leben gerettet, das lässt dich glauben ...“
    „Nein! Dankbarkeit allein hält nicht über sechs Jahre.“ Er streckte sich wieder, versuchte ihn zu küssen, doch Iyen wandte sich ab. So traurig sah er dabei aus, er zeigte seinen Kummer offen, im fahlen Mondschein erkennbar. Einen Moment lang nur, dann verschloss er sich wieder vor ihm. In Rouven zog sich alles zusammen. Konnte es wahr sein? Wieso verlor er ihn ausgerechnet jetzt, in diesem Augenblick, wo sie endlich zueinandergefunden hatten?
    „Schick mich nicht weg, bitte!“, flehte er ohne Hoffnung. „Ich brauche dich! Ich kann nicht ohne dich leben.“
    Iyen rührte sich nicht, gab kein Zeichen, dass er ihn überhaupt gehört hatte. Ausdruckslos starrte er an ihm vorbei.
    „Tu mir das nicht an!“, schrie Rouven und schlug ihm gegen die Brust. „Ich weiß, dass du mich willst, dass du mich bereits damals wolltest. Sei nicht zu feige, es vor dir selbst zuzugeben!“ Er sprang auf, voller Wut und Trauer kämpfte er gegen die Tränen, die er einfach nicht zulassen konnte.
    „Es gibt keine andere Möglichkeit“, sagte Iyen hinter ihm. Eine Ahnung von Trauer schwang in seinem sonst so harten Ton mit. „Es würde uns beide zerstören, wenn wir unseren Trieben nachgeben und dann letztendlich doch getrennt werden. Du und ich, wir können nicht zusammenleben.“
    Rouven schluckte all die scharfen Erwiderungen herunter, die ihm dazu einfielen, und lief in die Dunkelheit des Waldes hinein.
    „Mach jetzt nichts Unüberlegtes!“, rief Iyen ihm nach, holte ihn ein, hielt ihn am Arm zurück.
    „Das habe ich nicht vor. Lass mich los!“, fauchte Rouven. „Ich muss mich … Lass mich! Lass mich einfach, ich bleibe

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