Nazigold
zahlt
dafür.«
»So viel wird das nicht sein.«
»Außerdem verdien ich als Dolmetscherin bei den Amis. Die zahlen
nicht schlecht.«
»Ist der BMW draußen dein Wagen?«
»Natürlich. Den hab ich von den Amis. Willst du einen Cognac oder
einen Whisky?«
»So teure Getränke.«
»Ach was, das krieg ich alles von den Amis geschenkt.«
»Auch den BMW ?«
»Ja, auch den BMW .«
»So einfach geschenkt?«
Sie will ihm Whisky einschenken, doch er wehrt ab. Whisky hat er
schon am Vormittag mit der Putzfrau im »Crazy Horse« getrunken. Er will lieber
einen starken Kaffee, einen richtigen kräftigen Muckefuck.
Theres springt auf und geht zum Küchenschrank. Gropper denkt, dass
sie nun wie früher die alte hölzerne Kaffeemühle rausholt, die Getreidekörner
in den Metalltrichter schüttet, die Mühle zwischen ihre Knie klemmt und den
Schwengel dreht, dass die Körner beim Mahlen krachen, als wären es
Kaffeebohnen. Aber nein, sie holt eine Dose Nescafé aus dem Schrank, gibt einen
Teelöffel davon in eine Tasse und gießt aus dem Elektrokocher heißes Wasser
darauf.
Dann tischt sie auf: amerikanische Hühnersuppe aus der Dose,
Corned-Beef, Pancakes mit Ananasmarmelade und ein Ami-Ale aus der Dose. Früher
gab es bei ihr Leberknödelsuppe oder Griesnockerlsuppe und eine dicke Scheibe
restlichen Schweinebraten vom Gschwandtner, schwarz geschlachtet, mit einer
kräftigen Soße, in der geröstete Brotwürfel schwammen.
Nur eins ist geblieben: Sie stellt ein Stamperl Enzianschnaps auf
den Tisch.
»Ich hab niemandem erzählt, dass du kommst«, sagt sie, während sie
sich zuprosten. »Aber sicher haben dich schon einige Leute gesehen.«
»Ich hab den Lingl Mucki getroffen und die Rohrmoserin.«
»Dann wissen schon alle im Ort, dass du da bist.«
»Und natürlich unseren Korbi.«
Theres macht eine wegwerfende Handbewegung. »Dem Depp glaubt sowieso
keiner.«
Nach einer Pause fragt Gropper: »Weißt du, wo Wilma wohnt?«
»Deine Wilma?«
Er nickt.
»Die hab ich schon lange nicht mehr gesehen.«
»Weißt du, wo sie wohnt?«
»Willst du sie wiedersehen?«
»Natürlich.«
»Warum denn?«
»Wenn ich schon hier bin.«
»Keine Ahnung, wo sie wohnt. Keine Ahnung. Vielleicht ist sie gar
nicht mehr in Mittenwald.«
»Ich war bei ihrer früheren Arbeitsstelle und wo die Metzgerei
damals war.«
Theres winkt ab. »Vergiss es.«
»Du warst doch auch mit ihr befreundet. Hat sie dir nicht gesagt, wo
sie hingezogen ist?«
»Ich weiß es wirklich nicht. Das würde ich dir schon sagen,
Brüderchen. Ich weiß doch, wie du noch an ihr hängst.«
»Und ihre Eltern?«
»Bis Kriegsende hatte er noch die Metzgerei. Bis dahin war auch sie
noch hier. Aber gleich Anfang Mai voriges Jahr war der Laden geschlossen und
die ganze Familie weg. Kein Wunder. Er war doch ein fetter Nazi. Hat über das
Schaufenster ›Deutsche Metzgerei‹ gepinselt. Fehlte nur noch der Zusatz:
›Koteletts von rein arischen Schweinen‹.«
»Wohin könnte sie gezogen sein?«
Theres zuckt mit den Achseln.
»Hat sie geheiratet, während ich weg war?«
»Da war wohl ein Mann, mit dem ich sie öfters gesehen hab. Aber ob
die was miteinander hatten – keine Ahnung.«
»Ich würde sie so gern wiedersehen.«
»Brüderchen, sei vernünftig. Die Sache mit euch ist aus. Schmink dir
die Wilma ab. Ihr habt euch als Jugendliche geliebt, ja, war schön. Aber jetzt
bist du verheiratet, und sie hat sicher einen Mann. Du wirst sie verschmerzen
können. Also Ausäpfeamen.«
Wieder tritt eine Pause ein. Beide hängen ihren Gedanken nach. Sie
schenkt ihm nochmals das Stamperl voll Enzianschnaps, er leert es mit einem
Schluck.
Nach einem kurzen Hustenanfall fragt er: »Woher hatte der Nafziger
das Geld für seinen Luxusschuppen? Der hat doch ein Vermögen gekostet. Wieso
war er so reich, jetzt, in dieser Zeit?«
»Woher er das Geld für das Lokal hatte, das weiß ich nicht. Ich weiß
nur, dass er mit der Bude wahnsinnig viel Geld machte.«
Sie führt ihn in den Keller. Am Ende der Holztreppe steht in einer
Ecke ihr altes, verrostetes Fahrrad, die Reifen platt. Daneben hängen alte
Uniformteile vom Reichsarbeitsdienst.
»Von meinem Mann«, erklärt sie. »Die hängen seit 1940 da. Nach
Kriegsende wollte ich die Jacke, die Hose und den Mantel eintauschen gegen
Lebensmittel, aber dann erhielt ich von den Amis andere
Verdienstmöglichkeiten.«
Sie schließt einen kleinen Raum auf. Im Winter lagerten hier früher
auf Lattengittern Kartoffeln und Blaukrautköpfe
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