Nazigold
ein Bein im Rüssel. War ganz schön grauslich.
Hab ich noch nie erlebt. Ich hab noch mehr an dem Schlauch gezogen, da kam der
Mann zum Vorschein. Der hat richtig in der dicken Scheiße gesteckt. Ich hätt
beinah kotzen müssen.« Er wischt sich über die Stirn. »Haben Sie einen Schnaps?
Sonst fall ich jetzt vom Stuhl.«
Mit weichen Knien steht Gropper auf und geht nach nebenan zu
Buchner. »Ich brauch einen Schnaps für meinen Zeugen. Sonst müssen wir die
Sanitäter holen.«
Wortlos greift Buchner in ein Fach seines Schreibtisches und holt
eine Flasche Enzian und ein Stamperl hervor.
»Gib mir auch eines für mich. Hab’s nötig.«
Sonnleitner und Gropper schlucken ex. Dann erzählt der Fäkalfahrer
weiter. »Zuerst wollt ich den Nafziger aus seiner Villa holen. War ja
schließlich seine Odlgrube. Aber er wollte nicht kommen. ›Das geht mich nichts
an‹, sagte er. ›Das ist die Scheiße der Flüchtlinge.‹ In seinem alten Haus
wohnten nämlich schon seit ein paar Tagen alle möglichen Flüchtlinge. Da hab
ich die Amerikaner geholt. Unsere Gendarmerie gab’s ja zu der Zeit noch nicht.
Die Amis kamen auch und haben sich die Sache angesehen. Haben aber die
Scheißleiche nicht angefasst, sondern andere Männer geholt. Die haben dann den
Mann mit Stangen und Brettern herausgeholt. Von dem hat man nichts mehr
erkennen können, Gesicht und so. Anzug sowieso nicht. War kein Mensch mehr, was
die da rausgezogen haben. Ich hab das nicht mehr sehen können und bin
weggefahren. Mir war ganz elend den ganzen Tag, und hab einen Schnaps nach dem
anderen gesoffen.«
Sonnleitner schenkt sich noch zwei Gläser ein und stürzt sie
hinunter. »Kann ich jetzt gehen?«
Schwankend geht er hinaus. Auch Gropper kippt noch einen Enzian und
stützt den Kopf in seine Hände. Es schüttelt ihn, als er daran denkt, wie
dieser Mann ausgesehen haben mag.
Leise klopft es an die Tür, und schüchtern tritt Fanny Jais ein.
»Grüaß Good, Hea Kommissär.«
Gropper sieht auf die Uhr. »Pünktlich auf die Minute.«
»Jamei, des bin i so a Lebn lang gwohnt.«
Er erkennt sie fast nicht wieder, so schön hat sie sich gemacht zur
Vernehmung. Sie trägt ein weites rosafarbenes Kleid und um die Schultern ein
langes dunkles Halstuch mit kleinen Röschen und langen Fransen. Ihre Haare hat
sie nach hinten zu einem Dutt zusammengebunden.
Ängstlich bleibt sie im Zimmer stehen, umklammert mit den Händen
ihre alte, bunt bestickte Gobelinhandtasche und setzt sich erst, als Gropper
ihr den Stuhl anbietet.
»Herzklopfn hab i, Hea Kommissär.«
»Sie brauchen nicht aufgeregt zu sein«, sagt er beruhigend.
Sie öffnet den Schnappverschluss ihrer Handtasche, holt ein zartes
weißes Tüchlein hervor und wischt sich damit die Nase. Zerknüllt hält sie das
Taschentuch in der Faust.
»I wa nämlich noch niea auf soner Befragung aufm Revier.«
Wieder wischt sie sich kurz die Nase.
»Wie geht’s denn mit Ihrer Arbeit?«
»Bis jetz putz i weita. Auch obn de Zimma. De san ja jetz wieda in
Betrieb. Vorerst is ja die Lucretia no meine Chefin. Aba i glaub net, dass i
bleiben kann. De wead mi rausschmeißn. De mog me nähmli net.«
»Sie hatten bei unserem Gespräch am Samstag angedeutet, dass die
Lucretia vielleicht den Nafziger umgebracht hat.«
»Da hab i scho vui zvui gsagt. Des sag i net wieda.«
»Warum nicht?«
»Weil i Angst hab, dass se mia was otuat.«
»Was sollte sie Ihnen antun?«
»Wenn des rauskommt, dass i des gsagt hab, schmeißt se mi glei raus
un no Schlimmres.«
»Das kommt nicht raus.« Er zeigt nach oben zur Lampe und macht mit
seinem rechten Zeige- und Mittelfinger die Bewegung einer Schere. Fanny
versteht und grinst.
»Deafn Se des denn?«
»Nein.« Gropper grinst ebenfalls.
»Se Schlawiner, Se«, lobt sie ihn bewundernd.
»Also was ist mit der Lucretia?«
Fanny zögert einen Augenblick, dann überwindet sie sich.
»Wahrscheins wollt se sich des Geld unter den Nagel reißen.«
»Was für Geld?«
»Sein ganzes Vermögen. Alles, was er zur Seite gschafft hat. Des hat
ea vasteckt.«
»Wo?«
»In seim Kella. Da gibt’s a kloane abgschlossne Kamma.« Sie
beugt sich zu Gropper hinüber und flüstert geheimnisvoll: »Wahrscheins is da a Goid
drin. Vui Goid.«
»Was für Gold?«
Sie zuckt mit den Schultern. »I hab so was ghört. Aba dazu hat
nua ea den Schlüssel ghabt.«
»Und den hat jetzt die Lucretia.«
»Freili. Alles hat sie. Nur sein Buick, den ham die Amis gleich nach
seim Tod
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