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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kohl
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Buchner, der in dem
Moment hereinkommen will, rennt sie fast um.
    »Was hat sie gesagt, das Draculaweib?«, fragt er.
    »Höchst Interessantes. Wir haben sie. Anstiftung zum Mord,
vielleicht sogar Beihilfe. Du musst sie festnehmen. U-Haft. Besorg dir vom
Garmischer Richter den Haftbefehl. Dringender Tatverdacht.«
    Buchner verzieht das Gesicht. Er scheint sich zu winden.
    »Fluchtgefahr besteht nach meiner Meinung nicht«, räumt Gropper ein.
»In ihrem Keller liegt Gold. Das will sie doch nicht anderen überlassen.«
    ***
    Ein Donnerschlag reißt Gropper aus dem Schlaf. Zuerst glaubt er,
diesen mächtigen Krach nur geträumt zu haben. Aber dann hört er Regen auf sein
Dachfenster prasseln. Da fällt ihm ein: Er hat die Luke offen gelassen. Jetzt
ist er hellwach und springt aus dem Bett. Prompt steht er mit seinen nackten
Füßen im Wasser und wäre beinahe ausgerutscht. Verflucht noch mal! Im Dunkeln tastet
er auf dem Nachttisch nach seiner Taschenlampe, findet sie aber nicht.
»Kruzifixherrgottsakrament!«
    Da schenkt ihm der Herrgott auf seinen Fluch hin tatsächlich eine
himmlische Erleuchtung: einen Blitz. Für den Bruchteil einer Sekunde ist seine
Dachkammer von grellweißem Licht erfüllt. Zeit genug, um auf dem Nachtkasten
seine Taschenlampe zu entdecken. Sofort ist es wieder stockfinster im Raum, und
neuer Donner kracht durch die Luft, so schmetternd, dass er glaubt, den Schlag
auf seinem Körper zu spüren. Der Blitz muss ganz in der Nähe eingeschlagen
sein. Der Regen knallt wie Kiesel auf das Fenster, gepeitscht von mächtigen
Sturmböen. Im Schein seiner Taschenlampe kann Gropper sehen, wie das Wasser
über das Sims an der Wand hinunter auf den Boden strömt. Die Bretter sind
völlig überschwemmt. Er muss durch das Wasser patschen, um einen Stuhl
heranzuholen. Erst vom Stuhl aus kann er die Dachluke schließen. Kaum hat er
den Fenstergriff in der Hand, zischt ein neuer Blitz herab, gespalten in
zerstreute, zuckende Fasern. Im blendend weißen Licht sind kurz die
Gewitterwolken und die Spitzen des Karwendel zu sehen. Gleich darauf ist wieder
alles schwarz, und ein krachender Donnerschlag lässt die Luft erzittern. Nur
mit Mühe kann er das Dachfenster gegen den Sturm zudrücken. Trotzdem rinnt
immer noch Regen durch. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als das Fenster mit
seinen beiden Handtüchern abzudichten. Sofort sind sie pitschnass.
    Dann ist das Haus plötzlich voller Geschrei und Gerenne. Im Schein
seiner Taschenlampe stolpert Gropper zur Tür und öffnet sie. In den beiden
Etagen unter ihm laufen die Bewohner aufgeregt schreiend umher. Im Treppenhaus
leuchten Taschenlampen. Die Sicherungen hat es herausgehauen. Alle rufen nach
Wondratschek.
    Gropper geht zurück in sein Zimmer. Das Wasser auf dem Boden lässt
er stehen. Er hat keine Putzlappen, um es aufzuwischen.
    Pfeif drauf, ist nicht meine Bude, grollt er. Soll es doch
durchlaufen in das Zimmer unter mir.
    Am Betttuch trocknet er seine Füße ab und legt sich nieder. Draußen
schlagen weiter die Sturmböen gegen das Fenster und klatscht der Regen auf das
Glas. Er sieht die Blitze an der Decke und an den Wänden aufflackern und wartet
auf den nachfolgenden Donner. Er zählt die Sekunden dazwischen. Oft kommt er
nicht mal bis eins. Dann bis zwei, bis drei, bis vier. Als Kinder haben sie
auch so gezählt, er und Theres. Und je weiter sie mit dem Zählen kamen, umso
weiter hatte sich das Gewitter entfernt, und sie atmeten erleichtert auf.
    Er erinnert sich an ein heftiges Gewitter, das er einmal als Kind in
Mittenwald erlebt hat. Da schlug der Blitz ganz nah von ihm in einen hölzernen
Telegrafenmast ein. Er hörte nur ein ohrenbetäubendes Zischen, so scharf und so
laut, als wäre eine Rakete dicht an seinem Ohr vorbeigesaust. Gleißendes Licht
blendete ihn, und zugleich knallte der harte Donner. Der Mast sank nieder und
riss die Drähte mit sich herab. Nach diesem Schreck sah er sich im Regen die
Reste des Mastes an. Sie waren völlig verkohlt. Als er sie anfasste, zerfielen
sie in seiner Hand zu schwarzer Schmiere.
    Er hat in seiner Kindheit noch ein anderes, noch viel gewaltigeres
Gewitter erlebt. Auf einer weiten Wiese wendeten seine Eltern, Theres und er
das Heu. In der Ferne sahen sie die dunklen Wolken heranziehen. Die sind noch
weit weg, dachten sie. Doch der Wind wurde plötzlich kräftiger, und die
schwarzen Wolkenberge kamen so schnell näher, dass sie alles liegen ließen und
zu einem nahen Heustadl rannten. Kaum hatten sie ihn

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