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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kohl
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bin ich doch los. War schlecht. Der See war noch ganz aufgewühlt.«
    »Welcher See?«, fragt Gropper.
    »Der Walchensee.«
    »Sie wissen, dass die Amerikaner das Angeln verboten haben. Auch im
Walchensee.«
    »Mir wurscht«, sagt der Alte. »Da bin ich dann hinübergerudert auf
die Insel.«
    »Warum zur Insel?«
    »Weil ich da meine Ruh hab und mich kein Ami erwischen kann.«
    »Der Bürgermeister hat das Betreten von Sassau verboten.
Naturschutzgebiet.«
    »Der Sattler kann mich mal. Außerdem hätt ich dann nicht die Leich
gefunden.« Er sagt das so, als müsste der Herr Kommissar ihm dafür dankbar sein,
dass er verbotenerweise angeln wollte und dabei für ihn die Leiche entdeckt
hat.
    »Und weiter?«
    »Schon beim Hinüberrudern hab ich drüben viele Möwen gesehen. Sie
kreisten über dem Schilf, stürzten hinein, flogen wieder hoch und stürzten
wieder in das Schilf. Und das mit einem Gekreische, da wusste ich: Da liegt ein
dicker Fisch, von dem sie fressen. Den schau ich mir mal an. Drüben angekommen,
ging ich zu der Stelle. Wie ich so am Wasser entlangging, sah ich schon, dass
der Sturm in der Nacht allerhand altes Zeugs angeschwemmt hat. Alles mögliche
alte Gelumpe. Und dann hab ich sie da liegen sehen, die Leich. Halb noch im
Wasser, halb auf dem Kies. Grausam hat sie ausgesehen. Angefressen von den
Möwen und auch sonst grauslich zugerichtet. Ich hab schon so manches
Angeschwommene gesehen, aber so was noch nie. Ich hab gar nicht hinschauen
können. Da bin ich gleich zurück zum Bootshaus gerudert und mit meinem Motorrad
hierhergefahren.«
    Sofort fahren beide zur Insel. Der Alte mit seinem alten NSU -Motorrad voraus, Gropper mit Buchners DKW hinterher. Auf der Landstraße zersägen Arbeiter
umgestürzte Bäume und räumen die zerteilten Stämme und Äste weg. Überall liegt
Kleinholz herum. Man winkt sie an den Hindernissen vorbei, langsam umfahren sie
die Stellen.
    Sie kommen durch Krün und Wallgau. Vor Einsiedl biegen sie rechts ab
auf die hubbelige Piste, die am südlichen Ufer des Walchensees entlangführt.
Gropper immer hinter dem Motorrad her. Diese Uferstrecke war immer schon
schwierig und gefährlich. Regelmäßig wird sie von Unwettern, Sturzbächen aus
dem Altacher Gebirge und Erdrutschen verwüstet, sodass sie sich an manchen
Stellen gefährlich zum See hin neigt. Die linke Straßenseite bricht an mehreren
Stellen direkt zum Wasser hin ab, Befestigungen sind nicht angebracht. Nun,
nach dem Gewitter, ist die Piste noch stärker verwüstet als sonst und fast
nicht mehr befahrbar. Vorsichtig steuern sie ihre Fahrzeuge so weit wie möglich
nach rechts, um nicht links in den See hinabzurutschen. Nur sehr langsam dürfen
sie die Abschrägungen überqueren. Trotzdem glitschen Motorrad und Pkw manchmal
zum See hin weg und kommen nur mühsam wieder in die Spur.
    Bei Niedernach biegen sie nach links ab zum östlichen Ufer. Auch
hier kommen sie nur sehr langsam voran. Die Fahrbahn ist nun ein Feldweg. Der
alte Mann kann den großen Schlaglöchern auf seinem Motorrad wendig ausweichen,
Gropper aber muss mit seinem Wagen vorsichtig durch sie hindurch, um keinen
Achsenbruch zu riskieren. Nur im Schritttempo kann er dem Motorrad folgen.
    Da sieht er kurz vor dem Bootshaus beim Steineck den alten Strasser
arbeiten. Dass es den noch gibt! Nach sieben Jahren sieht er ihn wieder, hier
in dieser verlassenen Gegend.
    Strasser sieht von seiner Schubkarre auf, als Gropper neben ihm
anhält. »Ja, was is des? Da schaugst, der Martl!« Er zieht seine alte Kordmütze
vom Kopf und kommt auf ihn zu.
    Gropper steigt aus, und sie schütteln sich kräftig die Hände.
Strassers Hand ist rau, schwielig und hart.
    »Bist wieda da«, freut er sich. »Wo warst denn de ganze Zeit?«
    Gropper berichtet kurz über seine Zeit in der Schweiz. Strasser
nickt verständnisvoll und lässt wieder seinen Spruch los: »Gschichten san des.
Gschichten. Ja, so geht’s. Und was machst jetz?«
    Als er hört, dass Gropper nun bei der Kripo in München ist, kommentiert
er respektvoll: »Gschichten san des. Gschichten. Ja, so geht’s. So a gscheiter
Kopf wia du bin i nia woarn.«
    Dann erzählt Strasser, dass er nun im Dorf Walchensee wohnt und hier
sein Revier hat und dass er eine Sauarbeit hat mit diesen hundsverreckten
Straßen.
    »Und wohin fahrst jetz?«, fragt er.
    Gropper nennt nicht den wahren Grund seiner Fahrt. Er sagt nur, dass
er zur Sassau rübermuss.
    Als Strasser das Wort Sassau hört, bleibt ihm vor Schreck der Mund
offen

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