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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kohl
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ein Bussard.
    Nach einiger Kraxelei über die niedergeworfenen Stämme steht er vor
einer angerosteten, verbogenen Zielscheibe, die an einen Baum angenagelt ist.
Die Ringe der Blechscheibe sind durchlöchert von Einschüssen. Nur wenige Meter
weiter hängt an einem Lärchenstamm ein Marterl. Hier hat jemand sein Leben
gelassen. Dem geschnitzten Christus wurde ein Bein weggeschossen. Oder es ist
abgefallen, weil ein Specht hartnäckig am Holzbein gehämmert hat. Dicht neben
dem Marterl liegt erneut ein eingefallener Schützengraben. Als Gropper sich
darüberbeugt, huscht pfeifend ein Murmeltier in seine Höhle.
    Ganz in der Nähe entdeckt er im dunkel glänzenden Preiselbeerkraut
noch andere Gruben. Sie sind etwa zwei Meter tief und mit Brettern ausgeschalt.
Um sie herum liegen Dachpappen, mit denen die Gruben ausgelegt und abgedeckt
waren, und Haufen von vertrockneten Fichtenzweigen. Sie dienten wohl zur
Tarnung. Nun verrotten in den Gruben aufgebrochene Wehrmachtskisten mit
verbogenen Deckeln, die aus den Scharnieren gerissen sind, und Fetzen von
Leinensäcken.
    Gropper sieht sich um. Zwischen Tannen steht eine Hütte. Die Holztür
liegt neben dem Eingang. Als er hineingeht, sieht er einen Raum voller Müll.
Auf den Bohlen liegen vermoderte, stinkende Wolldecken, Verpflegungsdosen der
Wehrmacht, verrostetes Kochgeschirr, ein zerbeulter Spirituskocher, Fetzen vom
»Völkischen Beobachter« und sogar von »Stars and Stripes«. Natürlich, die
Amerikaner waren hier.
    Er tritt aus der Hütte heraus, um sich nochmals die Gruben
anzusehen. Als er zu einer der Gruben geht, knallt es plötzlich mehrmals hart
hintereinander. Drei-, vier-, fünfmal. Kugeln schlagen dicht neben ihm sirrend
in die Baumstämme. Jemand schießt auf ihn. Gelähmt bleibt er stehen. Kugeln
schlagen zischend neben seinen Füßen in den Boden ein, Erde spritzt auf. Er
kann nicht sagen, aus welcher Richtung die Schüsse kommen. Von Panik gepackt,
rennt er in die Richtung, aus der er gekommen ist, zurück zum Marterl mit der
Christusfigur, der man ein Bein weggeschossen hat, auch auf die Gefahr hin,
direkt ins Feuer zu laufen. Nur weg von hier, schnell weg! Als er am Marterl
vorbeihastet, muss er wieder kurz daran denken: Hier hat jemand sein Leben
gelassen.
    Da stehen zwei Militärpolizisten mit Maschinenpistolen vor ihm. Sie
sehen ihn an. Warten auf ihn mit ihren vorgehaltenen MP s.
    Gropper schreit aufgebracht: »Sie haben auf mich geschossen!«
    Die Patrouille kommt auf ihn zu, die Stahlhelme tief ins Gesicht
gedrückt und die MP s immer noch im Anschlag.
    »Sie wollten mich erschießen!«, brüllt er erregt.
    Die Militärpolizisten scheren sich einen Dreck darum. Sie fordern
barsch: »Identy Card.«
    Mit zitternden Händen zeigt Gropper seinen Dienstausweis.
»Kriminalpolizei München«, sagt er.
    Sie stecken seinen Ausweis ein und tasten ihn nach Waffen ab. »What
are you doing here?«, blafft einer der Uniformierten Gropper an. »Why are you
here? What are you looking for?«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »This is a restricted area.«
    »Der Krieg ist vorbei.«
    Die Militärpolizisten schubsen ihn mit ihren Waffen vor sich her
durch den Wald, zu einer Stelle, an der es bergab geht. Grupper hat Angst, dass
einer von ihnen abdrücken könnte. Sie treffen auf einen Pfad, der weiter
hinabführt. Gropper fragt nichts mehr, protestiert auch nicht mehr. Das wäre in
seiner Situation völlig sinnlos.
    So treiben sie ihn eine ganze Weile voran, immer bergab. Bis Gropper
unten am Abhang auf einer Piste einen Jeep stehen sieht, in dem ein MP sitzt. Als sie den Wagen erreichen, sprechen die
beiden Militärpolizisten kurz mit ihm. Der Uniformierte im Jeep greift zum
Feldtelefon, macht eine Meldung, lauscht auf die Order und befiehlt Gropper:
»Come on!«
    Gropper muss an Buchners DKW denken,
den er unten im Wald stehen gelassen hat. Wie kommt er jetzt wieder an seinen
Wagen?
    Die beiden MP s stoßen ihn auf den
harten Rücksitz, einer schwingt sich neben ihn und hält seine Maschenpistole
auf ihn gerichtet, der andere nimmt vorn Platz.
    Der Fahrer fährt los, mit Vollgas. In rasender Fahrt geht es auf der
Erdpiste in Serpentinen bergab. Gropper muss sich mit beiden Händen an den
Griffen festhalten, um nicht aus der offenen Karre hinausgeschleudert zu
werden. Unten angekommen, stoßen sie auf die B 11, dort biegt der Fahrer nach
links ab und fährt, immer mit Vollgas durch Wallgau und Krün nach Mittenwald.
Im Ort ahnt Gropper, wo die Fahrt enden wird: bei

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