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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kohl
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in aller Frühe zu seiner Luise zu fahren. Wenn nichts
dazwischenkommt.

12
    Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf.
    Pfingsten, das liebliche Fest, ist gekommen. Es ist Sonntag,
aber es scheint keine Sonne, vielleicht regnet es sogar. Der Himmel jedenfalls
scheint stark bewölkt zu sein, denn durch das Dachlukenfenster dringt kaum
Licht in sein schäbiges Loch.
    Gropper hat Mühe, wach zu werden. Er ist noch gerädert vom gestrigen
Tag und benommen vom Schlaf. Irgendetwas hat er geträumt. Er kann sich nicht
mehr daran erinnern. Aber da war etwas. Durch seine halb geöffneten Augen lässt
er seine Blicke durch das Zimmer gleiten.
    Die Tür seines Zimmers steht weit offen! Er ist sicher, dass er sie
abgeschlossen hat und sogar den Schlüssel im Schloss stecken ließ. Schlagartig
ist er wach. Er springt aus dem Bett, stolpert zur Tür, sieht hinaus in den
Flur. Niemand zu sehen. Als er die Tür schließt, sieht er den Schlüssel auf dem
Boden liegen. Wie ist das möglich? Wie kann jemand von außen den innen
steckenden Schlüssel herausdrücken?
    Er legt den Schlüssel auf den Tisch. Da steht eine Flasche. Auf dem
Etikett liest er: »E 605 – Pflanzenschutzmittel«. Darunter ist auf einem
orangefarbenen Aufkleber mit dem Hinweis »Achtung Gift!« ein Totenschädel mit
zwei gekreuzten Knochen abgebildet.
    Sein Herz pocht bis zum Hals. Man droht ihm mit Gift. Wer droht ihm?
Man durchwühlt sein Zimmer, schießt auf ihn, stellt ihm eine Giftwarnung auf
den Tisch. Was kommt als Nächstes?
    »Lass es sein«, hat seine Schwester zu ihm gesagt. »Du riskierst
dein Leben.« Er nahm das nicht ernst und lächelte nur. Seit den gestrigen
Schüssen lächelt er nicht mehr. Thompson hat ihn davor gewarnt, weiter zu
ermitteln. Will er es nun mit Gift versuchen? Immerhin haben es seine Agenten
geschafft, in das abgeschlossene Zimmer zu kommen. Ist Wondratschek einer
seiner Agenten?
    Gropper braucht eine Weile, um sich zu beruhigen. Dann holt er aus
der Jackentasche seine Gummihandschuhe, die er immer bei sich hat, stülpt sie
über und nimmt die Flasche in die Hand. Sie ist leer. Er dreht sie hin und her
und kann auf dem Glas Flecken erkennen. Mit dem bloßen Auge kann er nicht
sehen, ob es Fingerabdrücke sind. Aber selbst wenn es Fingerabdrücke wären,
diese alte Flasche ist durch so viele Hände gewandert. Und derjenige, der ihm
diese Warnung auf den Tisch gestellt hat, würde sicher nicht so dumm sein und
seine Fingerabdrücke hinterlassen. Nichts wie raus hier aus diesem Loch.
Sofort.
    Aus dem Schrank holt er seinen Koffer. Das Schloss ist aufgebrochen.
Man hat sich also auch noch an seinen Koffer rangemacht! Er kontrolliert, ob
etwas fehlt. Wäsche, schmutzige und frische, Toilettenzeug, Knirps, Regencape,
Schuhe, Tasse, Löffel, Kaffeepulver, Tauchsieder – alles noch da. War wohl
nicht wichtig für den Schnüffler. Ein Glück, dass er alle wichtigen Unterlagen
im Revier deponiert hat.
    Er lässt die Flasche mit dem Giftetikett in eine seiner
Zellophantüten gleiten und wirft sie in den Koffer. Dazu seine Hemden, die über
dem Stuhl hängen, und seine Hausschuhe. Als er sein Rasierzeug vom Waschbecken
nimmt und den Apparat mit der Klinge in der Hand hält, schaudert es ihn.
Vielleicht werden sie ihm in der nächsten Nacht im Schlaf mit dieser
Rasierklinge die Kehle durchschneiden! Schnell in den Koffer damit. Noch ein
paar Geldscheine für die Logis auf den Boden geworfen, dann nichts wie weg.
    Kurz vor der Haustür kommt Wondratschek vom Keller hoch. Als er
Groppers Koffer bemerkt, schreit er mit wutverzerrtem Gesicht: »Sie bleiben
hier!« Dieses Mal ohne sein »Bittschön«.
    »Einen Dreck werd ich«, schreit Gropper zurück und will durch die
Haustür. Doch Wondratschek versperrt ihm den Weg. Mit einem kräftigen Schwung
seines Koffers stößt Gropper ihn rücklings zu Boden, wobei er ihm zugleich ein
Bein stellt. Wondratschek brüllt Unverständliches, und ehe er sich wieder
aufrappeln kann, ist Gropper draußen. Durch Wondratscheks Geschrei kommen
einige Flüchtlinge herbeigelaufen.
    »Festhalten! Festhalten«, befiehlt er ihnen.
    Die Flüchtlinge wissen nicht, was los ist, und bleiben nur
fassungslos stehen.
    ***
    Maier ist nicht überrascht, als Gropper atemlos mit seinem
Koffer vor ihm steht.
    »Ist jetzt der Teufel hinter dir her?«
    »Mehrere«, sagt Gropper. »Und alle auf einmal.«
    »Komm rein, wir sperren zu, dann müssen sie draußen bleiben.«
    Maiers alte Dienstwohnung liegt im Parterre eines

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