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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kohl
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dich beim
Einmarsch der Amis verhalten hast. Und sich vor allem mit seinen eigenen
Heldentaten gebrüstet.«
    »Der Sattler ist ein Gschaftelhuber. Was er Auswärtigen immer
erzählt über sein Heldentum bei der Übergabe von Mittenwald, ist geschwindelt.
Die kampflose Übergabe des Marktes Garmisch-Partenkirchen fand schon davor dort
im Rathaus statt. Es stimmt, dass Sattler, Pfarrer Berghammer und ich den
amerikanischen Panzern am 1. Mai bis zur Weggabelung bei der
Bahnüberführung entgegengegangen sind, aber die entscheidende Verhandlung mit
den Amerikanern haben andere bereits zwei Tage zuvor geführt. Es stimmt auch
nicht, dass der Sattler, wie er immer erzählt, vorn auf dem Führungspanzer
gesessen hat und so mit großem Hallo in Mittenwald eingefahren ist. Wenn der
Panzer fährt, kannst du vorn gar nicht sitzen. Die Eisenplatte ist viel zu
heiß, weil der Motor darunter ist. Da kannst du ein Spiegelei drauf braten. Die
Wahrheit ist, dass sie den Sattler, den Pfarrer und mich in einen Jeep gepackt
haben, bewacht von einem Ami mit Maschinenpistole, und uns so zum Rathaus nach
Garmisch geschafft haben. Dort haben sie den Sattler erst mal für einen Tag in
die Gefängniszelle der Gendarmerie gesteckt und verhört. Doch gleich danach
haben sie ihn wieder freigelassen und als Mittenwalder Bürgermeister
eingesetzt. Seine Dienstpistole, seine ›Ehrenwaffe‹, hat er bis heut nicht
abgegeben. Gemauschelt hat er mit den Amis, wenn man auch nicht genau weiß, wie
und was. Und außerdem ist da noch eine andere Geschichte.«
    »Was?«
    »Kurz nach seiner Ernennung zum Bürgermeister war er plötzlich ein
reicher Mann. Man munkelt, er habe auf Sassau einen Goldschatz gefunden. Aber
keiner weiß etwas Genaues. Nur Gerüchte, Gerüchte. Die schwirren hier ja nach
dem Krieg herum wie die Fliegen. Nur dass er quasi über Nacht sehr vermögend
war und plötzlich die Insel zum Naturschutzgebiet erklärte, das steht fest.
Seitdem ist es verboten, Sassau zu betreten.«
    »Doch nicht, um die Natur zu schützen.«
    »Natürlich nicht. Naturschützer war der Sattler nie.«
    »Was will er denn dann schützen?«
    »Genau weiß das keiner außer ihm.«
    Gropper erinnert sich an das Schild »Betreten streng verboten«, das
er am Bootssteg gesehen hat, als er mit dem Angler zur Insel hinüberruderte, wo
Rosi lag.
    »Auffällig war«, erzählt Maier weiter, »dass er als Bürgermeister
des Öfteren auch Angelegenheiten im Internierungslager zu regeln hatte und
jedes Mal einige seiner ehemaligen Ortsgruppenmitarbeiter und sonstigen
Nazispezis, die von den Amerikanern verhaftet worden waren, plötzlich
freigelassen wurden. Mit Entlassungsscheinen und Entnazifizierungspapieren.
Auch dein Kollege Buchner. Den hatten die Amis erst mal in seine eigene Zelle
im Keller gesperrt. Als Gendarm hatte er ja fleißig mit der Gestapo
zusammengearbeitet. Ich nehme an, dass Sattler durch seinen unerwarteten
Reichtum großzügige Spenden machen konnte, also haben die Amis auch ihn
freigelassen und wieder als Gendarm eingesetzt. Bis heute stattet der Sattler
dem Lagerkommandanten, einem gewissen Major Victor Korner, Besuche ab. Dass er
in seiner Aktentasche kleine Schätze mitbringt, ist ein offenes Geheimnis. Und
prompt werden alte NSDAP -Genossen mit
Persilscheinen entlassen.«
    Gropper denkt an die Goldmünze in Sattlers Buick, auf die er
getreten war und die er eingesteckt hatte. Stimmen die Gerüchte, und der
Bürgermeister hat tatsächlich auf Sassau einen Goldschatz gefunden? Ihm fällt
die Legende von der Nixe vom Walchensee wieder ein.
    »Wenn es wirklich stimmt, dass der Sattler auf der Insel einen
Goldschatz an sich genommen hat, warum hat ihn dann die Nixe nicht geholt?«
    »Die vom Walchensee?«
    Gropper nickt. »Wundert mich, dass sie ihn nicht in ihren See
hinabgezogen hat.«
    »Wenn Sattlers Reichtum von der Insel stammt, hat sie wohl einen
Grund, dass sie ihn verschont«, erwidert Maier schmunzelnd.
    »Und der wäre?«
    »Sag ich dir nachher. Muss dir erst was zeigen.« Er steht auf, holt
aus dem unteren Teil seines Küchenschrankes ein altes Album, schiebt die Frühstücksreste
beiseite und legt den an der Seite mit einer dicken Kordel zusammengehaltenen
Band auf den Tisch. »Das ist mein Schatz«, sagt Maier und schmunzelt wieder.
»Erinnerungen an schönere Zeiten. Auch mit dir.«
    Er schlägt den dunklen Wälzer auf. Vergilbte Fotos mit gezackten
Rändern sind auf kartonartige schwarze Blätter geklebt, dazwischen sind

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