Nazigold
auch
gar nicht wissen. Kann den Klumpen sowieso nicht verkaufen. Da mache ich mich
nur verdächtig, und das will ich nicht. Ich will meine Ruhe haben. Er bringt
auch keine Banknoten mit. Er nimmt nur, was glitzert. Goldmünzen eben. Auch mit
ausländischer Prägung von all den Staaten, die die Nazis überfallen und
ausgeraubt haben. Er hat keine Ahnung, was die wert sind. Ich auch nicht. Ich
hab nur Angst, dass sie ihn einmal erwischen. Dann würde sogleich die
amerikanische Militärpolizei bei mir in der Wohnung stehen. Aber dieses
Kerlchen ist ja so flink. Und was mir noch Sorgen macht: Jedes Mal, wenn Korbi
zurückkommt, stinkt er ganz schrecklich nach Benzin. Ich vermute, dass es in
der Höhle auch Benzinfässer gibt. Ein Glück, dass Korbi nicht raucht. Der würde
sich in seiner Ahnungslosigkeit zwischen den Fässern glatt eine Zigarette
anstecken.«
Da kommt Korbi herein, kauert sich mit hochgezogenen Knien auf einen
alten Schaukelstuhl und wippt mit vorgebeugtem Oberkörper hin und her.
Gropper fragt ihn: »Zeigst du mir deine Schatzkammer?«
Ohne zu überlegen, nickt Korbi heftig und lacht über das ganze
Gesicht.
»Pass nur auf«, mahnt Maier. »Du bist nicht so fix wie der Korbi.«
Plötzlich fängt die Katze auf Groppers Schoß an zu würgen, als würde
sie etwas auskotzen müssen. Um nicht vollgespien zu werden, schubst er sie auf
den Boden.
Maier springt auf. »Ach du liebe Scheiße! Jetzt fängt das wieder
an.«
Und schon erbricht die Katze lang gezogenen gelblichen Schleim auf
die Dielen.
»Raus, Babette!«, befiehlt er, reißt die Türen auf und scheucht sie
hinaus in Freie. Dann wischt er mit nassen Putzlappen das Erbrochene auf, spült
die Lappen durch und schüttet alles ins Klo.
»Das hatte sie schon mal«, sagt Maier. »Vor zwei Wochen. Da musste
ich mit ihr zum Tierarzt. Jetzt fängt sie wieder an. Jetzt muss ich wieder zu
ihm in die Klotzstraße.« Er geht kurz hinaus und sieht nach seiner Betti.
Schnell ist er wieder zurück.
»Und?«, fragt Gropper. »Wie geht’s ihr?«
»Sie frisst Gras. Das hilft ihr anscheinend. Übrigens, da fällt mir
ein: Als ich mit ihr beim Tierarzt war, traf ich den Feigl Xaver.«
Gropper wird neugierig. »Wann war das?«
»Ende Mai.«
»Am 31.?«
»Nein, davor. Ich hab gesehen, wie er zum Kilian ins Haus ging. Der
wohnt ja in der Klotzstraße. ›Ah, bist du wieder draußen?‹, hab ich ganz
freundlich zu ihm gesagt. ›Haben sie dich entlassen?‹ Da hat er mich nur ganz
konsterniert angestarrt, kein Wort gesagt und ist zum Kilian ins Haus.«
Gropper ist plötzlich ganz unruhig. »Wann genau warst du beim
Tierarzt?«, drängt er.
»Weiß ich nicht mehr.«
»Bitte erinnere dich.«
»Ich weiß es wirklich nicht mehr. Aber es war ein paar Tage vor dem 31.
Ich hab mir das nicht aufgeschrieben.«
»Aber der Tierarzt kann nachsehen.«
»Martl, jetzt ist erst mal Pfingsten.«
»Ich brauche das genaue Datum. So schnell es geht.«
»Warum ist das so wichtig?«, fragt Maier.
»In der Nacht vom 28. auf den 29. wurde Nafziger erschossen.
Den Spuren nach waren zwei ehemalige Wehrmachtsangehörige am Tatort. Feigl und
Kilian sind ehemalige Wehrmachtsangehörige, und sie
haben ein Motiv. Sie haben mir aber gesagt, sie seien erst am 31.
entlassen worden. Nach dem Tod von Nafziger.«
Maier zieht die Augenbrauen hoch. »Oha, da wird’s für die zwei aber
brenzlig.«
Gropper steht auf. »Ich muss mir den Feigl noch mal vornehmen. Ich
muss zu ihm nach Einsiedl.«
»Aber geh nicht auf die Insel.«
»Hab ich auch nicht vor.«
»Du weißt schon: die Nixe.«
»Ich glaub nicht an diese Nixe«, sagt Gropper, doch insgeheim denkt
er anders, und es schaudert ihn.
13
Am Abend is ma gscheit für den
vergangnen Tag,
doch net gscheit gnua für den, der
kommen mag.
Gerade als Gropper das Forsthaus betreten will, kommt der alte
Feigl heraus. Gropper erschrickt, wie alt er geworden ist. Seine Wangen sind
eingefallen, seine Haare schütter und farblos. Früher waren sie so dunkel und
so kräftig. Dabei ist er doch erst etwas über sechzig.
»Der Wiggerl!«
»Der Martl!«
Sie umarmen sich herzlich.
»Kreszenz hat mir schon gsagt, dass du da bist.«
»Ist sie im Haus?
»Sie ist mit dem Radl nach Walchensee. Zum Friedhof. Da sucht sie
ein Grab für unsre Rosi aus. Und auch eines für sich, meint sie.« Nach einer
Pause fügt er hinzu: »Wir habn unsre Rosi noch immer nicht zurückbekommn aus
Münchn. Wie lang dauert das denn noch?«
Gropper erklärt ihm, dass
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