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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kohl
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ruft Gropper nochmals in das Wasser. »Ich
will zum Feigl!«
    Endlich erreicht er das Ufer, doch er meidet die Stelle, wo er und
der Angler anlegten, als sie zur angeschwemmten Rosi gingen. Diesen Ort will er
nicht mehr sehen. Und schon gar nicht die Stelle, wo er Rosi halb im Wasser
liegend fand. Er rudert darum weiter entfernt in das Schilf hinein und zieht
den Kahn in einer kleinen Bucht auf den Sand. Mit Hilfe einer besonders hohen
Eibe merkt er sich die Anlegestelle für seine Rückkehr.
    Wo ist Feigl? Er hole Fische, hat sein Vater gesagt. Gropper kann
sich nicht erinnern, dass Feigl je geangelt hat. Sicher holt er die Fische von
einem Angler ab. Dann kann er sich nur irgendwo am Ufer aufhalten.
    Doch an das Wasser ist nur selten heranzukommen. Schilf und Wildnis
hindern Gropper daran. Dazu wuchert überall undurchdringliches Gestrüpp, sodass
man den See gar nicht sehen kann. Abseits vom Wasser breiten sich Sümpfe aus,
die er umgehen muss. Verfaulte Baumstümpfe ragen aus den schwarzen Tümpeln
heraus. Und rund um das Brackwasser schimmert schwarze Erde, in die seine
Schuhe tief einsinken. Überall schwirren kleine Mücken. Ihre Stiche spürt er
zuerst nicht, doch dann schwellen sie rot an und brennen. Je mehr er daran
reibt, umso heftiger brennen sie. Als Kind hat er immer Spucke daraufgetupft.
Das hilft auch jetzt ein wenig. Die großen Schnaken sieht er wenigstens, wenn
sie sich auf seinen Armen und vorn am Hals niederlassen. Ein Klatsch mit der
Hand darauf, und seine Jacke und sein Hemdkragen haben schwarze Flecke. Doch
wenn sie sich auf seinem Nacken niederlassen, kann er sie nicht sehen und spürt
den Stich erst, wenn es zu spät ist.
    Er bleibt stehen und schlägt um sich, um die Mücken zu vertreiben.
Wo finde ich hier diesen verdammten Feigl?, fragt er sich ungeduldig. Rufen
will er nicht. Womöglich versteckt Feigl sich dann vor ihm, und sein
Inselbesuch wäre ganz für die Katz.
    Da raschelt etwas ein paar Meter hinter ihm im Gebüsch. Er dreht
sich um, kann aber nichts erkennen. Wahrscheinlich ein Wildschwein, denkt er
und geht weiter. Wieder raschelt es hinter ihm. Jetzt will er wissen, was da
ist, und geht auf das Dickicht zu. Wieder kann er nichts sehen. Als er
weitergeht, springt ihn jemand von hinten an und wirft ihn zu Boden. Beinahe
wäre Gropper mit der Schläfe auf eine armdicke Wurzel aufgeschlagen. Wäre er
auf sie geknallt, er wäre jetzt ohnmächtig. Neben ihm auf dem Boden liegt eine
verfilzte Schirmmütze, die ihm bekannt vorkommt. Schnell wälzt er sich um. Da
kniet der Angler wie ein Gnom auf seiner Brust. Dieser alte Angler mit seinem
buschigen Schnauzbart, seinen kräftigen Augenbrauen und seinem zotteligen
Gesicht, der ihn vor ein paar Tagen zu Rosis Leiche führte. Auch jetzt trägt er
wieder seine abgerissene Schreinerkluft und seine hohen Gummistiefel. Der
Angler, von dem er vergessen hatte, Namen und Adresse zu erfragen, bevor er mit
seinem Motorrad nach Walchensee zum Krankenhaus fuhr. Jetzt erinnert sich
Gropper: Die NSU -Maschine neben dem Bootshaus ist
sein Motorrad.
    »Was willste hier?«, faucht der Alte, wobei ein paar Tropfen seines
Speichels auf Groppers Gesicht spritzen.
    »Lass mich los«, schreit Gropper und versucht, ihn abzuschütteln.
    »Was willste hier?«
    Wieder versucht er, sich von ihm zu befreien. Vergeblich. Der kleine
Alte ist wahnsinnig stark und hält ihn fest wie in einem Schraubstock.
    »Ich such den Feigl.«
    »So, so, den Feigl. Warum?«
    Endlich löst sich der Alte von ihm, und Gropper kann aufstehen.
Seine Schulter schmerzt heftig vom Sturz. Als er sich aufgerichtet hat, zieht
der Mann dicht vor ihm ein Messer aus einem Futteral. Es ist ein Fischmesser,
ein spitzes Filiermesser mit einer etwa zwanzig Zentimeter langen Klinge. Er
hält es ihm an die Kehle.
    »Wollen Sie mich abstechen?«
    Die dunklen Augen des Anglers funkeln teuflisch.
    Gropper versucht, ihn zu besänftigen. »Wir kennen uns doch!«
    »Kenn dich nicht.«
    »Wir waren zusammen auf der Insel.«
    »Kenn dich nicht.«
    »Sie haben mir die Stelle gezeigt, wo die kleine Rosi lag.«
    »Kenn dich nicht.«
    »Wo ist Feigl? Der Xaver?«, fragt Gropper und will ihm mit einer
blitzschnellen Bewegung das Messer wegschlagen, doch der Kerl hält es fest am
Griff, und beinahe hätte die Spitze seine Kehle aufgeschlitzt. Schnell tritt
Gropper ihm mit voller Wucht gegen das Schienbein, und der Alte taumelt.
Gropper rennt weg, hastet mit seiner schmerzenden Schulter zurück in die
Richtung, in

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