Nea - James erzaehlt
ich lachend. „Nein, aber das solltest du auch wissen.“
Zufrieden nickte sie. „Gut. Er hat explizit darum gebeten, dass ich mit einem Mann komme – und da du hier bist, hat es sich angeboten, dich mitzunehmen.“ Kurz schlug sie die Augen nieder. „Ich bin froh, dass du zugesagt hast, sonst hätte ich mir irgendeine Notlösung einfallen lassen müssen.“
Einige Minuten lang saßen wir uns wortlos gegenüber und nippten an unseren Bechern. Ich war mir sicher, dass Leikos letzte Äußerung am ehesten das war, was sie unter einem Kompliment verstand. Irgendetwas in mir verlangte danach, etwas ähnlich Schmeichelhaftes zu erwidern.
Obwohl ich mit mir kämpfen musste, weil ich nicht wusste, ob es die beste Idee war, überhaupt jemandem davon zu erzählen, sagte ich schließlich: „Mich hat vor Kurzem eine maskierte Unbekannte auf meinem Zimmer besucht.“
Leiko sah mich nur interessiert an, also fuhr ich fort: „Irgendetwas an ihr macht mich irrational; fast schon animalisch gierig.“
Immer noch sagte sie nichts.
„Ich weiß nicht, wer sie ist, doch sie hat eine ähnliche Wirkung auf mich wie du. Es mag verrückt klingen, aber insgeheim hoffe ich manchmal, dass du diese mysteriöse Frau bist.“
Leiko trank ihren Kaffee, ohne mich aus den Augen zu lassen. Dann sagte sie: „So viel Theatralik ist nicht meine Art. Zugeben, ich habe darüber nachgedacht, mit dir zu ficken. Aber dann habe ich es verworfen. Wir würden sexuell nicht funktionieren.“
Ihre lässige Offenheit überraschte mich dermaßen, dass ich erst nicht wusste, was ich sagen sollte. Indem ich ebenfalls einen Schluck Kaffee nahm, verbarg ich, dass ich mich kurz sammeln musste, bevor ich schließlich fragte: „Das heißt also, ich bilde mir die Chemie zwischen uns nicht ein?“
Leiko legte den Kopf leicht schief. „Du immer mit deinen Fragen.“ Mehr sagte sie nicht.
Verlegen räusperte ich mich – ich musste mir dringend abgewöhnen, alles immer zerreden zu wollen. Um das Gespräch umzulenken, sagte ich: „Es gibt ein klitzekleines Problem, was die Mystery-Frau betrifft.“
Erwartungsvoll beugte Leiko sich nach vorn. „Ich höre.“
„Sie trägt ein rotes Armband.“
„Hm“, antwortete Leiko nur, dann dachte sie kurz nach. „Das muss ja nicht unbedingt heißen, dass sie wirklich vergeben ist. Warum hast du ihr nicht einfach die Maske abgenommen und nachgefragt?“
„Wenn ich das nur wüsste“, stieß ich resignierend hervor.
„Das solltest du dann tun, wenn sie sich das nächste Mal in dein Zimmer schleicht.“
„Das sollte ich wirklich.“
„Und du solltest mit Mike darüber sprechen.“
Wieder überraschte mich ihre pragmatische Art – sie wertete nicht ansatzweise. „Das stimmt“, seufzte ich. „Bisher hat sich bloß noch keine Möglichkeit dafür ergeben und ich wollte versuchen, die Situation vielleicht selbst zu entschärfen.“
„Weit gekommen scheinst du ja nicht zu sein, so vorsichtig, wie du das Thema angeschnitten hast.“ Sie lächelte.
„Immerhin habe ich dich jetzt schon ausgeschlossen.“
„Wie viele Frauen kommen denn in Frage?“
„Zu viele“, stöhnte ich gequält.
„Angeber“, antwortete Leiko und ich musste lachen. Es war immens befreiend, endlich mit jemandem darüber reden zu können – und es war gut zu wissen, dass ich mir diese Anziehung zwischen Leiko und mir nicht nur eingebildet hatte. Selbstverständlich war es schade, dass sie der Meinung war, wir wären sexuell nicht kompatibel, doch natürlich hatte sie recht: Wir waren beide eindeutig zu dominant und konnten einfach nicht aus unserer Haut. Wahrscheinlich war es besser so.
Angesichts der Tatsache, wie problemlos wir offen zueinander sein konnten, hatten wir mit diesem Gespräch vielleicht die Basis für eine sehr enge Freundschaft gelegt.
„Wo treffen wir McGraft?“, fragte ich schließlich.
Leiko erwiderte nur: „Du immer mit deinen Fragen.“
Erleichtert stellte ich fest, dass der Name von Leikos Kunden falsche Assoziationen in mir ausgelöst hatte: William McGraft war bei weitem nicht so alt wie ich erwartet hätte. Leicht grau melierte Schläfen und kleine Falten um die Augen ließen darauf schließen, dass er ungefähr 35, vielleicht 40 sein musste. Sein kantiges, charakterstarkes Gesicht war eingerahmt von einem gepflegten Dreitagebart, der ihm ein weltgewandtes Aussehen verlieh. Er war durchaus ein attraktiver Mann.
Wie zu erwarten fackelte Leiko nicht lange, als wir die Tür des winzigen Hauses
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