Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod

Blutegels endet. Mit Ambel ist das nicht passiert, wahrscheinlich weil zu viel an ihm herumgefressen wurde, als dass die für die Umwandlung erforderliche Energie hätte aufgebaut werden können; und als Sprage ihn aus dem Meer zog, erhielt Ambel Kuppelnahrung, um es zu verhindern. Wenn eine solche Transformation doch einmal einsetzt und nicht mehr verhindert werden kann, verabreichen die Hooper dem Opfer Sprine. Für sie alle ist es die größte Angst: irgendwann in einer Existenzform zu enden, in der sie nur noch Schwingung, Wärme, Schmerz oder Hunger spüren.«
    »Könnte es sein, dass viele solcher Fälle anzutreffen sind?«, wollte Janer wissen und dachte voller Grauen an den Riesenegel, den er während der Nacht niedergebrannt hatte.
    »Möglich«, sagte Erlin, bot ihm somit keinen Trost.
    Sie stapften weiter dahin, tiefer in den Wald, und Janer fielen allmählich deutliche Veränderungen bei Flora und Fauna auf. Die geschwollenen Stämme der Birnstockbäume waren hier größer und oft von großen Rissen durchzogen, so dass sie mehr Gitterkäfigen ähnelten als massiven Bäumen. Die Blutegel auf ihren Ästen waren dunkelrot, zeigten nicht das übliche Braun der Küsten- und Meeresegel, und Froschwühler fehlten hier ganz. Nach einiger Zeit brauchte Ambel nicht mehr Rons Machete zu schwingen, da das Laub in zunehmend größerer Höhe wuchs. Die großen flachen Blätter, die nahe der Küste auf Bodenhöhe anzutreffen waren, sprossen jetzt an den Spitzen dorniger Stämme, die fünf Meter hoch aufragten. Es war dunkel hier und der Boden bedeckt mit matschigen Blätterrollen und brüchigen weißen Zweigen. Pilze wuchsen verstreut dazwischen wie Tröpfchen orangefarbenen Blutes. Die von oben herabfallenden Blutegel waren jetzt nicht mehr das größte Problem der Wanderer; vielmehr hatten sie es mit Egeln zu tun, die im Laub lauerten und auf die Fußknöchel zugeflossen kamen, wenn jemand zu lange an einer Stelle stehen blieb.
    Als Ambel plötzlich zum Halten rief, hielt Janer die Stelle für schlecht gewählt. Aber sie hatten nur gestoppt, damit ein anderer Waldbewohner passieren konnte.
    Aus dem Schatten zwischen den Bäumen hörten sie einen schnaufenden Schrei, und etwas Riesenhaftes wuchtete sich schmerzlich ins Blickfeld. Auf Janer wirkte es wie eine Eidechse, die man in die Form eines Büffels gebracht hatte, wenn auch einige extreme Unterschiede zu beiden Arten vorlagen. Die Kreatur wies weder Hufe noch Klauen auf, sondern große, flache Ballen; die Hörner auf dem Kopf wiederholten sich in mehreren Reihen am Hals, und ein Schwanz fehlte. Janer hatte zunächst den irrigen Eindruck, einen Vierbeiner vor sich zu sehen, bis er die Mandibelgliedmaßen entdeckte, die unter dem dreieckigen Maul zusammengefaltet waren. Die zähe Haut wirkte stark pockennarbig, und Janer erkannte schließlich, dass die kreisrunden Zeichen, die er für Schuppen gehalten hatte, in Wirklichkeit verheilte Egelnarben waren.
    Die Kreatur walzte weiter und warf der Gruppe nur einen kurzen Blick aus ihrem einzelnen Auge mit den zwei Pupillen zu. An den Schultern erreichte sie doppelte Mannshöhe, und sie wirkte Achtung gebietend. Dass es sich um einen Vegetarier handelte, wurde deutlich, als sie an einem der dornigen Baumstämme stoppte und mit den Sägemandibeln einen Klumpen herausschnitt. Damit verursachte sie Schwingungen, so dass Blutegel auf sie herabregneten. Diese hefteten sich sofort an sie und bohrten sich in den Rücken. Grunzend kaute die Kreatur ihren Bissen zu Ende und schwenkte dann den Kopf in beide Richtungen, um mit Hilfe der Mandibeln alle Blutegel herunterzuzupfen, die sie erreichte. Dann mampfte sie einen weiteren Happen – und weitere Blutegel regneten.
    »Wir umgehen sie«, sagte Ambel.
    »Ist sie gefährlich?«, wollte Janer wissen, den Karabiner schussbereit in der Hand.
    »Nein, wohl aber die da«, antwortete Pland und deutete auf die Egel, die sich auf dem Boden schlängelten oder wieder die Baumstämme hinaufflossen.
    »Was ist das?«, wandte sich Janer an Erlin, während sie die Riesenkreatur und den Blutegelregen weitläufig umgingen.
    »Wie sie heißt? Ich denke Baumschwein oder so etwas.«
    »Holzschwein«, korrigierte Pland sie.
    Sie nickte und fuhr fort: »Sie gehört zur Gattung der Heirodonten. Diese unterteilt sich in Tausende verschiedener Arten – manche nicht größer als ein Stecknadelkopf. Das da ist eine der größten Arten, die man an Land antrifft. Gerüchte kursieren, dass im Meer noch