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Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod

Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod

Titel: Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Asher
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die Prill hüpften auf seinem Rücken voller Vorfreude auf und nieder.
    »Einholen«, sagte Ambel, und die Crew machte sich an die Arbeit, die er mühelos selbst hätte erledigen können. Am Tau hing etwas Unförmiges, das sich, als sie es an der Bordwand heraufzogen, schnell als grünliches, fransenbesetztes Organ entpuppte, dessen Ende mit dem Tau abgebunden war und an dem Adern wie Schnüre hingen.
    »Dassen Prachtexemplar!«, freute sich Ambel grinsend, als der Gallenkanal des Blutegels über die Reling sackte und aufs Deck klatschte. Dann blickte er nachdenklich übers Meer hinaus. »Für heute ist Schluss. Macht das Deck sauber, und wir sehen den Fang morgen durch.«
    Die Reaktion bestand in einem gemeinschaftlichen Seufzer der Erleichterung.
    Die Sonne war zu einer grünen Kuppel geworden, die sich über dem Horizont in türkisfarbene Wolken kuschelte, und die Temperatur fiel rasch. Als Janer in die Kabine ging, um den Thermoanzug zu holen, sah er, dass sonst niemand an Bord die Abkühlung zu bemerken schien. Die Hornissen verhielten sich in dieser Kälte träge, aber die Schwarmintelligenz summte von Überlegungen und Interesse. Der Hauptteil des Schwarms und damit die Intelligenz befand sich viele Lichtjahre entfernt auf einem Planeten, auf dem es immer warm war und damit für die Insekten behaglich. Es war eine Welt, die die Hornissen für sich beanspruchten und der sie den schlichten Namen Schwarm gegeben hatten. Zuzeiten äußerten Leute den Scherz, dass man sie besser Neu-Israel nennen würde – während wiederum andere sie oft fragten, wovon sie eigentlich redeten.
    »Ich denke, dass sie früher mal ein Liebespaar waren und sie zurückgekommen ist, um die Beziehung zu erneuern. Darüber hinaus habe ich keine Ahnung«, beantwortete Janer die Frage der Schwarmintelligenz.
    »Aber das geht doch sicherlich auf Unzufriedenheit zurück?«
    »Ja, natürlich.«
    »Erlin hat jedoch bislang ein höchst interessantes und zufrieden stellendes Leben geführt«, sagte die Intelligenz.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich habe Aufzeichnungen ihrer Reisen und der Orte studiert, die sie besucht hat, und dieser Planet ist da nur einer unter vielen. Sie gehört seit über hundert Jahren in der Xeno-Forschung zur Spitze und hat viele wichtige Entdeckungen gemacht.«
    »Du hast mir lediglich erzählt«, gab Janer zu bedenken, »dass sie ein interessantes Leben geführt hat.«
    Zum Glück schwieg die Intelligenz eine Zeit lang, und er nutzte die Gelegenheit, um den Thermoanzug überzustreifen.
    Als die Intelligenz sich wieder zu Wort meldete, geschah es mit weniger Gewissheit im Ton: »Interessant läuft nicht zwingend auf befriedigend hinaus?«, fragte sie.
    »Für dich vielleicht schon, aber für Menschen nicht unbedingt. Ich denke, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, als du sagtest, sie hätte mehr als hundert Jahre lang an der Spitze gestanden. Wahrscheinlich langweilt sie sich und sucht nach etwas, was sie früher gehabt zu haben glaubte; sie versucht, in eine glücklichere Zeit zurückzukehren.«
    »Ich verstehe«, sagte die Intelligenz. »Es heißt, es läge in der Natur des Menschen, sich stets um etwas zu bemühen. Also trifft es zu. Erfolg bedeutet nicht zwingend Zufriedenheit.«
    Janer hatte dieses Thema seit der Zeit seiner Dienstverpflichtung bei der Schwarmintelligenz schon unter schier jedem Gesichtspunkt diskutiert. Der Schwarm kannte jede seiner Antworten, aber Janer bekam noch neue Fragen zu hören. Die Intelligenz stellte sie immer wieder auf unterschiedliche Art und versuchte damit, zu einer neuen Nuance von Verständnis zu gelangen. Janer fiel jetzt der Übergang von »Interesse« zu »Erfolg« auf.
    »Zufriedenheit ist für uns nur ein kurzes Erlebnis. Jemand, der zu Reichtum kommt, gelangt nie an einen Punkt, wo er genug hat. Erfolg entspricht für uns eher der Beschleunigung als der Geschwindigkeit. Interesse kann nicht auf konstantem Niveau aufrechterhalten werden.«
    Darum soll sie mal ihre Antennen schlingen, dachte Janer. Aber die Intelligenz wartete schnell mit einer Reaktion auf.
    »Ihr könnt also nicht aufhören?«, fragte sie.
    »Nein«, sagte Janer. »Außer, um zu sterben.« Er stieg wieder die Leiter zum Deck hinauf.
    Auf dem anderen Schiff brannten inzwischen Laternen und Kohlenfeuer, und quälender Bratengeruch trieb über das Meer zu ihnen herüber. Als die Sonne schließlich hinter dem Horizont ertrank, wurde allmählich die bleiche Kugel von Coram durch dünne

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