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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Baustelle nicht in Ordnung, Herr Kotten. Und irgendjemand ruft mich andauernd an und stellt mir Ultimaten. Irgendjemand hat meine Partnerin entführt. Und seltsamerweise hören die Anrufe auf, seit ich weiß, dass Sie hier auf dem Flughafen herumhängen und wegfliegen wollen und ich hinter Ihnen her bin. Und noch seltsamer: Der Unbekannte, der auch garantiert der Mörder des Kommissars ist, hat mir das sogar am Telefon angekündigt. ›Ich bin bald sehr weit weg‹, hat er gesagt. Und nun sehe ich Sie hier kurz vor einem Abflug in die Domrep. Was soll ich denn davon halten?«
    »Lass dir das nicht gefallen, Martin. Der Mann bedroht dich. Hol die Polizei. Hier laufen jede Menge Beamte herum.«
    Ja, dachte ich. Hol doch die Polizei. Warum tust du es nicht?
    »Hören Sie auf Ihre Frau, Kotten. Holen Sie einen von den Bullen. Aber seien Sie sicher, dass dann alles rauskommt. Und jetzt sagen Sie mir: Wo haben Sie Jutta hingebracht?«
    »Jutta?«, sagte er, und es sollte harmlos klingen. Doch man roch zehn Kilometer gegen den Wind, dass der Mann etwas zu verbergen hatte. »Verdammt noch mal, was wollen Sie von mir?« Seine Stimme klang heulend. »Ich bin doch kein Mörder. Ich habe mich heute erst entschlossen, in Urlaub zu fahren. Last Minute. Das kann ich beweisen. Also, was soll das alles?«
    »Warum wollen Sie so schnell weg?«
    Juttas Handy brummte. Ich zog es schnell heraus, dabei fiel Frau Kottens Blick auf meine Pistole, und ihr Gesicht wurde einen Tick blasser. Während ich die Kurznachricht checkte, flüsterte sie ihrem Mann etwas zu.
    Verzögerung, las ich. Weitere Nachrichten folgen.
    Kotten hatte recht. Er war zumindest nicht der Mann, der mich immerzu anrief. Er war nicht der Mann, der mir gerade eine Nachricht geschickt hatte. Und wahrscheinlich war er auch nicht der Mann, der Jutta entführt hatte. Aber er war der Mann, der mir sagen konnte, wer es war. Er musste es einfach sein.
    Als ich das Telefon wieder eingesteckt hatte, stand Kotten auf. Die Frau ebenfalls. Sie nahm die Kinder an die Hand. Alle vier drängten sich aus den engen Sitzen und marschierten einfach los -in die Weite der Abflughalle hinein, in Richtung der Schleuse. Wenn sie die hinter sich hatten, war alles zu spät.
    Ich holte auf, und als ich auf gleicher Höhe war, versuchte ich so wenig aufsehenerregend wie möglich auf Kotten einzureden. »Sie können nicht einfach wegfliegen. Wie lange wollen Sie denn da unten bleiben? Bis das Geld ausgeht? Wenn Sie zurückkommen, wird man Sie festnehmen. Sie haben jetzt die Chance, alles in Ordnung zu bringen, indem Sie mir helfen.« Wir kamen an der Schleuse an.
    Das Sicherheitspersonal musterte uns eingehend. Frau Kotten drehte sich nicht zu uns um, als sie mit den Kindern an der Hand hindurchging.
    Eine der Damen registrierte nickend ihre Bordkarte. Eines der Mädchen sah mit großen Augen zurück - mir entgegen. Doch dann wurde mir klar, dass es nicht zu mir, sondern zu seinem Vater sah, der neben mir stehen geblieben war.
    Er schüttelte den Kopf und wollte gehen. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihn harsch am Arm zu packen.
    »Wenn Sie da durchgehen, schlage ich Alarm.«
    Ein reiner Bluff. Er hatte nichts zu befürchten. Man würde sich erst mal mit mir beschäftigen. Aber ihm ging offenbar so die Flatter, dass er keinen klaren Gedanken fassen konnte.
    Die Wachmänner sahen herüber, blieben aber stocksteif stehen.
    »Ich warne Sie«, zischte ich.
    Frau und Kinder waren weiter hinten ebenfalls stehen geblieben. Sie musterten uns.
    »Wenn das hier vorbei ist, können Sie ihnen hinterherfliegen. Wahrscheinlich morgen schon.« Falls man ihn lässt, dachte ich.
    »Was soll ich tun?«
    »Mich nicht zwingen, hier am Flughafen die Waffe zu ziehen, und einfach mitkommen. Wir haben es eilig.«
    Ein paar Sekunden vergingen, in denen Kotten immer noch seine Chancen abzuwägen schien.
    Dann nickte er kurz. Wie auf Kommando drehte sich seine Familie jenseits der Absperrung um und ging langsam davon.
    *
    Wir drängten uns an den Schlangen von Urlaubern vorbei in Richtung Ausgang. Draußen dröhnte die Sommernacht, wie sie nur in der Nähe einer Autobahn dröhnen konnte. Die Wärme war noch so stark, dass man sich ohne Weiteres einbilden konnte, gerade in Santo Domingo angekommen zu sein.
    Kotten keuchte. Das schnelle Gehen strengte ihn an.
    »Wo steht Ihr Wagen?«, fragte ich. »Sagen Sie bloß, Ihre Frau hat den Schlüssel?«
    »Nein, nein, ich habe ihn.«
    Wir betraten das Langzeit-Parkhaus. Es ging an

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