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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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of London hätte gegenüberstehen sollen, nie verwirklicht worden war. Der Mann hatte doch wenigstens Humor.
    Sie schaute sich um, als sie Resnick hereinkommen hörte, und sagte lächelnd Hallo. Aber das Lächeln erlosch, noch ehe sie ganz aus ihrem Sessel aufgestanden war.
    »Nancy?«, fragte sie.
    Er nickte und bot ihr beide Hände, aber sie wandte sich ab und ging zum Fenster. Dort blieb sie stehen, die Stirn an die Scheibe gedrückt, die Augen geschlossen, in Erwartung des Schlags. Das Glas lag kalt an ihrer Haut.
    Resnick wusste nicht, wie er es ihr anders hätte sagen sollen. »Sie wurde heute in den frühen Morgenstunden tot aufgefunden. Sie war auf einem Acker verscharrt. Sie ist erdrosselt worden.«
    Dana zuckte zusammen wie unter einem Stromstoß, und ihr Kopf schlug hart gegen die Fensterscheibe. Behutsam zog Resnick sie an sich und hielt sie fest. Sie atmete in abgerissenen Stößen.
    »Wissen ihre Eltern es schon?«
    »Ja.«
    »O Gott.« Langsam, während Resnick sie immer noch hielt, schwang ihr Oberkörper nach vorn, bis ihr Kopf wieder das Glas berührte. Jemand kam ins Zimmer und ging, auf einen Blick von Resnick, schnell wieder hinaus. »Sie war so – schön«, sagte Dana.
    »Ja, das war sie.«
    Zitternd wandte sie sich ihm zu, und Resnick hielt sie in den Armen und versuchte, nicht an die Zeit zu denken. Skelton würde jetzt in Vorbereitung einer Pressekonferenz Gespräche führen und Anweisungen erteilen. Resnick, als leitender Ermittlungsbeamter, der dabei gewesen war, als die tote Nancy Phelan geborgen wurde, würde selbst noch vor Ende des Tages vor die Fernsehkameras treten müssen. Von draußen war schwach das Läuten der Glocke auf dem Rathaus zu hören, die die Stunde schlug.
    »Du musst jetzt sicher gehen«, sagte Dana. Sie löste sich von ihm und ging zu ihrem Schreibtisch, wo sie eine Box Papiertücher stehen hatte. »Gott, ich sehe bestimmt fürchterlich aus.«
    »Du siehst gut aus.«
    Dana schniefte und lächelte mühsam. »Nur gut?«
    »Phantastisch.«
    »Weißt du schon, dass ich einen neuen Job habe?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ja, in Exeter. Ich fange nächsten Monat an.« Sie lachte plötzlich. »Andrew hat mir ein so hervorragendes Zeugnis geschrieben, dass die Leute dort kaum verstehen konnten, wieso er mich gehen lässt.«
    »Meinst du, es geht?«, fragte Resnick.
    »In Exeter?«
    »Nein, jetzt.«
    Dana seufzte. »O ja, irgendwie wird’s schon gehen. Es muss gehen.«
    Resnick drückte ihre Hände und küsste sie zart auf den Mund. »Ruf mich an, wenn es zu schlimm wird.«
     
    Michelle, die auf keinen Fall ›Nachbarn‹ verpassen wollte, hatte sich früh mit der Kleinen hingesetzt und bekam nun noch das letzte Drittel der Nachrichten zu sehen. Irgendeine Schwarze stand vor einem bäuerlichen Anwesen und beantwortete Fragen eines Reporters. Michelle glaubte, es ginge um Salmonellen oder Rinderwahnsinn, bis links oben auf dem Bildschirm eine Fotografie von Nancy Phelan eingeblendet wurde. Hastig beugte sie sich vor, um den Ton lauter zu stellen. Beinahe im selben Moment wechselte das Bild und zeigte einen Mann mit rundem Gesicht, der, fand Michelle, traurig aussah. Inspector Charles Resnick, CID, lautete die Bildunterschrift, die sich quer über seine Krawatte zog. Er sprach von »tiefem Bedauern« und »erneuten Anstrengungen«, und als der Reporter fragte, ob er glaube, Nancy Phelans Tod sei die direkte und unglückliche Folge polizeilichen Versagens, wurde sein Mund schmal und seine Augen zogen sich zusammen, ehe er antwortete: »Dassteht nicht zur Debatte. So etwas zu behaupten, wäre reine Spekulation.«
    Was natürlich die Spekulationen nicht aufhalten würde.
     
    Drüben, auf der anderen Seite des Trent, hatte Robin Hidden zwar sein Telefon ausgestöpselt, aber den Ansturm von Reportern und Nachrichtenteams der Lokalsender, die sein Haus belagerten, konnte er nicht abwehren. Schließlich schlich er sich hinten aus dem Haus und pirschte sich, nachdem er die Zäune mehrerer Hintergärten überwunden hatte, zwischen Rosenbüschen und Goldfischteichen hindurch wieder zur Straße hinaus.
    Am Kiosk kaufte er sich eine Zeitung, weil er Kleingeld brauchte, und rief Mark an. Sein Freund, der gerade dabei war, im Bad ein paar Kacheln zu erneuern, hatte in ›The World at One‹ von den neuesten Entwicklungen gehört. »Warum kommst du nicht her?«, fragte er spontan. »Ich habe noch ein paar Tage Urlaub. Wir könnten noch mal den Helvellyn in Angriff nehmen. Neunhundert Meter

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