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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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»Haben Sie eigentlich Frauen in Ihrem Team?«, fragte sie Resnick, als der Pathologe zu seinem Wagen zurückkehrte.
    »Eine, ja. Warum?«
    »Unterstützen Sie die auch immer so tatkräftig wie mich eben?«
    Jeder Gedanke daran, dass sie ihm ein Kompliment machen wollte, wurde von dem Blick, mit dem sie ihn ansah, zunichtegemacht.
     
    Harry Phelan stand in unveränderter Haltung da, eine Vogelscheuche mitten auf einem gepflügten Feld, auf dem nichts wuchs, das hätte schützen können. Clarise war nun doch aus dem Auto gestiegen und hatte sich bis zum Tor gewagt, aber nicht weiter. Als Resnick ihr den Arm um die Schultern legte, begann sie wieder zu weinen und lehnte ihren Kopf an seine Brust.
    »Ich habe Angst um Harry«, sagte sie, in die zerrupften Reste eines feuchten Papiertaschentuchs schniefend. »Er hat mit seiner ganzen Energie geleugnet, dass Nancy etwas passiert sein könnte. Sogar auf der Fahrt hierher hat er immerwieder gesagt, ihr ist nichts passiert, du wirst schon sehen, die Frau da draußen, das ist nicht sie. Das ist bestimmt nicht Nancy.«
    Resnick löste sich von ihr, um aufs Feld hinauszugehen. Harry drehte nur einmal kurz den Kopf, um zu sehen, wer kam, sonst rührte er sich nicht. Eine Zeitlang sprachen sie nichts, zwei Männer, der eine kurz vor der Lebensmitte, der andere schon darüber hinaus. Nicht zum ersten Mal fühlte sich Resnick nutzlos, der Aufgabe nicht gewachsen. Wie soll man einen Mann trösten, der soeben den Leichnam seines ermordeten Kindes identifizieren musste? Wenn er und Elaine Kinder gehabt hätten, hätte er es dann besser gewusst? Hätten die Umstände ihn eines Tages, jemals, zu verstehen gelehrt?
    »Wenn das Lösegeld bezahlt worden wäre, wäre das nie passiert.« Kein Zorn schwang jetzt mehr in Harry Phelans Stimme, keine Leidenschaft. Sein Leben war erloschen.
    »Das wissen wir nicht«, sagte Resnick.
    »Wenn alles richtig abgelaufen wäre, wenn die Übergabe nicht schiefgegangen wäre   …«
    »Es ist möglich, dass sie schon vorher getötet wurde.«
    Harry Phelan starrte ihn an, zu tief betäubt, um richtig zu verstehen. Eine Schar Kiebitze stieg wie auf Kommando am Rand des Feldes auf, flog einen Halbkreis und landete halbwegs zwischen der Stelle, wo sie standen, und der Seitenhecke. Drüben auf dem Hof wurden mit laut brummenden Motoren Fahrzeuge angelassen. Resnick wusste, dass er gehen sollte, aber er bewegte sich nicht von der Stelle.
    »Glauben Sie, dass Sie ihn fassen?«
    Resnick ließ sich Zeit mit seiner Antwort. »Ja«, sagte er schließlich und alles in allem glaubte er wirklich daran.
    »Aber passieren wird ihm gar nichts. Selbst wenn Sie ihn schnappen. Irgendein sogenannter Sachverständiger miteinem Haufen Titeln wird vor Gericht irgendwelchen Käse erzählen, und dann sperren sie ihn in eine Anstalt und lassen ihn nach zehn Jahren wieder raus.«
    Resnick sagte nichts.
    »Wenn Sie ihn wirklich kriegen«, sagte Harry Phelan, und sein Ton war so leidenschaftslos wie zuvor, »dann sorgen Sie um Gottes willen dafür, dass er mir nicht unter die Augen kommt. Sonst kann ich für nichts garantieren.«
    Nach einigen Minuten sah Resnick Harry Phelan an und wartete, bis dieser seinen Blick erwiderte; dann machten sie sich beide auf den Rückweg über das Feld.
     
    Sharon Garnett erwartete ihn am Auto, ein wenig angespannt, die Beine leicht gespreizt, das Gesicht wild entschlossen. Resnick machte sich auf eine weitere Gardinenpredigt gefasst.
    »Gibt’s in Ihrem Team auch mal freie Stellen?«, fragte sie.
    Resnick brauchte einen Moment, um ihr folgen zu können, das hatte er nicht erwartet. »Ab und zu, ja«, antwortete er. »Wenn jemand befördert oder versetzt wird.« Er sagte ihr nicht, dass erst vor kurzem einer seiner Männer brutal erstochen worden war, als er versucht hatte, bei einer Schlägerei unter Jugendlichen zu schlichten.
    »Ich hab mich doch hier«, sagte Sharon mit einem Blick zurück zu der Stelle, wo die Leiche gefunden worden war, »ganz gut geschlagen, oder?«
    Resnick nickte. »Ja, kann man sagen.«
    »Wenn ich mich also bewerben würde   –« wieder dieses feine Lächeln – »könnte ich mit einer Empfehlung von Ihnen rechnen.«
    »Das wundert mich jetzt aber schon, dass Sie nach dem, was Sie mir vorhin gesagt haben, überhaupt daran denken, mit mir zusammenzuarbeiten.«
    Sie trat zurück und musterte ihn amüsiert. »Ich würde sagen,dass Sie eigentlich ganz okay sind, Sir. Sie brauchen nur jemanden, der Ihnen ab und zu mal einen

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