Nebel über dem Fluss
Augen herum verquollen, ob vom Trinken oder vom Weinen, war nicht zu sagen.
Sie hob auffordernd die Flasche und schenkte sich, als er ablehnte, den Rest selbst ein.
»Es gibt wohl nichts Neues«, sagte sie.
Resnick schüttelte den Kopf.
Dana zupfte am Saum eines orangeroten Oberteils, das offenbar über den Gürtel gerutscht war. »Das dachte ich mir schon, sonst hätten Sie es sicher gleich gesagt. Am Telefon, meine ich.« Sie setzte das Glas an den Mund und trank. »Außer es wäre eine schlechte Nachricht.«
Er sah sie mit festem Blick an.
»O Gott«, sagte Dana. »Sie ist tot, stimmt’s? Ist sie tot?«
Resnick sprang rechtzeitig auf, um das Glas aufzufangen, das ihr aus der Hand fiel. Der Wein ergoss sich über seinen Ärmel. Mit der anderen Hand stützte er sie, die Finger weit gespreizt, hoch im Rücken. Sie fiel schwer gegen ihn, das Gesicht mit den geschlossenen Augen war dem seinen sehr nahe. Er spürte ihren Atem auf seiner Haut.
»Nein. Ich bin nicht hier, um Ihnen eine schlechte Nachricht zu überbringen.«
»Wirklich nicht?«
»Wirklich nicht.«
Durch den dünnen Stoff ihrer Kleidung fühlte er ihren Körper an seinem.
»Beruhigen Sie sich.«
Sie öffnete die Augen. »Kann ich das?«
Er war sich ihrer Nähe stärker bewusst, als er wünschte. »Ja«, antwortete er.
Nur eine einfache Bewegung, wie sie ihm ihren Mund entgegenhob. Ein flüchtiger Moment, in dem etwas ihn warnte, ihm sagte, dass dies falsch war. Ihr Atem war warm, und ihr Mund, der ein wenig nach Wein schmeckte, so weich und einladend.
Resnick hätte nicht sagen können, wie es geschah, sie sanken neben dem Sofa zu Boden. Sein Jackenärmel und die Manschette seines Hemds waren dunkel vom Wein.
»Ich habe Ihren Anzug ruiniert«, sagte Dana.
Sie half ihm, halb aus der Jacke zu schlüpfen. Einen nach dem anderen leckte sie seine Finger ab.
»Ich weiß nicht einmal, wie Sie heißen«, sagte sie. »Mit Vornamen.«
Er berührte ihre Brust und stöhnte leise auf. Dana drehte sich ein wenig unter ihm, schob ein Bein zwischen die seinen und umschloss sein Gesicht mit ihren Händen. Sie warsich ziemlich sicher, dass er seit langem keine Frau mehr geküsst hatte.
»Charlie«, sagte er.
»Was?« Ihre Stimme war weich und laut, ihre Zunge an seinem Ohrläppchen.
»So heiße ich – Charlie.«
Das Gesicht an seine Schulter gedrückt begann sie zu lachen.
»Was ist?«
»Ich kann es nicht fassen …«
»Was denn?«
»Dass ich hier mit einem Polizisten namens Charlie liege.«
Er wälzte sich von ihr weg, aber sie folgte ihm, das Haar fiel ihr lose ums Gesicht, als sie sich über ihn beugte, und aus dem Lachen war ein Lächeln geworden.
»Charlie«, sagte sie.
Seine Augen spiegelten immer noch den Schock.
Sie umfasste seine Hände und führte sie zu ihrer Brust. »Vorsichtig«, sagte sie. »Vorsichtig, Charlie. Lass dir Zeit.«
»Charlie? Alles in Ordnung?«
Sie lagen in Danas breitem Bett unter einer Daunendecke, die in violetten und feuerroten Blumen schwamm. Im Zimmer roch es nach Duftsträußchen, nach Schweiß und Sex und, ganz schwach, nach Chanel No. 5. Dana hatte noch ein Flasche Wein geöffnet und Musik aufgelegt. Durch den Spalt der halboffenen Tür drang Rod Stewarts Stimme, »I Don’t Want to Talk About It«. Im Kopf hatte Resnick Ben Webster mit »Someone to Watch Over Me« und »Our Love is Here to Stay«.
»Wunderbar«, sagte er. »Ganz wunderbar.« Er wusste selbst nicht, wie ihm geschah, aber im Moment war er ganz zufrieden.
»Aber still bist du«, sagte Dana. Er sah, dass sie lächelte.
»Hungrig?«, fragte sie.
»Wahrscheinlich.«
Sie gab ihm einen Kuss auf den Mund, bevor sie aufstand und ohne Eile aus dem Zimmer ging. Ihre Unbefangenheit erstaunte ihn. Er selbst hatte, als er ins Bad gegangen war, seine Boxershorts übergezogen, die er mit den Zehen vom Fußende des Betts gefischt hatte.
Er sah auf seine Uhr, Dana hatte sie ihm abgenommen und auf den Nachttisch gelegt, weil sie sie kratzte: siebzehn nach elf. Er verschränkte beide Hände hinter dem Kopf und schloss die Augen.
Ohne es zu wollen, döste er ein.
Danas Rückkehr ins Zimmer weckte ihn. Sie brachte ein volles Tablett mit – zwei kalte Putenflügel, eine Keule und mehrere Scheiben Brustfleisch, eine Ecke Blauer Stilton, zwei zur Hälfte geleerte Plastikbehälter mit Hummous und Taramas, Weintrauben, die an den Stielen schon ein wenig braun wurden, ein Becher mit Kaffee und ein zweiter mit Orangen-Hibiskustee.
»Mach ein
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