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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gewesen sein?«, fragte sie. »Sie kann doch die Sachen nicht selbst hergebracht haben.«
    »Ausgeschlossen ist es nicht.«
    »Aber auch nicht wahrscheinlich.«
    »Nein.«
    »Dann war er es.«
    Resnick sah sie an.
    »Der Mann, mit dem sie weggefahren ist. Der sie entführt hat. Er war hier in der Wohnung.« Furcht flackerte in ihrem Blick.
    Einer der Beamten der Spurensicherung kam ihnen entgegen, und Resnick wandte sich ab, um mit ihm zu sprechen.
    »Keine Zeichen gewaltsamen Eindringens. Nirgends. Höchstwahrscheinlich wurde ein Schlüssel benutzt.«
    Resnick nickte. Nancy hatte ihren Schlüssel sicher in der Tasche gehabt.
    »Aber warum tut er so etwas?«, fragte Dana, als der Beamte gegangen war. »Wozu sich die Mühe machen? Was soll das?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Resnick. »Noch nicht. Nicht mit Sicherheit.«
    »Er will euch vorführen. Zeigen, wie schlau er ist.« Die Hände zu Fäusten geballt, verschränkte Dana die Arme fest vor der Brust. »Dieses Schwein.«
    Draußen gingen Beamte von Tür zu Tür, begannen die Nachbarn zu befragen, die noch zu Hause waren, ob sie etwas Ungewöhnliches bemerkt, vielleicht eine unbekannte Person beobachtet hatten, die das Haus betreten oder sichlängere Zeit in seiner Umgebung aufgehalten hatte. Dana war vom späten Vormittag bis zum frühen Abend außer Haus gewesen. Wer auch immer Nancys Kleider in die Wohnung gebracht hatte, konnte das in dieser Zeit, an die acht Stunden, ungehindert getan haben.
    Resnick dachte über die wiederaufgetauchten Kleidungsstücke nach. »Was ist mit der Unterwäsche«, sagte er. »Hast du eine Ahnung, was sie angehabt haben könnte?«
    »Du meinst, was genau?«
    »Ja.«
    Dana schüttelte den Kopf. »Nein, genau kann ich das nicht sagen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Etwas Hübsches auf jeden Fall.«
    »Könntest du mal nachsehen, wenn unsere Leute da drinnen fertig sind? Die Schubladen durchsehen? Vielleicht fällt dir etwas auf, man kann nie wissen.«
    »Ja, natürlich.«
    »Kann ich mal dein Telefon benutzen?«, fragte Resnick dann.
    »Bitte.«
    Während er wählte, blickte er zu Dana zurück, die jetzt auf der Armlehne des Sofas saß, die Hände auf den Oberschenkeln, das füllige Gesicht blass, offensichtlich wieder den Tränen nahe.
     
    Alice Skelton führte schon den ganzen Abend einen zermürbenden Feldzug des Schweigens gegen ihren Mann, indem sie ihn vor den beiden Ehepaaren, die sie zu Gast hatten, demonstrativ ignorierte. Als man sich zum Essen setzte, war sie bereits ziemlich angetrunken und begann, ihn offen zu beleidigen.
    »Jack«, erklärte sie laut, während sie das Johannisbeergelee weiterreichte, »ist der Mann, für den die Bezeichnung analfixiert erfunden wurde.«
    Skelton verschwand, um noch Wein zu holen. Seine Gäste wünschten, sie könnten das Gleiche tun.
    Als einige Zeit später das Telefon läutete, sprang Skelton mit dem innigen Wunsch, der Anruf möge ihm gelten, hastig auf.
    »Das ist wahrscheinlich sie.« Alices Hohn trieb ihn aus dem Zimmer. »Die Eisbombe, die dir ein glückliches neues Jahr wünschen möchte.«
    Es war Resnick. Skelton hörte ihm lang genug zu, um zu erfassen, worum es ging, dann bat er ihn, sich auf der Dienststelle mit ihm zu treffen, sobald er dort, wo er gerade zu tun hatte, fertig sei.
    »Etwas Dringendes?«, fragte Alice spöttisch. »Womit sie ohne dich nicht fertig werden?«
    Skelton entschuldigte sich bei ihren Gästen und ging.
    »Grüß sie recht herzlich von mir«, schrie Alice ihm nach. Und dann leise zu ihrem Auberginenauflauf: »Das eingebildete Luder.«
     
    »Kannst du irgendwo bei Freunden unterkommen?«, fragte Resnick. »Wenigstens für heute Nacht.«
    »Du glaubst doch nicht, dass er wiederkommt?«
    »Nein. Es gibt überhaupt keinen Anlass, das zu glauben. Wenn du wirklich besorgt bist, können wir draußen einen Mann postieren. Ich dachte nur, du würdest dich woanders wohler fühlen.«
    Dana beugte sich ein wenig vor und sah ihm in die Augen. »Könnte ich nicht bei dir bleiben?«
    Resnick sah sich um, ob auch keiner etwas gehört hatte. »Unter den Umständen besser nicht.«
    »Na gut«, sagte Dana, obwohl sie es offensichtlich gar nicht gut fand.
    »Du hast doch bestimmt Freunde, bei denen du unterkommen kannst?«
    »Wenn ich hierbliebe«, beharrte Dana, »würdest du dann herkommen? Später?«
    Resnick dachte an Marian, die im Polnischen Klub die Stunden bis Mitternacht zählte; und er dachte an etwas anderes. »Ich weiß nicht«, sagte er.

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