Nebelflut (German Edition)
Ich rufe einen Arzt und meine Kollegen an. Es wird alles gut.« Vorsichtig stand er auf und lächelte ihr aufmunternd zu. Er hoffte, dass sie es trotz der Dunkelheit sehen konnte. »Es dauert nicht lange.«
Er vergewisserte sich, dass Namara noch an Ort und Stelle und immer noch außer Gefecht gesetzt war, dann holte er sein Handy heraus. Als er es einschaltete stellte er fest, dass er mehrere Anruf von Sean verpasst hatte. Der Alte würde Augen machen, wenn er ihm erzählte was passiert war.
»McCarthy, was treibst du denn?«, meldete sich Sean. Er war außer Atem und seine Stimme überschlug sich.
»Ich habe Namara gefunden.« Brady ging ein paar Schritte auf das offene Scheunentor zu und atmete die frische Luft ein.
»Mach bloß keinen Unsinn, wo steckst du?«
»Auf der Schaffarm. Ich habe den Doc hier gefunden.«
»Verflucht, Junge, hast du den Verstand verloren?«
»Beruhig dich, Sean. Er ist völlig wehrlos.«
»McCarthy, was hast du getan? Namara ist nicht unser Mann!«
» ist er nicht? Ich verstehe nicht ganz, er wollte Chloe …« Brady begriff nun gar nichts mehr und gleichzeitig alles. Es schien, als hätte man ihm mit einem Ruck den Boden unter den Füßen weggezogen.
»Sie haben David Mahony aus dem Koma geholt. Namara ist nicht unser Mann, Brady, hörst du? Chloe ist es, deine Chloe! Mahony hat es uns gesagt!«
Brady ließ das Handy sinken und drehte sich langsam um. Chloe stand vor ihm und hatte Namaras Pistole auf ihn gerichtet.
»Fallen lassen.« Sie deutete mit dem Kopf auf Bradys Waffe.
Brady öffnete die Hand und seine Pistole fiel mit einem dumpfen Laut ins Stroh. »Chloe, was …?« Er war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Noch vor zwei Minuten schien alles gut zu werden und jetzt?
Chloe entsicherte die Waffe und richtete den Lauf auf seine Stirn. In ihrem Blick lag eine Kälte und Entschlossenheit, die er noch nie zuvor bei ihr gesehen hatte.
»Bitte, mach keinen Unsinn. Tu das nicht.« Brady spürte, dass ihm Tränen über die Wangen liefen. »Chloe …«
Sie verzog den Mund zu einem Grinsen. »Es gibt keine Chloe.« Mit diesen Worten drückte sie den Abzug.
Epilog
Das Erste was Patrick hörte war das stetige Piepsen des Herzmonitors. Er lebte also, aber er konnte in diesem Moment nicht ausmachen, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Scheinbar war er in einem Krankenhaus, aber wie war er hierher gekommen? Das Letzte woran er sich erinnerte war, dass er durch ein dunkles Haus gehetzt war, über eine verfallende alte Farm, auf der Suche nach Amy.
Stopp.
Es war nicht Amy gewesen, die er gesucht hatte, sondern Sophie. Das Kindermädchen hatte ihn begleitet und war dann verschwunden und dann war auf einmal Brady McCarthy aufgetaucht und hatte auf ihn geschossen. Das bedeutete, dass er nach wie vor verdächtig war. Vielleicht überführt. Vielleicht war das hier die Krankenstation des Gefängnisses, in dem er den Rest seiner Tage verbringen würde. Wenn er mit dieser Vermutung recht hatte, hoffte Patrick, dass er lange, lange bewusstlos gewesen war.
Er versuchte sich zu bewegen, kontrollierte, ob seine Gliedmaßen noch funktionierten, ob er noch vollständig war. Sofort explodierte ein greller Schmerz in seiner Brust, der ihn zurück in die Kissen sinken ließ. Er stöhnte auf und es fühlte sich komisch an. Seine Kehle war völlig ausgetrocknet, als habe ihm jemand ein Stück Schmirgelpapier in den Hals gesteckt. Etwas stimmte nicht.
Patrick hob die Hand zum Hals, es kostete ihn unendliche Anstrengung. Er ertastete einen dünnen Schlauch, der sich scheinbar in seine Haut hinein wand und die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz: Er atmete nicht. Zwar merkte er, wie stetig Luft in seine Lungen gepumpt wurde und wie sie durch seinen Mund wieder entwich, aber dafür war er nicht verantwortlich. Es war die Maschine. Es hatte seine Lunge erwischt. Für einen kurzen Moment drohte er in Panik zu geraten, dann überrollte ihn die Erinnerung wie ein Sturzbach. Er wusste das alles schon. Er war hier im Krankenhaus schon mehrmals kurz wach geworden, hatte mitbekommen, wie es Tag und wieder Nacht wurde. Hatte bei jedem Aufwachen versucht, die Ereignisse zusammenzukriegen, aber jedes Mal hatte ihn etwas davon abgehalten. Ein paar Mal war er vom heißen Pochen in seiner Brust wieder bewusstlos geworden. Manchmal waren Stimmen um ihn herum gewesen, die es ihm unmöglich gemacht hatten, sich zu konzentrieren. Einmal hatte eine Schwester seinen Blutdruck gemessen und
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