Nebelflut (German Edition)
Worten suchte. »Du bist wohl wirklich nicht da. Also dann.«
Der Anrufbeantworter piepte und spielte eine zweite Nachricht ab.
»Mister McCarthy? Hier spricht Daniel Grisham – der Besitzer vom Blue Gardenia.«
Brady wurde hellhörig und trat näher.
»Sie waren an Silvester in meinem Pub und … nun bin ich zurück und denke, dass ich Ihnen in dieser Sache weiterhelfen kann. Rufen Sie mich bitte an. Oder kommen Sie vorbei.« Grisham hinterließ seine Nummer, dann legte er auf.
Brady grinste zufrieden. Das Jahr fing doch schon mal gut an.
» Ich kann rausfahren.«
Auch das noch. Seans plötzlicher Sinneswandel hatte Brady gerade noch gefehlt. Er schüttelte den Kopf und hob beschwichtigend die Hände. »Mir geht es wirklich gut.«
»Du siehst verkatert aus, McCarthy.« Sean beugte sich über seinen Schreibtisch und musterte Brady, der vor dem Fenster stand, eindringlich. »Du sahst schon nach Weihnachten verkatert aus …«
Brady setzte sich Sean gegenüber. »Ich habe Silvester bei meiner Familie verbracht, da braucht man den ein oder anderen Drink.«
Sean hob eine seiner buschigen Augenbrauen und schwieg.
»Sag nicht, so geht es dir nie. Es wurde spät, wir haben getrunken und gestern habe ich den ganzen Tag im Bett verbracht. Gut möglich, dass ich deshalb nicht ganz so frisch aussehe.«
»Wenn du ein Alkoholproblem hast …«
» Habe ich nicht.«
»Kannst du noch Auto fahren?«
Brady lachte auf. »Ja doch. Ich habe gestern keinen Tropfen angerührt, ich schwöre es.«
»Geh mir bloß kein Risiko ein. Wenn du dich totfährst, dann ist keinem geholfen.«
»Ich fahre mich nicht tot.«
»Klopf, klopf.« Kilian trat in den Türrahmen des Büros. »Ich habe den Obduktionsbericht dabei.«
»Zeigen Sie her.« Sean nahm ihm die Akte ab und öffnete sie.
Brady musterte Kilian, der über den Jahreswechsel um Jahre gealtert zu sein schien. »Sie waren bei den Namaras?«
»Tun Sie mir das nie wieder an, Callahan.« Kilian lehnte sich an eine Wand und senkte den Blick. »So etwas muss ich nicht noch einmal haben.«
»So schlimm?«
»Die Mutter war am Boden zerstört.«
»Und Mister Namara?«
»Saß wie versteinert in seinem Sessel«, sagte Kilian mitleidig. Er schüttelte den Kopf. »Ich möchte gar nicht wissen, wie die beiden sich jetzt fühlen.«
»Sie hätten doch damit rechnen müssen, nach all den Jahren.«
»Schon mal was von Hoffnung gehört, McCarthy?« Sean nahm für diese Schelte nicht einmal den Blick aus dem Bericht.
»… ich meine ja nur.« Brady lehnte sich zurück. »Was sagt die Obduktion?«
»Moment.« Sean las noch einen Augenblick, dann sagte er: »Das Opfer wurde aller Wahrscheinlichkeit nach zunächst bewusstlos geschlagen, an Händen und Füßen gefesselt und dann, wie wir schon befürchtet hatten, nach Strich und Faden gefoltert. Die vielen Schnitte stammen von einer dünnen, scharfen Klinge, vermutlich einem Rasiermesser.«
»Im Keller der Farm hing eins an der Wand.« Brady blickte Kilian an.
»Ja, du Schlaumeier. Und dort unten hingen auch eine Zange und ein großer Stahlhammer. Mit beidem wurde unser Opfer ebenfalls malträtiert. Daher die Knochenbrüche und einige Quetschungen an den Weichteilen.«
»Autsch.« Brady verzog das Gesicht. Er hatte sich mal den Finger in der Tür eingeklemmt und vor Schmerz fast angefangen zu heulen. Er wollte gar nicht wissen, wie der Getötete gelitten hatte.
»Das kannst du laut sagen.« Sean schloss den Bericht und rieb sich die Augen. »Abschließend wurde unser Mann mit einem Torfstecher erschlagen.«
»Davon lagen doch mehrere in dem Schuppen, oder?«, warf Kilian ein.
»Ja, aber keiner mit Blutspuren daran.«
»Der Täter foltert das Opfer also und hängt die Instrumente danach zurück in den Keller, aber die Mordwaffe nimmt er mit.«
»Vielleicht braucht er sie noch«, mutmaßte Brady und für einen Moment herrschte beklommenes Schweigen. »Haben wir schon was von den Fingerabdrücken im Keller gehört?«, fragte er schließlich.
»Absolut unbrauchbar. Zum größten Teil verwischt. Ein paar konnten mit denen des Opfers abgeglichen werden, aber auch da waren immer nur fünf oder sechs Marker intakt«, erklärte Kilian.
»Das bringt uns doch alles nicht weiter. Ich werde jetzt zu Grisham gehen. Er ist momentan die einzige Spur, die nicht in eine Sackgasse führt.« Brady stand auf und wartete nicht, bis Sean wieder irgendwelche Einwände erheben konnte, sondern verließ auf dem schnellsten Weg das Büro. Draußen vor dem
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