Nebelflut (German Edition)
prasselten gegen die Scheibe. Unter jedem Tropfen bebte das Fenster, als wolle es jeden Moment zerspringen. »Ich frag mich, wer die ganzen Infos herausgegeben hat. Du nicht?«
»Wieso sollte ich? So läuft das doch immer. Irgendwen gibt es in jeder Einheit, der nicht den Mund halten kann. Für ein bisschen Rampenlicht tun die Ratten doch alles.«
»Wäre es nicht besser, wenn wir der Presse ganz offiziell Infos geben würden? Natürlich nur die, die sie auch unbedenklich verwenden können?« Brady hoffte, dass Sean nicht dahinter kam, was er mit seiner Fragerei wirklich im Schilde führte.
»Dafür geben wir Pressekonferenzen. Aber irgendwas sickert wie gesagt immer durch.«
»Vielleicht ja auch nicht«, murmelte Brady.
»Bitte?«
»Nichts.« Brady trank, dann schaute er nachdenklich in seinen Becher. »Bisher ist ja alles gut gegangen. Scheint ein Einzeltäter gewesen zu sein, was?«
»Unsere Meinungen gehen auseinander, was den Täter betrifft, McCarthy, das müsstest du mittlerweile kapiert haben.«
Während Brady noch überlegte, was er erwidern sollte, schrillte das Telefon. Sean streckte die Hand aus, aber Brady kam ihm zuvor: »Ich bin dran.« Er nahm den Hörer ab. »Dublin County Morddezernat, Detective McCarthy am Apparat.«
Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass Sean aus dem Zimmer ging. Sollte er doch.
»Irene Pajak hier. Ich habe Ihren Aufruf in der Zeitung gesehen.«
»Hallo Misses Pajak. Können Sie uns weiterhelfen?«
»Der Mann auf dem Phantombild – ich weiß, wo er ist.«
Bradys Herz begann zu rasen. Wenn Misses Pajak ihn nicht reinlegen wollte, wie es bei Zeugenanrufen öfters der Fall war, dann war heute sein absoluter Glückstag. »Sind Sie sich sicher, dass er sich um den Mann auf dem Bild handelt?«
»Ganz sicher. Die Narbe auf der Wange, daran habe ich ihn sofort erkannt.«
»Gut, Misses Pajak, können Sie mir sagen, wo sich der Mann aufhält?« Brady stellte die Tasse ab und griff nach dem erstbesten Kugelschreiber.
»Die Männer. Es sind zwei.«
»Zwei Männer mit Narbe?«
»Nein, die Narbe trägt nur einer von ihnen. Der andere ist etwas jünger und dünner. Und sie hatten noch eine Frau dabei.«
»Eine Frau?« Entweder wurde die ganze Sache immer mysteriöser oder Irene Pajak irrte sich schlichtweg. »Misses Pajak, sprechen Sie die drei unter keinen Umständen an, in Ordnung?«
»Ist schon zu spät. Sie sind Silvester zu mir in die Pension gekommen, ich musste mit ihnen reden.« Irene Pajak klang entschuldigend.
»Sie sind bereits vor so langer Zeit bei Ihnen untergekommen?«
»Ganz genau, aber erst heute Morgen ist mir die Suchmeldung aufgefallen. Die drei haben hier ein einfaches Doppelzimmer und ein Einzelzimmer gemietet.«
»Wo befindet sich ihr Gasthaus?«
»In Corbally. Die Shamrock-Lodge an der N81, kennen Sie sie? Sie ist ausgeschildert. Sie müssen über eine kleine Brücke und schon sind Sie da.«
Brady notierte sich die Informationen. »Danke, Misses Pajak. Versuchen Sie, den dreien aus dem Weg zu gehen, in Ordnung?«
»Ja, aber ich glaube nicht, dass es nötig ist. Die Frau habe ich nur beim Einchecken gesehen und die beiden Männer das letzte Mal am Silvesterabend. Sie sind sehr stille Gäste.«
Irene Pajak mochte das beruhigen, aber Brady kam es höchst seltsam vor. »Ich komme sofort zu Ihnen.«
»In Ordnung, Detective.« Ein kurzes Zögern, dann: »Muss ich Angst haben?«
»Nein, um Gottes Willen.« Brady versuchte sich seine Sorge nicht anmerken zu lassen. Obwohl sich ein ungutes Gefühl in seiner Magengegend ausbreitete, durfte er Misses Pajak auf keinen Fall in Panik versetzen. »Der Gesuchte dient lediglich als Zeuge, mehr nicht. Machen Sie sich keine Gedanken.«
»Also schön. Dann bis gleich.«
»Ich beeile mich.« Brady legte auf und atmete durch. Dann schrieb er Sean eine provisorische Nachricht und machte sich auf den Weg.
-31-
Patrick hatte am Wagen auf Grace gewartet und sich nur knapp von seinen Eltern verabschiedet, als sie schließlich vom Friedhof kamen. Grace hatte angeboten, die Fahrt nach Hause zu übernehmen, aber wenn er eines nicht hatte gebrauchen können, dann tatenloses Herumsitzen. Die gesamte Strecke über hatte keiner von ihnen ein Wort gesagt. Auf halbem Weg hatte ein leichter Nieselregen eingesetzt, sodass zumindest das Quietschen der Scheibenwischer die Stille durchbrach.
Als sie Malahide schließlich erreichten, goss es wie aus Eimern und vom Meer, das gleich hinter der nächsten Häuserreihe lag, zog ein
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