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Nebelflut (German Edition)

Nebelflut (German Edition)

Titel: Nebelflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
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abstellte und nervös auf einem Zahnstocher herumkaute. Offenbar wartete er auf jemanden.
    Erneute Schritte auf den Stufen, dann kam ein zweiter Mann herunter. Jemand, den Brady auch unter hundert Fremden erkannt hätte. Er drehte sich hastig um und wandte der Treppe den Rücken zu.
    »Morgen, Misses Pajak.« Der Narbenmann nickte ihr zu, dann trat er nach draußen und wuchtete gemeinsam mit dem Jungen den Koffer auf die Ladefläche.
    »Ich werde dann mal.« Brady deutete auf den Parkplatz.
    »Ich bin hier, wenn Sie noch Fragen haben.«
    »Danke.« Brady spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach und das Herz ihm bis zum Hals schlug, doch er konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Stattdessen folgte er den beiden nach draußen.
    »He, Sie!« Vermutlich hätte er etwas Intelligenteres sagen sollen, doch auch so drehten sie sich praktisch gleichzeitig zu ihm um.
    Der Jüngere, der auf dem Weg in den Wagen war, wirkte lediglich verdutzt, während die Augen des Älteren schmal wurden. »Ja, bitte?«
    Brady trat auf ihn zu. »Detective Brady McCarthy. Von der Mordkommission.«
    Es war seltsam, dem Narbenmann plötzlich gegenüber zu stehen, denn in Bradys Kopf war er während der vergangenen Tage schon fast zu einem Phantom geworden. Von Nahem betrachtet sah er jedoch nicht sonderlich mysteriös aus. Er machte einen sportlichen Eindruck und mochte etwa in Bradys Alter sein. Unter seiner Lederjacke trug er schlichte, geradezu ärmliche Kleider. Keine Marken-Embleme, kein Schmuck, nichts Auffälliges, weder positiv noch negativ.
    »Und Sie sind?«
    Er ignorierte Bradys Frage. »Mordkommission? Was wollen Sie?«
    »An Weihnachten wurde in Brittas eine Leiche gefunden und ich führe Befragungen durch. Überall in der Gegend.«
    »Aha. Aber wir sind hier in Corbally.«
    »Das ist mir bekannt. Dürfte ich bitte Ihren Namen erfahren? Und den Ihres …«
    »Nate Simmon. Und der da hinten ist mein Bruder, Toby.«
    Die Antwort machte Brady stutzig, denn er hätte die beiden für vieles, aber nicht für Brüder gehalten. Der Junge im Wagen war viel blasser und ganz anders gebaut als Nate.
    »Nate und Toby Simmon. Brüder.« Brady zog seinen Notizblock hervor und schrieb sich die Namen auf. Er spürte Nate Simmons Blick auf sich ruhen.
    »Und Sie wollen verreisen?«
    »Sieht das so aus?«
    Simmons unverhohlene Feindseligkeit überrumpelte Brady. Zwar war er keineswegs der erste Landbewohner, der ihm unfreundlich vorkam, aber der gutmütige Spott, den die anderen ihm entgegengebracht hatten, fehlte hier restlos.
    »Wo soll’s denn hingehen?«
    »Ich weiß nicht, ob Sie das was angeht, Mister McCarthy, aber wir sind erst vor wenigen Tagen angereist.«
    Brady blickte auf. In Nate Simmons Augen funkelte derselbe Zorn, den er auch in seiner Stimme zu hören glaubte.
    »Sind Sie alleine hierher gereist?«
    »Ja.«
    »Woher kommen Sie?«
    »Brittas. Die Gastwirtin hat unsere Ausweiskopien. Soll ich sie für Sie holen?«
    »Nein, danke.« Brady würde sich die Unterlagen später von Irene besorgen. »Wie alt sind Sie beide? Ihr Bruder sieht nicht volljährig aus.«
    »Er ist neunzehn. Ich achtundzwanzig.«
    »Sie sind also alleine angereist. Wo sind Ihre Eltern?«
    »Unsere Eltern sind tot.«
    Die Ruhe und Selbstverständlichkeit in Simmons Stimme zeigte Brady, dass ihr Tod schon lange her sein musste und er die Trauerfälle verarbeitet hatte.
    »Das tut mir Leid.«
    »Muss es nicht. Können wir jetzt los?«
    »Nein. Ich möchte wissen, wer die Frau war, mit der Sie am einunddreißigsten Dezember angereist sind.«
    »Eine Anhalterin.«
    »Wem wollen Sie das erzählen?«
    »Na Ihnen, Sie haben doch gefragt.«
    Brady räusperte sich und dachte fieberhaft nach. Irgendwie musste er die beiden Jungs festnageln. Was sollte er jetzt sagen? Solche Spielchen waren definitiv nicht sein Ding. »Mister Simmon. Ich denke, wir wissen beide, weshalb ich hier bin.«
    Simmon blickte ihn fragend an. Sein Gesicht war leicht gerötet, nur die Narbe auf der linken Wange blieb weiß.
    »Sie waren am siebenundzwanzigsten Dezember am Fundort der Leiche. Ich habe Sie gesehen und Sie sind in den Wald geflüchtet.«
    Am Rande seines Blickfelds nahm Brady wahr, dass Toby Simmon aus dem Wagen stieg, doch er ließ sich nicht ablenken und achtete genau auf jede Regung in Nates entstelltem Gesicht. Unauffällig ließ er die Hand zu seiner Waffe wandern.
    »Ich habe keine Ahnung, wie Sie darauf kommen.« Seine Züge blieben unbewegt, Brady konnte weder Erschrecken noch

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