Nebelflut (German Edition)
stellte Irene hüstelnd fest.
»Sie ist wohl nicht da.« Brady ließ seinen Blick durch das zweckmäßige Badezimmer wandern, aber auch hier gab es nichts, was ihm komisch vorkam. »Könnte die Frau auch eine Anhalterin gewesen sein?«
Irene Pajaks Stirn kräuselte sich. »Anhalterin? Die Dame sah aus wie fünfzig und kam mir nicht wie eine Tramperin vor.«
»Wie lange haben die drei die Zimmer gemietet?«
»Zwei Wochen. Bis zum vierzehnten Januar.«
»Alle drei?«
»Ja.«
»Gut, ich möchte mir jetzt Zimmer sieben ansehen.«
Irene Pajaks Kinn zuckte, als wolle sie etwas erwidern, dann nickte sie. »Wenn das in Ordnung geht.«
»Das tut es. Wir werfen nur einen kurzen Blick rein und dann verschwinde ich.«
Das Zimmer der Simmons ähnelte Zimmer neun bis auf das große Doppelbett. Die orangefarbenen Vorhänge waren ebenfalls zugezogen und sorgten für warmes Licht, das Bett war akkurat gemacht und der blumige Geruch von Raumspray lag in der Luft. Doch im Gegensatz zu dem Einzelzimmer wirkte der Raum der Simmons bewohnt. In einer Ecke stapelten sich zwei Reisetaschen, über einem Stuhl hing eine Jacke.
»Gut, das war’s schon«, sagte Brady und wandte sich wieder ab. Er hatte genug gesehen. Offenbar waren die Simmons nicht im Begriff gewesen, irgendwo hin abzuhauen. Was auch immer sie mit dem Koffer wollten, abreisen war es sicher nicht.
»Oh, wirklich?« Irene lächelte erleichtert und schloss hinter sich ab. »Kann ich Ihnen noch irgendwie behilflich sein?«
»Nein, vielen Dank. Sie haben mir schon mehr als geholfen.« Brady schüttelte ihre Hand und hoffte insgeheim, dass es stimmte, was er sagte. Morgen früh würde er hoffentlich Licht ins Dunkel bringen.
»Auf Wiedersehen, Detective.«
»Das sollten Sie sich nicht wünschen.« Brady zwinkerte ihr zu. »Ich bin schließlich von der Mordkommission.«
Irene Pajak wurde bleich.
Brady lachte. »Also dann hoffentlich auf Nimmerwiedersehen.«
-34-
Brady hatte sich schwer getan, einen Treffpunkt für sich und Chloe auszuwählen. Was kannten sie beide, wo war es leise genug, um sich zu unterhalten, aber nicht so privat, dass Missverständnisse aufkommen konnten? Zuerst tendierte er zu The Temple Bar mitten in Dublins Szeneviertel Temple Bar. Doch dann fielen ihm die zahlreichen Touristen ein, die den Laden regelmäßig zum Überkochen brachten. Im Kopf ging er durch, welche Pubs in Temple Bar nicht auf Touristen ausgelegt waren und kam zu dem Schluss, dass er praktisch alle ausschließen konnte. Außerdem herrschte bei zu vielen Gästen fast überall ein Einlass-Stopp und Brady hatte keine Lust, sich draußen mit einem Bouncer herumzuärgern, während die Reporterin drinnen wartete. Er wollte Chloe aber auch nicht mit in seine Stammkneipe bringen, denn sie musste nicht wissen, wo er sich privat aufhielt. Letztendlich hatte er sich also doch für The Temple Bar entschieden, Touristen hin oder her.
Brady drängte sich durch die singenden Massen zur Theke und orderte ein Murphy’s. Dann suchte er sich eine ruhige Ecke, von der aus er den Aufgang in den Gastraum sehen konnte. Leider gab es hier oben keinen freien Sitzplatz mehr, doch er schaffte es, einen Stehtisch zu ergattern. Er nahm gerade den ersten Schluck seines Bieres, als er Chloe MacGowan die Treppe herauf kommen sah. Sie hatte das blonde Haar zu einem strengen Zopf zurück gebunden und trug Jeans und ein schlichtes Top. So natürlich gefiel sie Brady gleich hundertmal besser, als in ihrer aufgetakelten Reporterinnen-Aufmachung. Unwillkürlich stahl sich ein Lächeln auf seine Züge.
Chloe entdeckte ihn und erwiderte sein Lächeln. »Hier stecken Sie.«
»Hallo, Misses MacGowan.« Brady reichte ihr die Hand.
»Lassen Sie diesen Höflichkeitsmist und nennen Sie mich Chloe.« Sie zog sich einen Hocker heran und setzte sich. »Draußen regnet es mal wieder, ist das zu fassen?«
»Erstaunt Sie das?«, grinste Brady.
»Nicht wirklich.« Chloe sah sich um. »Ich besorge mir schnell etwas zu trinken.«
Brady stellte sein Glas ab. »Was trinken Sie?«
»Cider.«
»Wie klassisch.« Er nahm sein Portemonnaie und zwängte sich erneut durch die Menge zur Theke. Neben ihm bestellte jemand mit einem lustigen, ausländischen Akzent eine Cola und ein Guinness. Brady wartete, bis er an der Reihe war, dann kaufte er Chloe ein großes Glas Cider. Vielleicht würde er die Reporterin so ein bisschen redseliger machen.
Als er zurück zum Tisch kam, war sie gerade dabei ihre Lippen nachzuziehen. »Ganz
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