Nebelflut (German Edition)
Colm-Murphy-Fall. Wenn wir beim Verhör gegen das Gesetz verstoßen und die Simmon-Sache vor Gericht geht, dann werden die beiden schneller freigesprochen, als dir lieb ist.«
»Das ist etwas völlig anderes!«
»Ist es nicht. Wir brauchen Beweise. Schluss, aus, Ende.«
»Was für Beweise braucht ihr denn noch?«
»Jetzt komm erstmal runter.« Sean seufzte und Brady konnte hören, wie er trank. »Wenn die beiden schuldig sind, dann bringen wir sie im Nullkommanichts in Gewahrsam. Und bis dahin warten wir eben ab.«
Brady schüttelte den Kopf. Ihm fehlten die Worte.
»Wir sehen uns morgen.«
»… und dann?« Brady bemerkte, wie tonlos seine eigene Stimme klang.
»Dann arbeiten wir weiter an dem Fall.«
Brady verabschiedete sich knapp und ließ das Handy sinken. Niemals hätte er gedacht, dass dieser Job derart unbefriedigend sein könnte. Er würde Nate Simmon zur Rede stellen und dann würde er ihm jede einzelne Tat nachweisen.
-47-
Es fiel Brady nicht leicht, das Essen mit Chloe in Ruhe zu Ende zu führen, doch ihm blieb keine andere Wahl. Er konnte ihr unmöglich erzählen, was er vorhatte. Er mochte sie und gleichzeitig misstraute er ihr auch. Wenn sie von dem Mysterium um die Simmons erfuhr, da war er sich sicher, würde sie diese Informationen für sich nutzen – trotz ihres Versprechens.
Noch schwerer fiel es ihm jedoch, ihr Date nach dem Essen zu beenden. Er fühlte sich in Chloes Gegenwart gut und wäre liebend gerne mit ihr zusammengeblieben. Doch der hämmernde Schmerz in seiner Schläfe erinnerte ihn sekündlich daran, dass er noch eine Rechnung offen hatte.
Nachdem er sie zur Bahnhaltestelle gebracht und sich von ihr verabschiedet hatte, stieg er in seinen Wagen und machte sich auf nach Corbally. Innerlich verfluchte er das Gesetz. Warum konnte in Irland nicht, wie in anderen Ländern auch, eine Ausweispflicht herrschen? Warum mussten ausgerechnet die Iren so gutgläubig sein? Wäre die Rechtslage anders, säßen Nate und Toby Simmon, sofern sie überhaupt so heißen mochten, jetzt hinter Gittern. Zumindest bis ihre Identität geklärt wäre.
Während die Gegend um ihn herum immer ländlicher, einsamer und dunkler wurde, stieg Bradys Puls stetig an. Was fiel diesem Nate ein, ihn einfach vor seiner eigenen Haustür anzugreifen? Brady war kein Schwächling und er war sich sicher, dass er ihn in einem Mann-gegen-Mann-Kampf besiegt hätte, doch der Kerl war ja scheinbar mehr für die hinterhältige Tour zu haben. Mal sehen wie er reagierte, wenn er Brady gleich plötzlich gegenüberstand.
Brady bog von der National Road ab und steuerte über die kleine Brücke, die zur Shamrock Lodge führte. Der Empfangsraum des Gästehauses war hell erleuchtet, doch nur in wenigen Zimmern brannte Licht. Brady parkte seinen Wagen und sprang heraus. Wütend stapfte er zum Gebäude herüber. Am liebsten hätte er seine Faust einfach wortlos in Nates Gesicht versenkt. Ohne Vorwarnung und mit aller Kraft.
»Oh, guten Abend, Detective.« Irene schien sichtlich erfreut, ihn zu sehen.
»Hallo.« Brady versuchte, den Zorn nicht in seiner Stimme mitschwingen zu lassen, und rang sich sogar ein Lächeln ab. »Ich muss noch mal mit Ihren Gästen sprechen.«
Irenes Gesichtszüge entgleisten. »… die sind nicht mehr hier.«
»Alle drei nicht mehr?« Brady konnte nicht glauben, was er da hörte.
»Der ältere der beiden Männer, der mit der Narbe, hat vor einer Stunde oder so ausgecheckt. Für beide Zimmer.«
»Warum haben Sie mir nicht Bescheid gegeben, verflucht noch mal?«
Irene Pajak zuckte zusammen. »Hätte ich das denn gemusst? Ich dachte, die Polizei kümmert sich jetzt um die Sache …«
Brady kämpfte seine Wut nieder. Die Lodge-Betreiberin konnte schließlich nichts dafür. »Sie haben recht.« Fieberhaft dachte er nach, was er als nächstes tun sollte.
»Möchten Sie sich noch mal die Zimmer ansehen oder …« Pajak machte eine nachdenkliche Pause. Ihre Hilfsbereitschaft schien grenzenlos zu sein.
»Ja, vielleicht sollte ich das.« Brady hörte selber, wie niedergeschlagen er klang.
»Ich fülle das noch schnell für die Versicherung aus, dann bin ich voll und ganz für Sie da, in Ordnung?«
»Keine Eile.« Resignierend ließ er sich gegen die Rezeption sinken. Er war mal wieder in einer Sackgasse gelandet und fühlte sich machtloser denn je. Sein Gehirn weigerte sich einfach, logische Verbindungen zwischen Amy Namara, den Simmon-Jungs und den beiden Leichen zu knüpfen. Das Haus, der
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