Nebelflut (German Edition)
sie ihn küssen.
»Ich muss jetzt noch mal kurz was einkaufen und dann …« Brady beugte sich ebenfalls vor, drückte ihr einen Kuss auf die Lippen und ließ sie stehen.
Chloe lachte überrumpelt und schaute ihm nach. »Du lässt mich alleine in deiner Wohnung? Ich könnte Akten durchstöbern oder …«
»Ich bringe keine Akten mit nach Hause.« Brady zog sich seine Jacke über.
»Oder ich könnte deine Pornohefte finden.«
»Oder du könntest einfach schon mal den Tisch decken.«
»Wird gemacht.« Chloe salutierte.
»Also … Ich besorg nur noch eben Schinken.«
»Für die Salbeischnitzel.« Chloe fing Bradys frustrierten Blick auf und grinste. »Das riecht man doch.«
Brady hatte eine Flasche Cider und ein paar Dosen Bier eingekauft. Er hoffte, dass der Abend ihm Gewissheit über Chloe bringen würde. Bisher hatte er die Reporterin noch nicht durchschauen können. Einerseits war sie so erpicht auf neue Informationen, dass er fest davon überzeugt war, dass es ihr lediglich um ihren Job ging. Andererseits hätte sie ihn dann nicht küssen müssen. Er hatte ihr schließlich schon vorher die nötigen Kenntnisse über den Fall vermittelt. Außerdem, redete er sich ein, brauchte er selbst noch ein bisschen Zeit, um herauszufinden, wie er zu Chloe stand. Sie gefiel ihm, soviel stand fest, aber gefiel sie ihm auch so sehr?
Brady überquerte die Dorset Street und holte seinen Schlüssel aus der Hosentasche. Aus seinem geöffneten Küchenfenster im zweiten Stock drang der Geruch von frischem Salbei und gebratenem Fleisch. Brady war hungrig. In den letzten Tagen hatte er sich zu schlecht ernährt. Weihnachten hatte er zu viel und zu fettig gegessen und das Training vernachlässigt. Das würde sich ändern müssen. Verspätete Neujahrsvorsätze, aber immerhin hatte er welche und konnte von sich behaupten, dass er sie auch sicher verwirklichen würde.
Er schloss die Haustür auf und spürte einen harten Schlag vor die Stirn. Benommen taumelte er zurück, fiel die Stufen vor seinem Haus herunter und landete auf dem Asphalt. Jemand hatte ihm die Tür mit voller Wucht gegen den Kopf gehauen! Bevor Brady sich aufrappeln und einen klaren Gedanken fassen konnte, sprang dieser Jemand aus dem Hausflur und mit einem Satz über ihn hinweg.
Brady griff nach dem Bein seines Angreifers, doch dieser verpasste ihm einen festen Tritt gegen die Schläfe. Sofort wurde es Brady schwarz vor Augen.
Chloe hockte vor Brady auf dem Sofa und presste ihm einen Eisbeutel gegen die Stirn.
»Was war denn los? Ist dir schwindelig geworden?«
Brady lächelte schief, auch wenn ihm nicht danach zumute war. »Einer meiner Nachbarn kam zu schnell aus dem Haus und–« Er zuckte die Achseln. »Er hat mich scheinbar mit der Haustür erwischt.« Das entsprach zwar nicht der Wahrheit, aber er wollte Chloe nicht aufregen. Deshalb erhob er sich jetzt auch und steuerte das Bad an. »Ich bin gleich zurück.«
»Ist gut.« Sie ließ sich aufs Sofa fallen.
Brady schloss hinter sich ab und ordnete seine Gedanken. Der vermeintliche Unfall war in Wirklichkeit ein Angriff gewesen, so viel stand fest. Und noch etwas stand unweigerlich fest: Bei seinem Angreifer hatte es sich um Nate Simmon gehandelt. Die muskulöse Statur, die Geschmeidigkeit seiner Bewegungen und vor allem die Kälte und Brutalität, die dem Simmon-Jungen eigen zu sein schien. Die Sache hatte nur einen Haken: Nate Simmon wurde zurzeit von Sean durch die Mangel gedreht.
Brady zog sein Handy hervor und wählte die Nummer seines Kollegen.
»Callahan?«
»Sean, ich bin es. Tut mir leid, dass ich störe.« Brady trat an den Spiegel heran und betastete seine Stirn. Schon jetzt prangte eine beachtliche Beule über seinem rechten Auge und auch seine Schläfe machte keinen guten Eindruck.
»Was gibt’s?«
»… du verhörst doch noch die Simmons, oder?«
»Nein, die mussten wir am späten Mittag gehen lassen. Aus Mangel an Beweisen.«
Brady starrte sein eigenes Spiegelbild an. Die Wut in seinen Augen ließ ihn selbst erschrecken. »… wirklich?«
»Ich sag’s dir immer wieder, Junge. Keine Beweise, keine Festnahme. Die Simmons sind merkwürdig. Ziemlich merkwürdig sogar. Aber es besteht keine Fluchtgefahr.«
»Die beiden haben uns nicht einmal ihre richtigen Namen genannt! Geschweige denn ihre Adresse!« Brady schlug mit der Faust gegen die Wand. »Sie sind gefährlich und tanzen uns auf der Nase herum!«
»Wir dürfen sie nicht festhalten, Brady, versteh es doch. Denk an den
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