Nebelflut (German Edition)
Patrick stolperte ins Schlafzimmer und war allein, keine Amy, kein schwarzer Mann, keine Grace. Der Raum stürmte auf ihn ein, die Möbel entwickelten ein vibrierendes Eigenleben. Patricks Herz pulsierte mit in ihrem ungesunden Takt. Er fiel, und dann war nur noch Schwärze um ihn herum. Er fiel ins Bodenlose.
-51-
Am Montagmorgen hing Brady an seinem Schreibtisch und blätterte die Mitschrift der Simmon-Vernehmung durch. Wie es aussah, waren Nate und Toby auch Sean gegenüber nicht sehr gesprächig gewesen – mit dem Unterschied, dass Sean sich von der verschlossenen Art der beiden vermutlich nicht aus der Fassung hatte bringen lassen. Brady schüttelte den Kopf und die Beule, die Nate ihm zugefügt hatte, brachte sich ihm schmerzhaft in Erinnerung. Und schon kreisten seine Gedanken wieder dort weiter, wo sie gestern Nacht aufgehört hatten: Wer steckte hinter den Morden? Warum war die Identität der beiden Toten genau so schwierig herauszufinden, wie die der Simmon-Jungs? In der Frühe hatte bereits Finn Fallon angerufen und berichtet, dass im Folterkeller der Farm tatsächlich Blut von den beiden sichergestellt worden war, doch jetzt, wo sie fort waren, half ihnen das auch nicht mehr weiter. Allerdings stellte sich nun wieder mal die leidige Frage: Wenn die Simmons Opfer waren, wieso flohen sie dann? Wieso vertrauten sie sich nicht der Polizei an? Waren sie einfach verstört oder möglicherweise doch selbst Verbrecher? Vielleicht waren die beiden Jungs einst Opfer gewesen, aber zu Tätern geworden.
Brady konnte es nicht lassen und gab den Namen »Simmon« erneut in die Datenbank ein. Bedauerlicherweise kam er zu dem gleichen Schluss wie zuvor. Natürlich gab es unzählige Simmons in Irland und auch eine beträchtliche Anzahl an Familien mit diesem Nachnamen im County Dublin, jedoch fand er weder einen Nate noch einen Nathaniel, weder einen Toby noch einen Tobias. Es war zum Verzweifeln. Brady hatte das Gefühl, etwas zu übersehen. Wenn er doch nur wüsste, was es war.
»Also schön«, seufzte Brady und legte die Vernehmungsakte beiseite. Er würde noch einmal raus nach Brittas fahren. Bisher hatte er auf dem Land wenigstens ein paar Informationen bekommen.
Gerade als er die Tür öffnete, um das Büro zu verlassen, kam ihm Sean entgegen.
»Ich dachte schon, ich bilde neuerdings nur noch ein Ein-Mann-Team.« Brady verschränkte die Arme.
»Ich bin doch hier. Und ich habe sogar Neuigkeiten.« Sean ließ Brady an der Tür stehen und setzte sich nun seinerseits mit einer Akte an den Schreibtisch.
»Und was sind das für Neuigkeiten?«, knurrte Brady.
Sean feuchtete seinen Finger an und blätterte die Akte durch. »Ah, hier.«
»Was ist das?« Brady hatte keine Lust auf Sean, keine Lust auf seine dämlichen Spielchen.
»Wir haben die Verbindung zwischen den Mordopfern. Du kannst dich freuen!«
»Mit Sicherheit.« Brady trat an Seans Tisch heran und schaute ihm über die Schulter. »Patrick Namara?«
Sean sah auf und grinste ihn an, wobei seine Mundwinkel noch ein Stück weiter nach unten zeigten, als sie es normalerweise taten. »Wir haben seinen Wagen in einem Waldstück zwischen Brittas und Corbally gefunden.«
»Den geklauten?«
»Ganz recht. Eine Frau hat das Auto entdeckt, als sie mit ihrem Hund unterwegs war. Es befinden sich sowohl ein blutiger Torfstecher als auch eine Pistole im Kofferraum.«
Brady bekam vor lauter Sprachlosigkeit den Mund nicht mehr zu. Den Doktor hatte er als Verdächtigen gar nicht mehr auf dem Schirm gehabt.
»Ich schlage vor …« Sean erhob sich stöhnend und presste eine Hand auf sein Kreuz. »Ich schlage vor, dass wir Doktor Namara vorerst in Gewahrsam nehmen. Nur zur Sicherheit.«
Brady nickte, konnte sich jedoch nicht erheben. Dass die Ermittlungen plötzlich eine so drastische Wendung nahmen, wollte einfach nicht in seinen Kopf gehen.
»Nun komm schon, McCarthy. Vertrödeln wir nicht noch mehr Zeit, wir haben jemanden zu verhaften.«
Die Bedeutung von Seans Worten drang nur langsam zu Brady durch. Gleich würde er seinen ersten Tatverdächtigen festnehmen.
-52-
Gegen Mittag erwachte Patrick in seinem eigenen Erbrochenen an seinem Schreibtisch. Der PC lief und er hatte sich auf die Tastatur übergeben. Auf dem Bildschirm präsentierte ihm sein Browser Suchergebnisse über Amy und die Morde in Brittas und Bohernabreena. Patrick musste sich gestern Abend noch an das Gerät gesetzt haben, doch er erinnerte sich nicht mehr daran.
Angewidert kickte er den Rechner
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