Nebelfront - Hinterm Deich Krimi
Ferkel muss doch in irgendwelchen Zirkeln gewesen sein. Über
die Ladentheke kann man so einen Schmutz nicht beziehen.«
»Heute würde ich vermuten, dass die Kontakte übers Internet
hergestellt werden. Doch Schierling besaß keinen Computer. Das ist in
Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters auch nachvollziehbar. Wir müssen
versuchen, mehr über Adolph Schierling zu erfahren«, sagte Christoph und wählte
die Nummer der Kreisverwaltung.
»Die Kollegen aus dem Archiv haben sich beeilt«, versicherte Frau
Hatje. »Mir liegt die Akte jetzt vor. Was möchten Sie wissen? Ich habe übrigens
noch einmal mit Kollegen gesprochen, die schon länger im Hause sind. Richtig
erinnern kann sich keiner mehr. Er ist damals plötzlich krank geworden und
daraufhin ausgeschieden. Nach Aktenlage kann ich erkennen, dass es eine krankheitsbedingte
Frühpension war. Ganz schwach glauben einige, dass Herr Schierling ein
unauffälliger und angenehmer, immer freundlicher Mitarbeiter gewesen war.«
»Hatte er eine Leitungsposition inne?«
»Nein. Herr Schierling war nicht mit Führungsaufgaben betraut.«
»In welchem Fachbereich war er tätig?«
»Fachdienst heißt das exakt«, korrigierte ihn Frau Hatje. »Damals
gab es allerdings noch eine andere Struktur. Herr Schierling war im Jugendamt
tätig.«
»Bitte?«, fragte Christoph überrascht.
»Wieso?«, antwortete Frau Hatje mit einer Gegenfrage. »Ist etwas
nicht in Ordnung?«
Christoph ging nicht darauf ein.
»Haben Sie eine Beurteilung in der Akte?«
»Moment.«
Christoph hörte, wie die Frau in der Akte blätterte, dabei leise
etwas vor sich hin murmelte und sich schließlich mit einem »Da hab ich’s«
wieder meldete. Unverständliches vor sich hin brabbelnd überflog sie den Text,
bis sie einschob: »Er war im Innendienst tätig und hat von dort aus den Einsatz
der Betreuer koordiniert und sie in der Aktenführung unterstützt.«
»Er hatte also keine direkten Kontakte zu Kindern und Jugendlichen?«
»Offensichtlich nicht, soweit ich das hieraus ersehe. Sagen Sie mal:
Was soll das Ganze? Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«
»Es geht um eine Routineuntersuchung. Herr Schierling ist
verstorben. Nun suchen wir Angehörige.«
»Aha«, sagte Frau Hatje, bis ihr einfiel: »Aber dazu benötigen Sie
doch keine Auskünfte aus der Personalakte.«
Christoph bedankte sich bei der Mitarbeiterin der Kreisverwaltung
und informierte Große Jäger.
»Jugendamt?« Der Oberkommissar war genauso erstaunt wie Christoph.
»Offensichtlich hat keiner geahnt, dass man ausgerechnet den Wolf zum
Schafehüten eingestellt hat«, sagte Große Jäger. »Die Kinderpornos, die wir bei
ihm gefunden haben. Und so einer arbeitet im Jugendamt?«
»Offenbar hat er stets zwischen Arbeit und Neigung zu trennen
gewusst«, gab Christoph zu bedenken.
Große Jäger tippte sich gegen die Stirn. »Blödsinn. Ich lass doch
keinen Junkie auf Entzug den letzten Drogenfund in der Asservatenkammer
bewachen. Was ist, wenn er sich doch vergessen hat? Wenn er seine berufliche
Position ausgenutzt und sich an Kindern und Jugendlichen vergangen hat?«
»Und heute hat sich jemand an ihm gerächt?«
»Wer weiß.« Große Jäger griff zum Telefon und rief Klaus Jürgensen
an. Nach den üblichen Frotzeleien fragte er: »Habt ihr außer den
Schmuddelvideos noch andere Produkte gefunden, die auf die merkwürdigen
Neigungen des Opfers hinweisen?«
»Einen Computer hatte er nicht. Du meinst Bilder? Bücher? Texte?
Nein! Außer den Videokassetten gab es nichts in dieser Lasterhöhle.«
»Dann hat das alte Ferkel irgendwann seine Gier nach neuen
Ekelanreizen eingefroren«, dachte Große Jäger laut nach und fügte kaum
vernehmlich an. »So ein Schwein.« Zu Christoph gewandt ergänzte er: »Ich meine
die Kinderpornografie.«
Christoph stimmte ihm zu. »Ob wir herausfinden, woher die
Videokassetten stammen? Das Internet als Quelle gab es damals noch nicht.«
Sie wussten, dass es ein mühsames Unterfangen werden würde.
»Wo hat Schierling früher gewohnt? Vielleicht gibt es Nachbarn, die
sich an ihn und seine Lebensgewohnheiten erinnern«, sagte Christoph.
Große Jäger schüttelte immer wieder den Kopf. »Das kann ich nicht
verstehen. Und ich will es nicht begreifen. Da
arbeitet jemand auf dem Jugendamt und …«
»Offenbar aber ohne direkten Kontakt zu den Kindern«, wandte
Christoph ein.
Der Oberkommissar hörte nicht auf, den Kopf zu schütteln. Plötzlich
drehte er sich zu Christoph um. »Und wenn jemand
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