Nebelfront - Hinterm Deich Krimi
lieb
gewordene Gewohnheit. Christoph empfand keine Langeweile in seinem Beruf, auch
nicht bei der Erledigung von Tätigkeiten, die sich ständig wiederholten. So
galt sein erstes Interesse an diesem Morgen dem Fortschritt bei den Ermittlungen
zur Einbruchserie.
Christoph musste die beiden Beamten nicht bitten, ihm zu berichten.
Sie suchten ihn unaufgefordert auf.
»Möglicherweise gibt es einen ersten Hinweis«, erklärte der Ältere.
»Das Gerüstbauunternehmen aus Viöl hat vor Kurzem einen neuen Mitarbeiter
eingestellt.«
»Das könnte im zeitlichen Zusammenhang mit den Einbrüchen stehen«,
ergänzte der Kollege. »Milan Nebojša heißt der Neue. Kroate, wohnt in Janneby.
Wir haben ihn gecheckt. Er ist wegen Einbruchdiebstahl vorbestraft. Das war vor
sechs Jahren. Seitdem ist er allerdings polizeilich nicht mehr in Erscheinung
getreten.«
»Vielleicht hat er Glück gehabt und ist nie entdeckt worden«, fuhr
der Erste fort. »Wir haben uns ein wenig mit ihm beschäftigt, konnten aber
keine Hinweise auf eine Beteiligung entdecken.« Er gähnte herzhaft. »Jörg und
ich haben uns gestern Abend auf die Lauer gelegt und Nebojša observiert. Wenn
er nicht durch ein Kellerfenster des Nachbarhauses ins Freie gekrochen ist,
dürfte er seine Wohnung gestern nicht verlassen haben.«
»Das besagt aber nichts«, übernahm der andere das Wort. »Gestern ist
auch kein neuer Einbruch gemeldet worden.«
Christoph lobte die beiden für ihren Einsatz und nahm ihnen das
Versprechen ab, weiter »am Mann zu bleiben«. Als sie sein Büro verlassen
hatten, gähnte auch er. Am Vorabend war es spät geworden.
»Habe ich das richtig gesehen?«, fragte Große Jäger anstelle einer
Begrüßung, als er in das Büro kam und Christoph erwischte, wie er hinter
vorgehaltener Hand dem Gähnreflex nachhaltig frönte. »Das kann von Nachteil
sein, wenn man eine junge, agile Frau hat.«
»Moin. Du irrst. Die war weder gestern noch heute Morgen gut auf
mich zu sprechen.«
»Hast du irgendetwas vergessen? Hochzeitstag? Geburtstag? Das Kostüm
nicht aus der Reinigung geholt?«
Christoph schüttelte den Kopf. »Anna hat mich erwischt, als ich
Pornos angesehen habe. ›So ein Schweinkram, so etwas Ekelhaftes. Und das auf
unserer Anlage!‹, hat sie geschimpft.«
»Du hast was?«
»Ich habe mir ekelerregende Pornografie angesehen und nicht damit
gerechnet, dass Anna noch einmal auftauchen würde, nachdem sie sich zuvor
todmüde ins Bett verabschiedet hatte. Ich habe Schierlings Sammlung mit nach
Hause genommen und mir auszugsweise angesehen. Wenn der Mann nicht tot wäre,
müssten wir ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einleiten.«
»Das mag vielleicht nicht schön sein, was du gesehen hast, aber so
konservativ bist du doch sonst nicht.«
»Ich spreche nicht von den schmutzigen Pornos, die übrigens
ausnahmslos gayorientiert sind. Ich kann nicht verstehen, wie jemand Lust bei
widerwärtigen Gewaltszenen empfinden kann, bei schlimmen
Sadomaso-Darstellungen. Ganz arg wurde es aber, als ich auf die Kinderpornos
gestoßen bin. Bei denen tauchten übrigens auch kleine Mädchen auf. Nach unten
lag die Altersgrenze vielleicht bei vier oder fünf Jahren.«
Große Jäger, der Hartgesottene, schluckte.
»Dieses Schwein«, fluchte er. »Kann ein Mensch solche Perversionen
verstehen? Wenn ich könnte, würde ich …« Er hieb wütend mit der Faust auf
die Tischplatte. »Ist es wirklich schade für die Menschheit, wenn ein solches
Untier abtritt?«
»Ich stimme dir im Herzen uneingeschränkt zu, aber als Polizist
solltest du nicht so sprechen«, mahnte ihn Christoph. »Man muss hier deutlich
zwischen den eigenen Gefühlen, von denen wir uns nicht frei machen können, und
unserer Pflicht zur objektiven Verfolgung von Straftaten trennen.« Er dachte
daran, dass auch Polizeibeamte eine Familie haben, Mütter und Väter sind.
»Dann werden wir versuchen, die Herkunft dieses Drecks zu
ermitteln.«
»Das dürfte nicht leicht sein«, gab Christoph zu bedenken.
»Schierling hatte Videokassetten. Diese Technologie ist überaltert. Vor etwa
dreißig Jahren begann sich die CD , Mitte der
neunziger Jahre dann die DVD durchzusetzen. Wenn
wir Pech haben, sind die Videos schon zwanzig Jahre alt. Oder noch älter.«
»Die wird er kaum selbst gedreht haben, oder?«
»Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet«, sagte Christoph. »Zum
Glück nicht«, fügte er leise an. »Es sieht aber nicht so aus, als wären die
Videos in privater Heimarbeit entstanden.«
»Das
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