Nebelfront - Hinterm Deich Krimi
einzige
Besucherin bei Wolfgang Hohenhausen gewesen sein soll. Und das Alter der
kranken Exfrau war schlecht abzuschätzen.
»Nein«, sagte sie. »Dazu gab es keinen Anlass.«
Auf der Fahrt nach Oldenswort trug Christoph Große Jäger seine
Gedanken vor. »Wenn seine Exfrau das nicht mitbekommen hat? Wenn sie es nicht
sehen wollte?«
»Oder es ist ihm gelungen, seine pädophilen Neigungen zu verbergen«,
gab der Oberkommissar zu bedenken. »Von Adolph Schierlings abartiger
Veranlagung hat seine Umgebung auch nichts mitbekommen. Ich fürchte, wir wühlen
in einem großen Haufen Scheiße.«
»Das sind deftige Worte«, wandte Christoph ein. »Aber … womit
hat man Dr. Pferdekamps Sarg aufgefüllt?«
Große Jäger klatschte in die Hände. »Donnerwetter. Wenn der Täter
auch so gedacht hat, dann hätten wir einen Zusammenhang.«
»Das ist zu einfach gedacht.« Christoph war skeptisch. »Solange wir
nicht wissen, welche Gemeinsamkeiten es zwischen den drei Männern gibt, sollten
wir mit unserer These vorsichtig sein.«
Sie fuhren schweigend durch die Köge nach Oldenswort. Dabei
passierten sie den historischen Roten Haubarg, einen reetgedeckten Bauernhof
aus dem siebzehnten Jahrhundert, der heute ein Museum und Café beherbergte,
fuhren durch den kleinen Ort Witzwort mit dem wohl bekanntesten »Markttreff«
des Landes, der nicht nur Dorfladen war, sondern auch zahlreiche
Dienstleistungen anbot, die man in den Dörfern sonst kaum findet, und gleichzeitig
als Treffpunkt für die Bevölkerung diente.
Oldenswort hatte seinen dörflichen Charakter bewahrt, auch wenn das
Neubaugebiet am Ortsrand überall hätte stehen können. Die Zufahrt erfolgte über
eine die »Alte Eider« überspannende Brücke, an der Grundschule und der
freiwilligen Feuerwehr vorbei.
»Gibt es eigentlich eine landesweite Vorschrift, dass die immer an
solchen Plätzen stehen müssen?«, fragte Große Jäger und wies auf die Behälter
für Altglas und Altkleider in der Nähe der Feuerwehr.
Die Ottenschölstraße war mit gepflegten Häusern und liebevoll
angelegten Gärten bebaut. Steinmauern wechselten mit offenen Vorgärten ab,
arrangierte Blumenbeete, aufgehübscht mit bunten Miniaturwindmühlen oder
anderen Objekten, kündeten vom Gestaltungswillen der Bewohner. Eines dieser
Anwesen war ihr Ziel.
Neben der Türklingel war ein handgefertigtes Keramikschild
angebracht, dem anzusehen war, dass es in einem Hobbykurs selbst getöpfert
worden war. »Bauschulte« war in ungelenker Schrift zu lesen.
»Immerhin hat der oder die Kreative darauf verzichtet, die Namen
sämtlicher Familienangehörigen einschließlich der Haustiere aufzuführen«,
stellte Große Jäger fest.
Eine Frau mit dezent gefärbten blonden Strähnen im brünetten Haar
öffnete ihnen.
»Frau Bauschulte? Wir sind von der Polizei Husum. Ist Ihr Mann zu
sprechen?«
Sie reagierte, wie Christoph es oft erlebt hatte, wenn er unerwartet
an einer Tür klingelte.
»Polizei? Mein Gott. Ist etwas passiert?«
Christoph versicherte ihr, dass sie lediglich eine Auskunft zu einem
früheren Mitarbeiter der Schule wünschten. »Wie lange ist Ihr Mann schon an der
Schule in Tönning?«
»Als Leiter?«
»Insgesamt.«
»Warten Sie.« Sie überlegte. »Das sind jetzt schon sechzehn Jahre.
Fast siebzehn.«
Dann müsste Bauschulte Wolfgang Hohenhausen noch kennen, dachte
Christoph. Laut sagte er: »Können wir Ihren Mann sprechen?«
»Der ist noch in der Schule. Alle Welt glaubt, Lehrer hätten einen
Halbtagsjob. Der arbeitet meistens länger als viele andere Arbeitnehmer. Kann
ich ihm etwas ausrichten?«
Christoph bedankte sich. »Die Antworten kann uns nur Ihr Mann
geben.«
»Um wen handelt es sich denn?«, brach die Neugierde aus Frau
Bauschulte heraus.
»Das ist vertraulich.« Mit einem »Danke, tschüss« verabschiedeten
sie sich.
Nach der Fahrt durch die Marsch gelangten sie nach Tönning und
umfuhren das Zentrum zum weitläufigen Areal der Schule. Der Zugang von der
Badallee aus erwies sich selbst als kleine baumbestandene Allee.
Christoph zeigte auf den Basketballkorb. »Der ist auf dem Foto aus
Hohenhausens Wohnung abgebildet.«
Die gesamte Anlage zeigte sich freundlich und gepflegt.
Es erwies sich als schwierig, Zugang zur verschlossenen Schule zu
finden. Auch im Inneren setzte sich die freundliche Atmosphäre fort. Auffällig
waren die zahlreichen Pflanzen, die in den hellen und lichten Fluren standen.
Schulleiter Bauschulte hatte sich in seinem kargen Büro
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