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Nebelgrab (German Edition)

Nebelgrab (German Edition)

Titel: Nebelgrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Klein
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allmählich das Ausmaß der Verwüstung. Nichts schien dort zu stehen, zu liegen oder zu hängen, wo es einst hingehört hatte. Jemand hatte die komplette Wohnung auf den Kopf gestellt.
    Adrian gab sich einen Ruck und suchte ein bestimmtes Möbelstück. Eine kleine Glasvitrine, in der Tante Martha ihre Porzellanfigürchen aufbewahrt hatte. Dort stand sie! Eine schwere Biberbettdecke, willkürlich abgelegt, verdeckte das Schränkchen nahezu vollständig. Adrian entfernte die Decke und zog den Schrank ein Stück von der Wand weg. Er tastete die Rückwand ab. Er fand eine kleine Unebenheit und schob den Finger dort hinein. Die Rückwand löste sich ganz leicht. Ein braunes Briefkuvert fiel auf den Boden.
    »Ja!«, entfuhr es Adrian und er steckte den Brief in seinen Rucksack. Nichts wie raus! Er hatte gewusst, dass Martha wichtige Schriftstücke hinter der losen Wand des Schränkchens verborgen hatte. Das Versteck hatte sie ihm schon als Kind anvertraut.
    Er blickte sich nicht weiter um, sondern eilte im Zickzack durch das Chaos zur Tür. Stimmen drangen in die Diele! Sie näherten sich. Die Polizei? Zwei männliche Stimmen. In wenigen Augenblicken würde man das gebrochene Siegel entdecken! Adrian fühlte seine Stirn feucht werden. Verdammt, was für ein Wochenende!
    »Kaffee? Ja, Kaffee wäre gut«, hörte er jemanden sagen. Es näherte sich noch jemand, eine Frau – vielleicht Frau Fabian? Hoffentlich erzählte sie nicht von ihm. Er konnte nicht verstehen, was die Frau sagte. Die Personen lachten kurz, entfernten sich, kamen wieder näher. Schließlich entfernten sich alle drei Stimmen. Anscheinend hatte keiner auf das Siegel geblickt. Adrian atmete auf, öffnete vorsichtig die Tür, vergewisserte sich, dass niemand zu sehen war, schlüpfte hinaus, rannte zur anderen Seite des Flures und fand eine Tür zur Treppe. Nichts wie weg!
    Adrian hastete durch das Treppenhaus, huschte wie ein Schatten durchs Erdgeschoss und betrat das Besucherzimmer, das zum Glück leer war. Er bediente sich an der Kaffeemaschine, schüttete einen Teil des Getränks sofort wieder weg und setzte sich an einen Tisch, bemüht, seinen Puls wieder zu normalisieren. Hastig legte er Tasche und Jacke ab. Dann blickte er ausdruckslos zum Fenster hinaus.
    Es dauerte zehn Minuten, bis Elke Fabian mit einem der Beamten eintrat. Genug Zeit, um den Gelangweilten zu üben. Doch den Mienen der beiden sah Adrian an, dass der Einbruch in der Zwischenzeit entdeckt worden war.
    »Ach, da sind Sie ja. Ich dachte, Sie wollten oben warten?« Mit unübersehbarem Misstrauen blickte Elke ihn an. »Die Lust auf einen Kaffee hat mich dann doch hierher getrieben«, sagte Adrian und deutete auf seinen Becher.
    »Das ist übrigens Kriminalhauptkommissar Freund, und das ist Herr Seemann, der Neffe von Frau Schüttler.« Elke stellte die Männer einander vor.
    »Danke, Frau Fabian.« Herr Freund nickte ihr nachdrücklich zu. Sie verstand und entfernte sich.
    Ob Adrian schon an der Wohnung gewesen sei, wollte der Kommissar wissen.
    Nein, er habe den Kaffee vorgezogen, das habe er doch gerade schon gesagt.
    Natürlich, natürlich, er könne nun mit nach oben kommen. Jemand habe das polizeiliche Siegel gebrochen, ob er jemanden gesehen habe, der nicht hierher gehöre.
    »So weit kenne ich das Heim nun auch nicht. Ich habe keine Ahnung, wer hierher gehört und wer nicht.«
    Auf dem Weg nach oben stellte Adrian eine Menge Fragen zum Hergang der Tat, aber der Beamte hielt sich bedeckt. Offensichtlich hatte er das Misstrauen von Frau Fabian übernommen. Zumindest fühlte sich Adrian durch sein Gequatsche von dem drängenden Wunsch abgelenkt, in den Briefumschlag zu sehen. Wenn ihn auf die Schnelle seine Erinnerung nicht getäuscht hatte, war auf dem Kuvert die Handschrift des toten Professors zu sehen. Er hatte möglicherweise am selben Tag, als Adrian bei Martha war, den Brief im Altenheim für sie abgegeben. Vielleicht hatte er gerade rechtzeitig sein Manuskript aufgeteilt, bevor er auf so grauenhafte Weise umgekommen war. Das bedeutete, dass der Mörder, sollte er wider Erwarten an Fragmente der Geschichte gekommen sein, sich seiner Sache nicht sicher sein konnte. Er musste aber auch annehmen, dass es etliche Mitwisser gab. Hatte er deswegen Hubert Becker umgebracht? Hatte er von jenem vielleicht auch Manuskriptseiten bekommen? Und wer war noch in die Vergangenheit involviert?
    »Sie wollten nach einem Buch sehen?« Der Kommissar drückte die Tür auf.
    »Äh, ja, richtig. Es

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