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Nebelgrab (German Edition)

Nebelgrab (German Edition)

Titel: Nebelgrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Klein
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gäbe, das beweisen würde, dass Irmgard nicht entsprechend der Legende gelebt hat, sondern anders, möglicherweise nicht so fromm oder keusch, dann wäre das für die Süchtelner ein Schock?«
    »Herr Seemann, Sie kommen doch von hier? Die Antwort liegt doch auf der Hand. Oder haben Sie alles vergessen? Wann waren Sie das letzte Mal bei einem Gottesdienst hier in der Kirche? Versuchen Sie sich zu erinnern, wie sehr die Menschen hier an Gottes Wort hängen. Wir leben zwar in modernen Zeiten, wie es so schön heißt, aber Süchteln die Frömmigkeit einer Irmgard zu nehmen, käme einem Verrat gleich!«
    »Kannten Sie Professor Wiedener?«

    »Sie meinen den Nachbarn von hier, der so grausam getötet wurde?«
Bevor sie weiter darauf eingehen konnte, klopfte es an der Tür, die dann, ohne dass Elke geantwortet hatte, sogleich geöffnet wurde. Marie Lorenz stand im Eingang. Elke stand auf. »Hallo Marie! Nanu, du heute hier? Ich dachte, du wolltest ausspannen?«
    »Mir ist nach den gestrigen Vorfällen nicht nach Ausspannen zumute. Ich bin schon lange hier, konnte nicht schlafen. Du sicher auch nicht.« Marie nickte Adrian kurz zu.
    »Nein, ich konnte auch nicht schlafen. Dass ich heute Dienst habe, tut mir komischerweise gut«, antwortete Elke auf die Vermutung hin.
    »Du wirst oben gebraucht; die alten Herrschaften sind etwas durcheinander, weil allmählich durchsickert, dass Frau Schüttler getötet wurde.«
    Marie wandte sich zum Gehen, wartete aber ab, bis Elke sich ebenfalls auf den Weg machte.
    »Und Sie sind …?«, fragte Marie Adrian, der unschlüssig hinter Elke hertrotten wollte.
    »Ach so, entschuldige«, Elke drehte sich noch einmal um, »das ist der Neffe von Frau Schüttler, Herr Seemann.«
    Marie gab Adrian die Hand, drückte ihr Beileid aus und wollte gehen, doch Adrian verwickelte sie aus einem feinen Gespür heraus sogleich ins Gespräch. Er musste weitere Informationen bekommen, vor allem über Lene Höfer. Elke musste weg, also würde er sich eben an die Leiterin halten.
    »Sagen Sie, kannten Sie Professor Wiedener?«
    Ein Schatten umwölkte kurz Maries Augen. »Ja, ich kannte den Herrn, warum?«
    »Er war ein früherer Freund meiner Tante.«

    »Ja, ich weiß.«

    »Wissen Sie vielleicht, ob er für meine Tante etwas hergebracht hat, ob er irgendwie mit ihr in Kontakt getreten ist?«
    »Das sind nicht die üblichen Fragen, die Hinterbliebene nach dem Tod eines Familienangehörigen stellen.«
    »Ja und?«

    »Warum wollen Sie das wissen?«

    »Zum einen bin ich am Leben meiner Tante interessiert, zum anderen an ihrem Tod, der, wie Sie ja wissen, auch nicht gerade üblich war. Also, was stört Sie an meinen unüblichen Fragen?«
    Marie seufzte leise, dann machte sie hereinkommenden Besuchern Platz, bevor sie Adrian aufforderte, mit in ihr Büro zu kommen.
    Ich folge allen Frauen auf dem Fuße, dachte Adrian und konnte sich trotz des traurigen Anlasses ein Schmunzeln nicht verkneifen.
    »Der Professor von gegenüber hat am Freitagnachmittag einen Brief für Ihre Tante abgegeben«, sagte Marie und bot Adrian mit einer Geste Platz an.
    »Auch für Frau Becker, ich meine Höfer?«
    »Das weiß ich nicht.«

    »Wir sollten sie anrufen, unbedingt!«
    Marie sah ihn mit zweifelndem Blick an, als wüsste sie nicht, inwieweit sie dem jungen Mann Glauben schenken konnte.
    »Sie wissen mehr, als Sie mir sagen, aber gut, ich suche die Nummer raus.«
    Sie machte sich daran, in einem Schrank nach dem richtigen Ordner zu suchen. Adrian blickte sich im Büro um. Es sah nicht nach einer jungen Frau aus; eher nach der Einrichtung eines älteren Menschen. Die Aktenschränke, der Schreibtisch – eigentlich alles war alt, bis auf eine Tischlampe an Frau Lorenz‹ Arbeitsplatz und ein abstraktes Bild an der Wand. Auf einem Sideboard stand auch noch das Modell der Irmgardiskapelle. Adrian fühlte sich davon an das Barbiehaus erinnert, das seine Sandkastenfreundin ihm mal voller Stolz gezeigt hatte.
    Frau Lorenz bemerkte Adrians Blick und seine leicht spöttisch verzogenen Mundwinkel. Wie um sich zu entschuldigen, sagte sie: »Das stammt noch von meiner Vorgängerin; gehört zum Inventar des Hauses.«
    Sie hatte die Kontaktdaten von Frau Höfers Angehörigen gefunden, setzte sich wieder und wählte die Nummer.
    »Die Tochter wohnt in Mönchengladbach«, murmelte sie.
    »Wie aufregend«, feixte Adrian, »Urlaub in Mönchengladbach!«
    »Hallo? Frau Höfer? Ja, guten Tag, Marie Lorenz hier, vom Altenheim. Wie?

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