Nebelgrab (German Edition)
die Beckers und Sophie hatten sich am frühen Abend in der Hochstraße versammelt und traten einen kurzen Spaziergang an, um die Lage zu besprechen. Hubert vermutete eine Erpressung.
»Er scheint nicht sehr helle zu sein, wenn er das vorhat. Woher sollten wir Geld nehmen, um ihn zu bezahlen?«
»Vielleicht warten wir lieber mal ab, was er wirklich will.« Sophie riet zur Besonnenheit.
»Was wird er schon wollen? Geld!«, sagte auch Lene überzeugt. Sie war schon den ganzen Tag über nervös und schlecht gelaunt. Einerseits war sie erleichtert, dass ihr einsames Vorhaben, die Tasche zu entwenden, vereitelt worden war, andererseits fürchtete sie jedoch, Marek könnte tatsächlich die Tasche in seinen Besitz gebracht haben, um sie alle in Schwierigkeiten zu bringen. Vielleicht wollte er sich dafür rächen, dass er aus Süchteln weggebracht worden war. Er vermutete wahrscheinlich, dass Lene dahintergesteckt hatte. Doch so lange Mareks Pläne nicht bekannt waren, konnten sie nur Däumchen drehen.
Sie beschlossen, gemeinsam noch einmal zu Huberts Elternhaus zu gehen, und hofften, Albert dort anzutreffen.
Albert saß in der Küche und reparierte ein Paar Schuhe.
»Oh, guten Abend, da sind Sie ja alle!« Er lächelte.
»Ist meine Mutter hier?«, fragte Hubert und erfuhr, sie habe sich hingelegt.
»Sie sind Sophie?«, fragte Albert zu Sophie gewandt und stand auf, um sich die Hände zu waschen.
»Ja, warum?«
»Na, um Sie geht es doch in der Hauptsache.«
»Ich verstehe nicht …« Sophie drehte sich hilfesuchend zu den anderen um, die genauso ratlos von einem zum anderen blickten.
Albert verließ die Küche und kam wenige Minuten später zurück. Hinter ihm betrat Marek den Raum. Marek stützte sich auf einen Stock und humpelte. Mit scheuem Lächeln suchte er Sophies Blick.
»Liebe Sophie«, begann er, räusperte sich und sah auch die anderen an, »liebe Freunde Sophies, wir uns lange nicht gesehen, sehr lange, aber Sophie, vergessen konnte ich dich nicht. Tag und Nacht ich hatte dein Bild vor meinen Augen, dann ich verletzt war, weit weg, ich wusste nicht, wie kommen zu dir. Dann ich Albert getroffen, ich ihm von dir erzählt und er mir hat Mut gemacht, zurückzukommen. Er mir geholfen. Nun ich bin hier, du bist hier, deine Familie – so wie du immer erzählt hast, also alle wichtigen Leute hier, so ich möchte dich fragen, willst du mich heiraten?«
Konrad
Es war noch keine Stunde vergangen; gemischte Gefühle hatte die Freundesgruppe erfasst, als es an der Vordertür klopfte. Mathilde, die wegen des Trubels nach unten gekommen war, ging zur Tür. Sie blickte fragend in Sophies perplexes Gesicht, da sie keinen Besuch mehr erwartet hatte; doch nach den bisherigen Überraschungen des Abends wunderte sie nichts mehr.
Ein junger Mann, der Mathilde offensichtlich bekannt war, betrat mit ihr gemeinsam die Küche. Hubert ging erfreut auf ihn zu und klopfte ihm derb auf die Schulter. Der junge Mann sprach sein Beileid über Johanns Tod aus.
»Liebe Freunde«, sagte Hubert danach, »darf ich euch Konrad vorstellen?«
Lene erhob sich von ihrem Platz und trat neugierig näher. Der Mann war ihr gleich bekannt vorgekommen und sie erinnerte sich an den Fronleichnamstag, als sie Konrad mit Hubert gesehen hatte. Nach ihr begrüßte Martha Huberts Freund und Lene meinte, ein leichtes Glimmen in den Augen von beiden festzustellen. Nachdem alle wieder Platz genommen hatten und Sophie sichtlich froh war, dass das Thema Hochzeit ruhen durfte, verschwand Konrad wieder im Flur, um kurz darauf mit einer Tasche zurückzukommen.
Ohne die Tasche zu öffnen, meinte er zu Hubert: »Ich habe etwas Gepäck dabei, kann ich anschließend mit dir heimfahren und bei dir nächtigen?«
Dabei zwinkerte er Hubert auf merkwürdige Weise zu. Nur Lene deutete das Zwinkern auf Anhieb richtig. Wie einen Schatz wog Konrad die Tasche kurz im Arm, bevor er sie zu seinen Füßen abstellte.
Nach anregenden Gesprächen verabschiedeten sie sich schließlich. Sophie und Martha wurden von Konrad nach Hause begleitet; Marek wurde gebeten, alleine zu gehen. Es sah nicht danach aus, als ob Sophie sich über den Antrag über die Maßen freute. Albert und Mathilde zogen sich in ihre Zimmer zurück. Konrad, der über ein eigenes Auto verfügte, holte Lene, Hubert und Käthe ab. Gemeinsam fuhren sie recht schweigsam Richtung Mönchengladbach.
Lene verspürte eine Erleichterung, die ihr den zurückliegenden Tag wie einen Albtraum vorkommen ließ. Alles
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